1. Zum Inhalt springen
  2. Zur Hauptnavigation springen
  3. Zu weiteren Angeboten der DW springen

Uganda sucht neue Wege gegen Aids

Theresa Krinninger, Thomas Kleinveld (mit AP)8. Mai 2015

In Uganda steigen die HIV-Zahlen wieder. Derweil gehen die Meinungen über die richtige Aufklärung weit auseinander. Junge Aktivisten probieren neue Herangehensweisen.

https://p.dw.com/p/1FN1e
Uganda Gesundheitszentrum in Kyetume - HIV-Patientin
Bild: picture-alliance/dpa/H. Wasswa

Der Kamwokya-Slum in Ugandas Hauptstadt Kampala ist Hood Katendes Zuhause. Dort wird der 26-jährige Aktivist und Rapper respektiert. Das mag an seiner Vergangenheit liegen, als er noch Gang-Mitglied war und mit Drogen gedealt hat. Das verschafft ihm bei den Jugendlichen die nötige Glaubwürdigkeit, schließlich ist er "einer von ihnen". Heute versucht er, Jugendliche davor zu bewahren, sich mit HIV anzustecken. Zusammen mit anderen Sängern beschallt er von einem LKW aus Kampalas Straßen mit Rap-Versen, die dazu aufrufen, sich auf HIV testen zu lassen. Er wirbt bei jungen Männern dafür, Kondome zu benutzen, und versucht Mädchen davon abzubringen, sich zu prostituieren. Sie seien in Kamwokya die Risikogruppe Nummer eins, so Katende, denn sie täten alles für ein wenig Essen oder Kleidung.

Was Katende tut, ist nötiger den je. Obwohl Uganda dreißig Jahre lang seine HIV-Infektionsrate konstant senken konnte und damit ein Vorbild für andere Entwicklungsländer war, steigen die HIV-Neuinfektionen wieder. Eine vom Gesundheitsministerium beauftragte landesweite Studie stellte fest, dass die Infektionsrate von 6,4 in 2005 auf 7,3 Prozent in 2011 angestiegen ist. Damit ist Uganda neben dem Tschad das einzige afrikanische Land mit steigenden HIV/Aids-Zahlen.

Auch weitere Studien bestätigen diesen Trend. Die Ergebnisse sind erschütternd: In manchen Städten verdoppelte sich die Infektionsrate innerhalb von nur einem Jahr. In der am schwersten betroffenen zentralen Region, in der auch Kampala liegt, ist einer von zehn Menschen HIV-positiv. Fast die Hälfte der Neuinfizierten sind Jugendliche unter 18 Jahren. Mehr als 500 junge Frauen zwischen 15 und 24 Jahren stecken sich der ugandischen Aids-Kommission zufolge wöchentlich mit dem Virus an.

Kampala Uganda ein Mediziner bereitet AIDS-Medikamente vor Photo: /Karel Prinsloo
Ugandas ABC-Doktrin vergilbt langsam - so wie dieses PlakatBild: AP

Veraltete Doktrin

"In den 1990er Jahren wurden die Menschen mit Bildern von leidenden HIV-Kranken abgeschreckt", erzählt Humphrey Nabimanya, Direktor von 'Reach a Hand', einer der größten Aids-Aufklärungsorganisationen in Uganda. Dadurch sei Angst geschürt worden "Deshalb waren die Leute enthaltsam und fürchteten sich vor Sex."

Parallel dazu verfolgte die ugandische Regierung über Jahre den 'ABC-Ansatz' (Englisch: Abstain, Be faithful, use Condoms), sprich: sei enthaltsam, treu und benutze Kondome. Diese Kampagne machte Uganda afrikaweit zum Vorreiter in der Bekämpfung des Virus. Sie hat aber in den vergangenen Jahren an Wirksamkeit verloren.

Yoweri Museveni, Präsident von Uganda
Ugandas Präsident Museveni ließ sich 2013 öffentlich auf HIV testenBild: AFP/Getty Images

Trotzdem halten viele, gerade ältere Menschen an der Enthaltsamkeitsdoktrin fest. Die Medizinerin und Leiterin der ugandischen Aids-Kommission, Christine Ondoa, fordert: kein Sex unter 18. "Auch mit 17 Jahren und 11 Monaten ist man noch ein Kind", argumentiert sie.

Aufklärung statt Abstinenz

Winnie Nsumba aus Zentral-Uganda ist anderer Meinung: "Für mich ist das Alter unwichtig", sagt die 24-Jährige, die selbst Aidswaise ist. "Man kann nicht behaupten, dass man nur vernünftige Entscheidungen treffen kann, wenn man älter als 18 ist." Wichtiger sei eine umfassende Aufklärung. Nsumba kümmert sich um ihre Altersgenossen und hilft ihnen dabei, HIV vorzubeugen oder damit zu leben.

Denn ungeachtet der Abstinenz-Doktrin haben viele der unter 18-Jährigen trotzdem Sex und verzichten dabei häufig auf Kondome. Das liegt auch daran, dass es keinen ausreichenden Sexualkunde-Unterricht in der Schule gibt. Zudem haben Kondome einen schlechten Ruf - viele assoziieren sie direkt mit Untreue.

Mulago Krankenhaus in Kampala, Uganda Photo: Unbekannt
In vielen Krankenhäusern erhalten HIV-Kranke kostenlose BehandlungBild: picture alliance/Yannick Tylle

Reach-a-Hand-Direktor Nabimanya hält die offiziellen Ansichten bezüglich der Bekämpfung von HIV/Aids für nicht zeitgemäß. Anstatt den Jugendlichen zu raten, keinen Sex zu haben, macht Nabumanya das Gegenteil: Seine Organisation startete kürzlich eine nationale 'Sex unter 18' -Kampagne. In Jugendcamps, bei Infoveranstaltungen und in Beratungsgesprächen mit Gleichaltrigen sollen Jugendliche in Bezug auf HIV/Aids und Sex sensibilisiert werden. "Wir haben uns entschieden, die Herangehensweise zu ändern. Wir reden offen über das Thema", sagt Nabumanya. Seine Argumentation: "Wenn junge Menschen die nötigen Informationen bekommen, werden sie auch bewusste Entscheidungen treffen und sich trotz sexueller Aktivität angemessen schützen."

Damit das gelingt, braucht es Menschen wie Katende, sagt Lawrence Mukiibi, der Koordinator des Jugendzentrums Treasure Life Centre (TLC) in Kampala. Die Freiwilligen im TLC bieten Jugendlichen Sport- und Musikangebote und Aufklärungsprogramme. Man brauche authentische und glaubwürdige Leute mit einer fesselnden Vergangenheit, so Mukiibi. Denn die hätten einen besseren Zugang zu den gefährdeten Jugendlichen.