U-Haft für ukrainische Matrosen
29. November 2018Bis zum 25. Januar 2019 bleiben die 22 Matrosen der ukrainischen Kanonenboote "Nikopol" und "Berdjansk" und des Schleppers "Jany Kapu" in Untersuchungshaft, ebenso wie zwei Mitarbeiter der ukrainischen Spionageabwehr, die ebenfalls an Bord waren. Das entschieden Gerichte in Simferopol auf der Halbinsel Krim, die 2014 von Russland annektiert wurde. Der russische Inlandsgeheimdienst FSB wirft allen vor, als organisierte Gruppe illegal die russische Seegrenze überschritten zu haben. Nach den russischen Gesetzen drohen ihnen dafür Freiheitsstrafen von bis zu sechs Jahren.
Der Vorfall hatte am Sonntag die Spannungen zwischen Moskau und Kiew im Asowschen Meer verschärft. In der Straße von Kertsch, einer Meerenge zwischen der Krim und dem russischen Festland, hatte die russische Küstenwache Schiffen der ukrainischen Marine die Durchfahrt verweigert und eines der Boote gerammt. Die ukrainischen Schiffe wurden beschossen, mehrere Marinesoldaten wurden dabei verletzt. Kiew spricht von einer militärischen Aggression Russlands; aus Moskauer Sicht waren die Schiffe illegal in russischen Hoheitsgewässern unterwegs.
Anwälte gesucht
Die Suche nach Verteidigern für die inhaftierten Ukrainer habe sich als schwieriges Unterfangen herausgestellt, berichtet der russische Journalist Anton Naumljuk, der die Gerichtsverhandlungen verfolgt. Die meisten Anwälte, die sich bereit erklärt haben, die Männer zu verteidigen, haben in der Vergangenheit bei politischen Prozessen gegen Krimtataren und russische Aktivisten auf der Krim für die Angeklagten gearbeitet. Einer von ihnen ist Sergej Legostow. Er bestätigte der Deutschen Welle, dass er sich mit seinem Mandanten im Gefängnis treffen werde.
Drei verletzten Marinesoldaten seien keine unabhängigen Anwälte zur Seite gestellt worden, sagte Alexej Ladin, Anwalt der internationalen Menschenrechtsvereinigung "Agora" der russischen "Nowaja Gaseta". Das Gericht der Stadt Kertsch habe auf einer Sitzung im Krankenhaus entschieden, die Männer in Haft zu nehmen.
Gefangene "in gutem Zustand"
Ljudmila Lubina, Beauftragte der russischen Staatsduma für Menschenrechte auf der Krim, sagte vor Journalisten, die Verletzten seien in einem guten Zustand und könnten schon in den nächsten Tagen aus dem Krankenhaus entlassen werden.
Anwalt Ajder Asamatow sagte der DW, nach der Gerichtsverhandlung seien alle nicht verwundeten ukrainischen Militärs ins Untersuchungsgefängnis nach Simferopol gebracht worden. "Sie sitzen in normalen Zellen ein, aber in Gruppen, was ihnen ermöglicht, sich gegenseitig zu unterstützen."
Oksana Schelesnjak beschreibt den Zustand ihres Mandanten Serhij Zybisow kurz als "normal". Das sagen auch die anderen von der DW befragten Anwälte über ihre Mandanten. Allerdings sei ihr Mandant, so Schelesnjak, in den ersten Tagen nach der Festnahme psychisch unter Druck gesetzt worden. Zybisow ist einer der drei Militärs, die in einem in russischen Medien veröffentlichen Video angeblich gestehen, die russische Staatsgrenze vorsätzlich verletzt zu haben.
Vor Gericht gab jedoch keiner der Männer eine Schuld zu. Ein Teil der Gefangenen verweigerte die Aussage unter Berufung auf Artikel 51 der russischen Verfassung. Der Kapitän des Schleppers "Jany Kapu" erreichte vor Gericht, dass ihm ein offizieller Übersetzer aus dem Russischen ins Ukrainische zur Seite gestellt wird.
Kriegsgefangene?
Einige der Männer erklärten, ein ziviles Gericht sei für sie nicht zuständig, und sie betrachteten sich als Kriegsgefangene. Auch die ukrainische Regierung besteht auf einem Kriegsgefangenen-Status. Außenminister Pawlo Klimkin zufolge würden die Männer damit nicht unter das russische Strafrecht fallen, sondern unter die Genfer Konventionen.
Ähnliche Argumente wurden auch von den Anwälten vorgebracht, die vom Gericht aber ignoriert wurden. Von einer einheitlichen Strategie zur Verteidigung aller Gefangenen könne jedoch noch keine Rede sein, sagt Anwalt Dschemil Temyschew: "Es ist sehr wahrscheinlich, dass alle Matrosen nach Moskau verlegt werden." Denn mit solch wichtigen Fällen würden sich meist die zentralen Behörden befassen.