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Twitters Lesebeschränkungen vergrätzen Werbekunden erneut

3. Juli 2023

Elon Musks neuester Coup, die Beschränkung der lesbaren Tweets auf Twitter, bringt nicht nur die Nutzer des Kurznachrichtendienstes auf die Palme. Auch die Werbekunden laufen Sturm.

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Twitter-Logo und Twitter-Account von Elon Musk
Bild: Muhammed Selim Korkutata/AA/picture alliance

Mit vorübergehenden Lesebeschränkungen bringt Twitter-Eigner Elon Musk Werbekunden einmal mehr gegen sich auf. Außerdem schwächt er die Position der frisch gebackenen Chefin des Kurznachrichtendienstes, Linda Yaccarino. Die ehemalige Werbechefin des Medienkonzerns NBCUniversal war angetreten, das schwächelnde Anzeigengeschäft wiederzubeleben.

Um gegen ein "extremes Ausmaß" von Datensammlungen und Systemmanipulationen vorzugehen, begrenzte Musk die Zahl der lesbaren Nachrichten pro Tag auf 600 für unverifizierte Twitter-Nutzer. Bei unverifizierten Neukunden sind es sogar nur 300 Tweets. Wenige Stunden später hob er die Grenzwerte auf 1000 beziehungsweise 500 an. Inzwischen posten zahlreiche Nutzer Screenshots von ihren Konten, die ihnen nach Erreichen des Limits keine Nachrichten mehr anzeigen. Dies umfasst auch Tweets von Werbetreibenden. Twitter war für eine Stellungnahme zur Dauer der Beschränkungen zunächst nicht zu erreichen.

Twitter-Eigner Elon Musk, hier bei einem Treffen in Paris Mitte Mai
Chef von vielen Unternehmen und Besitzer von Twitter: Elon Musk, hier Mitte Mai in ParisBild: Ludovic Marin/REUTERS

"Das Vertrauensdefizit, das Linda Yaccarino ausgleichen muss, ist gerade noch größer geworden", sagt Mike Proulx, Manager der Marktforschungsfirma Forrester. "Dies kann nicht allein durch ihre Glaubwürdigkeit in der Branche behoben werden." Lou Paskalis, dem Gründer der Werbeberaters AJL, zufolge ist Yaccarino Musks "letzte Hoffnung", um die Werbeeinnahmen und den Wert von Twitter zu retten. Mit der Lesebeschränkung beraube er Yaccarino der Möglichkeit, Musk "vor sich selbst zu schützen".

Musk dreht bei Twitter jeden Stein um

Der Chef des Elektroautobauers Tesla hatte Twitter im Herbst 2022 für 44 Milliarden Dollar übernommen. Anschließend drehte er das Unternehmen auf links und entließ etwa die Hälfte der Belegschaft. Außerdem sorgte er mit zahlreichen Entscheidungen, die er teilweise binnen Tagen wieder zurücknahm, immer wieder für Verwirrung.

Analystin Jasmine Enberg vom Research-Haus Insider Intelligence bezeichnete die Lesebeschränkungen als katastrophal für das Anzeigengeschäft. "Das macht es sicherlich nicht leichter, Werbekunden zur Rückkehr zu bewegen. Es war vorher schon schwer genug, sie zurückzugewinnen."

Bereits seit einiger Zeit müssen sich Twitter-Nutzer erst einloggen, um Nachrichten lesen zu können. Musk bezeichnete dies als "vorübergehende Notmaßnahme", um das Abgreifen von Daten durch Anbieter von Künstlicher Intelligenz (KI) zu verhindern. Auch andere Online-Plattformen wie Reddit haben sich in der Vergangenheit darüber beschwert, dass Firmen wie der ChatGPT-Macher OpenAI Informationen von diesen Internet-Seiten kostenfrei nutzen, um ihre KI zu trainieren. Einige fordern Gebühren für die Nutzung der Daten. Für Kai-Cheng Yang, Forscher an der Indiana University, sind die Lesebeschränkungen ein wirksames Mittel, um die Datensammelei einzuschränken. "Es ist zwar wohl noch immer möglich, aber die Methoden sind aufwändiger und weniger effizient."

Konkurrent Mastodon profitiert

Die Aufregung um die Lesebeschränkungen bei Twitter treibt dem deutschen Rivalen Mastodon immer mehr Nutzer in die Arme. "Es sieht so aus, als ob die Zahl der aktiven Nutzer von Mastodon in den letzten Tagen um 110.000 gestiegen ist", schrieb Eugen Rochko, der Gründer des deutschen Kurznachrichtendienstes, in der Nacht zum Montag. "Ich würde es vorziehen, wenn Elon Musk seine Internet-Seite während der Arbeitswoche zerstören würde. Dies ist nicht das erste Mal." Mastodon hat nach eigenen Angaben derzeit etwa 1,3 Millionen aktive Nutzer monatlich. Bei Twitter sind allerdings etwa 200 Mal so viele jeden Tag aktiv.

hb/tko (rtr)