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Sozialer Kahlschlag für IWF-Milliarden

27. März 2014

Massenentlassungen, Rentenkürzungen, höhere Gaspreise: Die ukrainische Übergangsregierung tut alles, um an internationale Hilfsgelder heranzukommen. Weil der Ex-Sowjetrepublik der völlige Bankrott droht.

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Frauen in der Ukraine verkaufen selbst hergestellte Lebensmittel auf der Straße (foto: AP)
Bild: picture alliance/AP Photo

IWF hilft der Ukraine

Der Internationale Währungsfonds (IWF) stellt der Ukraine einen Milliarden-Kredit bereit und macht so den Weg frei für weitere Hilfen des Westens. Nach drei Wochen intensiver Verhandlungen wurde in Kiew ein vorläufiges zweijähriges Hilfsprogramm von 14 bis 18 Milliarden US-Dollar angekündigt. Damit könnten in diesem Zeitraum insgesamt 27 Milliarden Dollar (19,6 Milliarden Euro) internationale Hilfsmittel freigesetzt werden. Im Gegenzug fordert der IWF noch einmal tiefgreifende Wirtschaftsreformen in der krisengeschüttelten ehemaligen Sowjetrepublik. Das Weiße Haus in Washington spricht von einem "kraftvollen Signal der Unterstützung".

Zustimmung erst im zweiten Anlauf

Auflagen für die IWF-Kredite sind unter anderem flexible Wechselkurse, eine inflationsorientierte Geldpolitik und strenge Sparvorgaben. Interims-Ministerpräsident Arseni Jazenjuk nahm kein Blatt vor den Mund: "Die Ukraine steht am Rande des wirtschaftlichen und finanziellen Bankrotts", das Land stehe vor dramatischen Veränderungen und schmerzhaften Einschnitten. Seine Regierung erwarte einen "Kamikaze-Einsatz". Das Parlament in Kiew machte zunächst Front gegen die Zwangsmaßnahmen wie Steuerhöhungen und Subventionskürzungen und billigte das Gesetzespaket erst im zweiten Anlauf.

Die Behörden seien angewiesen worden, etwa 24.000 ihrer knapp 250.000 Angestellten zu entlassen, teilte Jazenjuk den Abgeordneten mit. Sonderrenten für Staatsanwälte, Richter und die Miliz würden gestrichen. Ohne Reformen drohe die Wirtschaft in diesem Jahr um zehn Prozent zu schrumpfen, sagte er. Beobachter befürchten aber ein weiteres Ausufern der Korruption angesichts der geplanten Einschnitte.

Die Regierung werde das Existenzminimum nicht antasten, versprach Jazenjuk. Den oft in ärmlichen Verhältnissen lebenden Rentnern stellte er einen Ausgleich für die Inflation in Aussicht, die im laufenden Jahr bis zu 14 Prozent betragen könnte. Den Finanzbedarf der Ukraine bezifferte er auf umgerechnet 20 Milliarden Euro - eine Summe, die auch andere Kabinettsmitglieder schon genannt hatten.

Der Staatskonzern Naftogaz hatte zuvor bereits angekündigt, den Gaspreis für die Bevölkerung ab dem 1. Mai um 50 Prozent zu erhöhen - eine Voraussetzung für die überlebenswichtigen IWF-Gelder.

Der US-Kongress gab mit überwältigender Mehrheit die dringend benötigten Finanzhilfen für die Ukraine frei. Der deutsche Finanzminister Wolfgang Schäuble sagte der Zeitung "Handelsblatt", ein umfangreiches Hilfsprogramm für die Ukraine stehe erst nach den dortigen Wahlen am 25. Mai an, denn das Land brauche eine demokratisch legitimierte Regierung. Vor den Wahlen könne es "nur um Soforthilfen" gehen, so der CDU-Politiker.

Timoschenko kandidiert

Ex-Ministerpräsidentin Julia Timoschenko kündigte am Donnerstag an, sie wolle Staatschefin der Ukraine werden. "Ich plane, für den Posten des ukrainischen Präsidenten zu kandidieren", sagte die Oppositionspolitikerin vor Journalisten in Kiew. Sie wolle sich Ende März auf einem Kongress ihrer Vaterlandspartei (Batkiwschtschina) von den Delegierten bestätigen lassen.

IWF hilft der Ukraine

Bislang hatte sich die 53-Jährige nicht selbst zu einer Bewerbung geäußert. In Umfragen für die Präsidentenwahl liegt sie gleichauf mit Ex-Boxweltmeister Vitali Klitschko auf Rang zwei, aber abgeschlagen hinter dem Milliardär Pjotr Poroschenko. 2010 hatte Timoschenko die Stichwahl um das höchste Staatsamt gegen ihren mittlerweile gestürzten Erzrivalen Viktor Janukowitsch verloren.

Weltgemeinschaft urteilt über Russland

Die Vollversammlung der Vereinten Nationen hat derweil das Krim-Referendum für ungültig befunden. Eine Resolution, in der die Annexion der ukrainischen Halbinsel durch Russland verurteilt wird, wurde von 100 Ländern verabschiedet. Elf stimmten dagegen, 58 enthielten sich. Das Papier appelliert an die internationale Gemeinschaft, keine Veränderung der ukrainischen Grenzen anzuerkennen und eine diplomatische Lösung der Krise zu suchen.

SC/rb (APE, rtre, dpa, afp)