Turner-Preis 2020: Stipendium statt Preisgeld
2. Juli 2020Alex Farquharson, der Direktor der Tate Britain gab die Namen der zehn ausgewählten Stipendiaten des Turner-Preises bekannt: Dabei sind die ghanaisch-russische Fotografin Liz Johnson Artur, die Londoner Künstlerin Oreet Ashery und die in Oxford ansässige Keramik- und Performance-Künstlerin Shawanda Corbett sowie das politische Künstler-Kollektiv Arika.
Ebenfalls mit einem Stipendium ausgezeichnet wurden der Glasgower Künstler Jamie Crewe, der Bildhauer Sean Edwards, die Künstlerin Alberta Whittle, die sich in ihrer Arbeit mit Rassismus und Kolonialismus befasst sowie die Londoner Künstler Sidsel Meineche Hansen, Ima-Abasi Okon und Imran Perretta.
"Nach einer lebhaften und rigorosen virtuellen Debatte", so der Direktor in seinem Pressestatement, "hat sich die Jury auf eine Liste von zehn fantastischen Künstlern geeinigt, die das außergewöhnliche Talent widerspiegeln, das in der zeitgenössischen britischen Kunst zu finden ist. Von Keramik über Film, Performance bis hin zur Fotografie repräsentieren sie die vielen aufregenden und interdisziplinären Arbeitsweisen der Kunst von heute."
Wichtigster Kunstpreis in GB
Der Turner-Preis ist die wichtigste Auszeichnung für moderne Kunst in Großbritannien. Verliehen wird er seit 1984 jährlich an den oder die besten britischen Künstler. Nur im Jahr 1990 fiel die Preisverleihung wegen des Golfkrieges aus. Benannt ist die Auszeichnung nach dem berühmten Landschaftsmaler William Turner (1775-1851).
Das Preisgeld für den Gewinner beträgt 25.000 englische Pfund (ca. 29.000 Euro), die übrigen Nominierten der Shortlist erhalten normalerweise jeweils 5000 Pfund. 2020 wurde nun das Preisgeld erstmals auf zehn Stipendien aufgeteilt.
Juryarbeit nur virtuell möglich
Die Jury und auch die Preisverleihung werden von der Londoner Tate Gallery organisiert. In den vergangenen Jahren waren Arbeiten aller für die Shortlist ausgewählten Künstler Monate vorher in einer Sonderaustellung zu sehen. Diese fiel in diesem Jahr wegen der Pandemie-Beschränkungen aus. Die Londoner Tate ist noch bis Ende Juli geschlossen.
Deshalb wird 2020 auch kein einzelner Künstler als Preisträger ausgezeichnet. Stattdessen wird das gesamte Preisgeld auf zehn Stipendien aufgeteilt. Den Geförderten soll mit jeweils umgerechnet 11.200 Euro durch die schwierige Corona-Zeit geholfen werden, so Direktor Alex Farquharson.
Farquharson ist auch Vorsitzender der Jury. Zu den übrigen Jury-Mitgliedern gehörten in diesem Jahr: Richard Birkett, Chefkurator am Institute of Contemporary Arts in London, Sarah Munro, Direktorin des BALTIC Centre for Contemporary Art, Duro Olowu, Designer und Kurator und Fatoş Üstek, Direktor der Liverpool Biennale.
Kunstpreis als Trendsetter
Seit seiner Gründung in den 1980er Jahren habe die Jury immer wieder versucht, mit dem Preis, "Trends zu setzen oder zumindest Trends zu stärken, die auf die aktuelle Gegenwartskunst zielen". In den letzten Jahren habe die Preisjury außerdem verstärkt versucht, Minderheiten zu stärken, gegen Diskriminierung zu wirken und sich für das soziale Engagement von Künstlern einzusetzen. Der Turner-Preis reflektiere das, was derzeit diskutiert werde. "Das sind Gründe, warum sich die Bedeutung des Preises gehalten hat", so Probst weiter.
Diese Trendwende deutete sich bereits bei den Preisträgern 2019 an. Der Vorsitzende der Jury und Direktor der Tate Britain, Alex Farquharson, erklärte damals bei der Preisverleihung im englischen Margate, die Nominierten hätten der Jury in dem letzten Jahrgang mit ihren Arbeiten eine Menge zu denken gegeben. Es sei "sehr im Geiste des Werkes dieser Künstler, Konventionen herauszufordern, polarisierten Weltsichten zu widerstehen und andere Stimmen zu vertreten".
Unter den Preisträgern des weltweit renommierten Turner-Preises waren auch zwei Deutsche, die in Großbritannien leben und arbeiten: der Fotograf Wolfgang Tillmans (2000) und die Malerin Tomma Abts (2006). 2021 soll der Turner-Preis wieder an nur einen Künstler verliehen werden.