Rakete trifft Zentrale der Schwarzmeerflotte
Veröffentlicht 22. September 2023Zuletzt aktualisiert 22. September 2023Das Wichtigste in Kürze:
- Hauptquartier der Schwarzmeerflotte beschossen
- USA angeblich zu Lieferung von ATACMS-Raketen bereit
- Polens Präsident fordert Deeskalation im Getreidestreit
- Zweiter Getreidefrachter verlässt Ukraine
- Bulgarien weist russisch-orthodoxen Geistlichen aus
Der Stab der russischen Schwarzmeerflotte in Sewastopol ist nach offiziellen Angaben mit Raketen beschossen worden. Das teilte der von Moskau ernannte Gouverneur der Hafenstadt, Michail Raswoschajew, auf seinem Telegram-Kanal mit. Raswoschajew machte keine Angaben zu den Schäden, warnte aber vor weiteren Angriffen.
In sozialen Netzwerken kursierten Fotos und Videos, die dicke Rauchschwaden über dem Gebäude zeigten. Der oppositionelle Telegram-Kanal Crimeanwind berichtete unter Berufung auf Augenzeugen von mehreren schweren Explosionen. Auf einem Foto waren zudem Schäden am Gebäude zu erkennen.
Nach Angaben der staatlichen russischen Nachrichtenagentur TASS lagen nach dem Angriff Trümmer noch mehrere Hundert Meter entfernt vom Einschlag. Eine große Anzahl an Krankenwagen sei zum Unglücksort unterwegs gewesen, hieß es. Die Behörden sperrten das Zentrum der Hafenstadt und baten Anwohner, ihre Häuser nicht zu verlassen oder den nächstgelegenen Schutzkeller aufzusuchen.
Sewastopol auf der seit 2014 von Russland annektierten Halbinsel Krim ist der Stützpunkt der russischen Schwarzmeerflotte. Schiffe dieser Flotte beschießen regelmäßig mit Raketen ukrainisches Gebiet. Die Stadt hat für Russland auch große symbolische Bedeutung. Im Zweiten Weltkrieg gab es schwere Schlachten um Sewastopol. Der Hafen erhielt nach dem Krieg den Status Heldenstadt.
Russische Verteidigungsausgaben sollen kräftig steigen
Russland will laut Medien seine Militärausgaben im kommenden Jahr kräftig erhöhen. Diese sollen wegen des andauernden Kriegs mit der Ukraine 2024 auf sechs Prozent des Bruttoinlandsprodukts steigen. Derzeit betragen sie 3,9 Prozent, wie die Nachrichtenagentur Bloomberg berichtet.
Medien: ATACMS-Raketen könnten bald geliefert werden
Die US-Regierung werde das von Kiew geforderte Waffensystem zur Verteidigung im russischen Angriffskrieg in Kürze bereitstellen, berichten die "Washington Post" und der US-Sender NBC News unter Berufung auf mehrere mit der Sache vertraute Quellen. Laut der "Washington Post" handelt es sich um eine ATACMS-Variante, die mit Streumunition bestückt werden kann. NBC News berichtete, US-Präsident Joe Biden habe dem ukrainischen Präsident Wolodymyr Selenskyj die Bereitstellung "einer kleinen Zahl" an ATACMS bereits bei dessen Besuch in Washington am Donnerstag in Aussicht gestellt.
Die Ukraine fordert die ATACMS-Raketen des Herstellers Lockheed Martin mit einer Reichweite von bis zu 300 Kilometern seit längerem. Sie werden vom Boden zu Zielen am Boden abgefeuert und treffen sehr präzise. Neuere Modelle sind lenkungsfähig, ältere nicht. Es gibt die Sorge, dass damit auch Ziele in Russland angegriffen werden könnten. Kiew weist diese aber als unbegründet zurück. Zu den Waffen mit Reichweite über Hunderte Kilometer zählen neben ATACMS auch die Marschflugkörper Storm Shadow und Scalp, die Kiew aus Großbritannien und Frankreich bekommen hat.
Selenskyj dankt für Beistand "an 575 Tagen"
Bei einem Treffen mit US-Präsident Joe Biden in Washington hat der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj den USA für ihre Unterstützung an "allen 575 Tagen" des Krieges gedankt. Die neuen US-Militärhilfen seien "sehr kraftvoll" und beinhalteten genau das, was die ukrainischen Soldaten im Abwehrkampf gegen Russland brauchten.
Amerika helfe auch dabei, die ukrainische Luftabwehr für den kommenden Winter zu stärken und an der Aufstellung der ukrainischen Streitkräfte der Zukunft zu arbeiten, um neue Angriffe auf sein Land zu verhindern, sagte Selenskyj. Im Weißen Haus hatte er neben Biden auch diverse Kabinettsmitglieder gesprochen.
Polens Präsident fordert Deeskalation im Getreidestreit
Im Streit um ein polnisches Importverbot für ukrainisches Getreide hat Polens Präsident Andrzej Duda beide Seiten zur Mäßigung aufgerufen. "Es gibt einen Aspekt, der vielleicht umstritten ist. Es gab Äußerungen, die man vielleicht anders hätte formulieren können. Wir müssen die Situation beruhigen zum Wohle unser beider Länder, Völker und Interessen", sagte Duda dem Sender Polsat News. Es sei an der Zeit, die Emotionen herunterzukühlen.
Polen hatte - wie die Slowakei und Ungarn - an Importbeschränkungen für ukrainisches Getreide festgehalten, obwohl die EU-Kommission am Freitag eine entsprechende Ausnahmeregelung aufgehoben hatte. Darüber war Kiew verärgert. Der ukrainische Präsident sprach in der UN-Generaldebatte am Dienstag von Freunden in Europa, die "ein politisches Theater der Solidarität aufführen und einen Thriller aus dem Getreide machen". Diese Länder träten nur scheinbar in ihren eigenen Rollen auf, in Wahrheit bereiteten sie die Bühne für den "Schauspieler aus Moskau", so Selenskyj mit Blick auf den russischen Präsidenten Wladimir Putin. Das Außenministerium in Warschau bestellte daraufhin den ukrainischen Botschafter ein.
Selenskyj kündigt Rückeroberung von Bachmut an
Im Gespräch mit US-Medien hat der ukrainische Präsident unter anderem die Befreiung Bachmuts als Ziel ausgegeben. Nach CNN-Angaben erklärte Selenskyj, die ukrainische Armee werde sowohl Bachmut als auch zwei weitere Städte von den "Okkupanten" befreien. Um welche Städte es sich dabei handele, werde er nicht sagen, aber es gebe einen "umfassenden Plan".
Die Eroberung von Bachmut in monatelangen Kämpfen war für Russland der am teuersten erkaufte Sieg im Angriffskrieg gegen die Ukraine. Bis Mai 2023 wurde die Stadt im Donbass von der Ukraine verteidigt, um der russischen Armee möglichst hohe Verluste zuzufügen. In ihrer Gegenoffensive erobern ukrainische Truppen nun derzeit Dörfer nördlich und südlich der Stadt zurück und setzen die Besatzer damit unter Druck.
Zweiter Getreidefrachter verlässt Ukraine
Unterdessen hat der zweite am Samstag in der Ukraine angekommene Getreidefrachter den Hafen Tschornomorsk wieder verlassen. Die "Aroyat" habe 17.600 Tonnen Weizen für Ägypten geladen, teilte der ukrainische Vize-Ministerpräsident Olexandr Kubrakow auf dem Kurznachrichtendienst X (vormals Twitter) mit.
Bereits am Dienstag hatte die "Resilient Africa" abgelegt, die 3000 Tonnen Weizen nach Asien bringen soll. Die beiden Frachter sind die ersten, die nach der Aussetzung des Getreideabkommens durch Russland wieder ukrainische Häfen am Schwarzen Meer angesteuert haben. Drei weitere Schiffe seien derzeit auf dem Weg in die Ukraine, schrieb Kubrakow.
Ein von den Vereinten Nationen und der Türkei vermitteltes Abkommen zwischen Russland und der Ukraine sollte eigentlich für sicheres Geleit solcher Frachter sorgen. Es wurde allerdings im Juli von Russland ausgesetzt. Die Ukraine hat daraufhin im August einen humanitären Korridor im Schwarzen Meer angekündigt, damit seit Kriegsbeginn in der Ukraine festsitzende Schiffe das Land verlassen können. Gleichzeitig sollen darüber wieder weitere Schiffe die ukrainischen Häfen ansteuern können.
Hoyer: Keine Militärhilfen über EIB finanzieren
Der scheidende Chef der Europäischen Investitionsbank (EIB) hat davor gewarnt, Militärgüter für die Ukraine über sein Institut zu finanzieren. "Wenn wir das Geld für den Kauf von Munition nutzen, sind wir auf dem falschen Weg, sagte der Deutsche Werner Hoyer der Nachrichtenagentur Reuters. Dazu werde es noch Kontroversen geben. "Ich beneide meinen Nachfolger nicht darum." Hoyer wird Ende Dezember nach zwölf Jahren bei der mächtigen EU-Finanzierungsinstitution ausscheiden. Als Favoriten werden die spanische Finanzministerin Nadia Calvino und die dänische EU-Wettbewerbskommissarin Margrethe Vestager gehandelt.
Unter Hoyer wurde die EIB zu einem der weltweit größten Anbieter von Klimafinanzierungen. Ihre Bilanz beläuft sich auf mehr als 500 Milliarden Euro. Es wird erwartet, dass die EIB eine Schlüsselrolle beim Wiederaufbau der Ukraine spielen wird. Einige Politiker etwa aus Frankreich und Deutschland haben jedoch gefordert, auch Militärgüter zu finanzieren, um dem von Russland angegriffenen Land zu helfen. Zwar hat die EU der Ukraine Rüstungsgüter in Höhe von mehreren Milliarden Dollar finanziert, nicht aber die EIB. Hoyer sagte, eine Beteiligung der Bank könnte deren Image und ihrer Glaubwürdigkeit schaden.
Bulgarien weist russisch-orthodoxen Geistlichen aus
Bulgarien hat nach russischen Angaben den obersten Geistlichen der russisch-orthodoxen Kirche in Sofia und zwei belarussische Priester des Landes verwiesen. Die russische Botschaft in dem südosteuropäischen Land bezeichnete die Maßnahme auf Facebook als "brutal". Botschafterin Eleonora Mitrofanowa sprach in einem Video von einem "beispiellosen" Schritt, der einem "teuflischen Geist" entspringe.
Der bulgarische Inlandsgeheimdienst DANS melde lediglich die Ausweisung von drei Männern, denen die Umsetzung der "hybriden Strategie" Russlands zur "Beeinflussung der gesellschaftlich-politischen Prozesse" in Bulgarien vorgeworfen werde. Gegen sie sei eine fünfjährige Einreisesperre verhängt worden.
Das EU- und NATO-Mitglied Bulgarien ist überwiegend christlich-orthodox geprägt und steht Russland historisch und kulturell nahe. Seit Beginn des russischen Angriffskriegs gegen die Ukraine haben sich die Beziehungen aber erheblich verschlechtert. Bereits im Juni 2022 hatte das Land die Ausweisung von 70 russischen Diplomaten bekanntgegeben. Seit Juni dieses Jahres amtiert in Sofia eine dezidiert pro-europäische Regierung.
jj/ack/djo/se/uh/hf (dpa, afp, rtr, ap)
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