TSMC baut europäische Chipfabrik in Dresden
8. August 2023Dresden wird Standort einer neuen Chipfabrik des weltweit führenden Halbleiter-Herstellers TSMC. Das beschloss der Vorstand des taiwanesischen Unternehmens am Dienstag. TSMC werde das Werk in einem Gemeinschaftsunternehmen mit den Partnern Bosch, Infineon und NXP betreiben.
Gemeinsam wollen sie mehr als zehn Milliarden Euro investieren, wie sie am Dienstag in einer gemeinsamen Presseerklärung bekanntgaben. "Ziel ist es, eine moderne 300-Millimeter-Fabrik zur Halbleiterfertigung aufzubauen, um den zukünftigen Kapazitätsbedarf der schnell wachsenden Automobil- und Industriesektoren decken zu können." Die endgültige Höhe der Investition werde entschieden, wenn es Klarheit über die staatliche Förderung des Projekts gebe. Zuvor war von Subventionen des Bundes von bis zu fünf Milliarden Euro die Rede, denen aber die EU-Kommission zustimmen muss. Das Geld soll aus dem Klima- und Transformationsfonds des Bundes kommen.
Die geplante Fabrik soll eine monatliche Fertigungskapazität von 40.000 sogenannten Wafern haben, die Chips in der Größenordnung von 22 bis 28 Nanometern und 12 bis 16 Nanometern enthalten. Das Joint Venture mit dem Namen ESMC werde etwa 2000 Arbeitskräfte haben. ESMC wolle in der zweiten Hälfte des Jahres 2024 mit dem Bau der Fabrik beginnen und die Fertigung Ende 2027 aufnehmen. TSMC wird 70 Prozent am geplanten Joint Venture halten. Bosch, Infineon und NXP werden mit jeweils zehn Prozent beteiligt sein.
Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) sagte: "Mit dem Investment von TSMC kommt ein weiterer Global Player der Halbleiterbranche nach Deutschland." Das zeige, dass "Deutschland ist ein attraktiver und wettbewerbsfähiger Standort, gerade auch bei Schlüsseltechnologien wie der Mikroelektronik" sei. Man arbeite daran, die Rahmenbedingungen für solche Großinvestitionen weiter zu verbessern, Genehmigungsverfahren zu beschleunigen und Bürokratie abzubauen. "Das braucht Entschlossenheit auf allen Ebenen."
Auch Intel investiert in Deutschland
Die Entscheidung für Dresden ist eine weitere Halbleiter-Großinvestition in Deutschland. Die Bundesregierung hat bisher rund 20 Milliarden Euro an Subventionen zugesagt, damit Unternehmen wie der US-Chipbauer Intel oder Infineon Werke in Deutschland bauen. Auslöser ist der Versuch der EU-Staaten, sich bei der Chipproduktion in Asien und den USA unabhängiger zu machen. Die Firmen wiederum wollen mit Investitionen in Europa und den USA ihrerseits die Sicherheit der Lieferketten erhöhen. TSMC investiert auch in den USA und in Japan. Hintergrund ist hier auch die Sorge vor einer möglichen Eskalation in Ostasien falls China mit Gewalt versuchen sollte, sich das als abtrünnige Provinz angesehene Taiwan einzuverleiben. Dies dürfte massive Auswirkungen auch auf die Handelswege haben. Die meisten Chips, die in allen Hightech-Produkten benötigt werden, werden derzeit in Taiwan, Japan, China und Südkorea produziert.
Zuletzt hatte der US-Konzern Intel nach langen Verhandlungen den Zuschlag für den Bau einer Chipfabrik in Magdeburg gegeben. Dabei war von staatlichen Subventionen in Höhe von rund zehn Milliarden Euro bei einer Investitionssumme von mehr als 30 Milliarden Euro die Rede. Die Bundesregierung hatte auf die nötige Zustimmung der EU-Kommission verwiesen. Der Münchner Halbleiterhersteller Infineon investiert fünf Milliarden Euro in ein neues Werk in Dresden, der Spatenstich erfolgte im Mai. Der US-Konzern Vishay will ein Halbleiter-Werk in Itzehoe bauen. Auch der südkoreanische Konzern Samsung überlegt, eine Fabrik in Europa zu errichten - dies war Thema eines Besuchs von Kanzler Olaf Scholz in Seoul im Frühsommer. Im Februar hatte der US-Konzern Wolfspeed den Bau einer Chipfabrik im Saarland bekanntgegeben.
Deutschland wurden bei Ansiedlungen unter anderem deswegen gute Chancen eingeräumt, weil hier bereits Chipfabriken ansässig sind. Damit existiert ein Ökosystem, über das die Unternehmen Zugang zu Lieferanten, Mitarbeitern und Forschungskapazitäten erhalten können. "Wir müssen dazu beitragen, dass die jetzt geplanten Investitionen in Deutschland und Europa tatsächlich stattfinden", hatte Scholz im Mai gemahnt.
Das 'Silicon Saxony' wächst weiter
Dresden gehört international zu den wichtigsten Standorten der Halbleiterindustrie. Schon zu DDR-Zeiten hatte dort unter anderen das Elektronik-Unternehmen Robotron - der größte Computer-Hersteller der DDR - seinen Sitz, an der renommierten Technischen Universität der Stadt werden seit jeher auch IT-Fachleute und Elektroniker ausgebildet. In Dresden wurden seit den späten 1960er Jahren hochintegrierte Schaltkreise entwickelt, mit denen die DDR ihren beträchtlichen Rückstand zu westlicher Technologie aufholen wollte. Nach der deutschen Wiedervereinigung siedelten sich zahlreiche Unternehmen der Halbleiterbranche in Dresden an, zum Beispiel das US-Unternehmen AMD, das später von Globalfoundries übernommen wurde. Auch der deutsche Halbleiterhersteller Infineon ist in Dresden investiert. Im Jahr 2021 eröffnete das Technologieunternehmen Bosch in der sächsischen Landeshauptstadt seine Chipfabrik. Seit längerem schon ist vom Silicon Saxony die Rede - in Anlehnung an das freilich viel größere Silicon Valley in Kalifornien.
Silicon Saxony ist gleichzeitig auch der Name eines Branchenverbandes der Mikroelektronik- und Softwarebranche in Sachsen mit Sitz in Dresden, dem rund 2500 Unternehmen, Forschungsinstitute und Universitäten mit rund 76.000 Beschäftigten angehören. Damit gilt die Region als der größte IT-Cluster Deutschlands und einer der größten Europas. Frank Bösenberg, Geschäftsführer von Silicon Saxony, sagt, es sei der "Clustereffekt", der die Region für globale Chiphersteller so attraktiv mache. "Es gibt eine Menge Wissen auf diesem Gebiet und eine reiche Geschichte", sagte er der DW.
hb/iw (rtr,afp,dpa, Eigen)