Ugandas Ex-Rebellen sind zurück im Alltag
12. März 2020Auf der Hauptstraße von Yumbe ist viel los - Werkstätten, Imbissstände und kleine Läden säumen ihren Rand. Die Restaurants der 50.000 Einwohner zählenden Stadt im Nordwesten Ugandas erfreuen sich zur Mittagszeit vieler Besucher. Nur wenige Ruinen erinnern noch an die Zeit des Krieges. Dieser begann damit, dass tansanische Truppen gemeinsam mit der aus Exil-Ugandern bestehenden Ugandan National Liberation Army 1979 die Schreckensherrschaft Idi Amins beendeten. Der aus der Westnil-Region stammende Diktator floh nach Libyen. Die selbsternannten Befreiungstruppen machten die Bevölkerung der Region für seine Verbrechen mit verantwortlich; viele flohen ins Exil in den heutigen Südsudan. Dort formierte sich dann die Ugandan National Rescue Front II (UNRFII). Mehr als 20 Jahre lang kämpfte sie gegen die wechselnden Regierungen Ugandas, um die Westnil-Region um Yumbe zurückzuerobern.
Vor achtzehn Jahren unterzeichneten die Rebellen der UNRFII dann einen Friedensvertrag mit der ugandischen Regierung. Sie erhielten Amnestie, konnten in ihre Dörfer zurückkehren und sich eine neue Existenz in Frieden aufbauen.
Keine erfahrenen Kämpfer
Waiga Rashid war einer dieser Rebellen. Als der Krieg ausbrach, war er noch ein Kind. Ihm und seinen Freunden wurde ein abenteuerreiches Leben bei der UNRFII versprochen - und so gingen sie mit den Rebellen in den Busch, erinnert sich der Mittdreißiger. Auch die meisten Erwachsenen, die sich der UNRFII anschlossen, waren keinesfalls überzeugte Soldaten.
Auch Ismael Mawa wurde mit gemischten Gefühlen zum Kämpfer, erinnert er sich im Gespräch mit der DW: "Es war die politische Lage, die einen dazu bringen konnte, sich einer solchen Einheit anzuschließen. Die Situation in der Welt ändert sich hier und da. Das zwang mich, in den Busch zu gehen." In der UNRFII stieg Mawa schnell zum Kommandeur auf. Eigentlich war er jedoch Lehrer, genauso, wie sein Mitkämpfer Noah Achikule aus Yumbe.
Schwierige Rückkehr
Doch die Jahrzehnte des Bürgerkrieges hinterließen ihre Spuren bei den Kämpfern. Als der Frieden einkehrte, mussten sie sich im zivilen Leben erst wieder zurechtfinden. Nicht nur beruflich war vieles aufzuholen, auch im Privaten gab es viel zu lernen: "Selbst meine Frau und meine Kinder brachten mir wichtige Dinge bei, wie ein Vater leben sollte, wie ich mich überhaupt verhalten sollte", erinnert sich Noah Achikule.
Auch bei den Dorfbewohnern waren die Schrecken des Krieges noch sehr präsent. Sie empfingen die Ex-Kombattanten keineswegs mit offenen Armen, denn weder Armee noch Rebellen hatten für die Plünderungen, Morde und Vergewaltigungen während des Krieges Verantwortung übernommen. Im Gegenteil: Die einstigen Kämpfer der UNRFII bekamen nicht nur bedingungslose Amnestie, sondern zusätzliche Reintegrationshilfen, finanzielle Mittel und Posten in Militär oder Regierung. Die einfachen Dorfbewohner hingegen, die Krieg und Flucht überlebt hatten, gingen leer aus. "Eine große Herausforderung nach dem Friedensabkommen war die bedingungslose Amnestie", reflektiert Waiga Rashid, "denn den Leuten wurde einfach gesagt, dass sie verzeihen müssten." Die daraus resultierende Verbitterung machte es wiederum auch vielen ehemaligen Kämpfern schwer, einen Platz im gemeinschaftlichen Leben zu finden.
Neue Aufgaben und neue Risiken
Waiga Rashid, während der Friedensverhandlungen bereits Sprecher der ehemaligen Kindersoldaten, schaffte es schließlich, zum Jugendsprecher der Gemeinde gewählt zu werden. Damit fand er seine erste sinnvolle Rolle in friedlicher Umgebung. Inzwischen engagiert er sich intensiv in der lokalen Politik. Seine Familie ernährt er durch Landwirtschaft, baut Kakao und Bananen an und versucht nach eigener Aussage alles, um seinen Kindern eine gute Bildung zu ermöglichen. Denn Bildung sei für ihn der Schlüssel zu dauerhaftem Frieden.
Noah Achikule gelang es, an seine ehemalige Stellung als Lehrer anzuknüpfen. Er bildete sich weiter und vermittelt seitdem vor allem Wissen über moderne landwirtschaftliche Anbaumethoden und Umweltschutz. Seinen Lebensunterhalt verdient er heute als Imker, Bauer und Berater für internationale Organisationen. Sein Fazit zur gegenwärtigen Situation fällt positiv aus: "Heute gibt es Raum für die Menschen, nebeneinander zu bestehen und sich in den Prozess der Konfliktbewältigung einzubringen", sagte er der DW.
Doch nicht alle Veteranen teilen diesen ungebrochenen Optimismus. So zum Beispiel Ismael Mawa, der für die UNRFII an den Friedensverhandlungen teilnahm. Nach der Unterzeichnung des Vertrages wurde er ins ugandische Militär übernommen, wo er weitere 13 Jahre als Soldat tätig war. Inzwischen in Rente, sieht er die Situation in Yumbe kritisch: Zwar seien die Menschen froh über den Frieden, doch litten sie an der fehlenden Entwicklung in der Region. Besonders den Jugendlichen fehle eine Perspektive - und so hingen sie oft auf der Straße rum und seien leicht verführbar. Damit spricht er aus, was viele in Yumbe zurzeit beunruhigt. Denn Anfang 2020 sollen südsudanesische Rebellen bereits versucht haben, Jugendliche aus Yumbe zu rekrutieren. Im Nachbarland herrscht Bürgerkrieg und junge Kämpfer werden gebraucht.