Ukraine: Zwei weitere Patriots aus Deutschland
10. August 2023Das Wichtigste in Kürze:
- Zwei weitere Patriot-Systeme aus Deutschland
- Selenskyj fordert noch mehr Waffen
- Bewohner von Kupjansk sollen vor Russen fliehen
- Neue US-Sanktionen gegen Belarus
- Polen will bis zu 10.000 Soldaten an die Grenze schicken
Die Flugabwehr der Ukraine ist mit zwei weiteren Abschussrampen des Flugabwehrsystems "Patriot" aus Deutschland gestärkt worden. Das geht aus der offiziellen Liste militärischer Hilfen für das von Russland angegriffene Land hervor. Die Bundesregierung aktualisiert die Liste wöchentlich.
Für die Ukraine sind die in den USA gebauten "Patriot"-Systeme besonders wertvoll, weil sie nach Kiewer Angaben schon mehrmals russische Hyperschallraketen abgefangen haben. Zu den neuen deutschen Lieferungen zählen auch zehn weitere Mehrzweckkettenfahrzeuge "Bandvagn 206", sechs Schwerlastsattelzüge sowie etwa 6000 Schuss Nebelmunition für Artilleriegeschütze mit Kaliber 155 Millimeter. Weiter stellte Deutschland Maschinengewehre, Schießbrillen, Ferngläser und Material zum Minenräumen zur Verfügung.
Ukraine braucht noch mehr Flugabwehrwaffen
Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj hat die Lieferung der deutschen Patriot-Systeme ausdrücklich gewürdigt. "Das bringt uns der Schaffung eines vollwertigen Luftschutzschilds für die Ukraine definitiv näher", sagte er in seiner abendlichen Videoansprache.
Trotzdem brauche sein Land noch viel mehr Waffen zur Abwehr russischer Luftangriffe. Selenskyj erwartet nach eigenen Worten auch Fortschritte in dem Vorhaben, die ukrainische Luftwaffe mit westlichen Kampfjets F-16 auszustatten.
In seinem Angriffskrieg bombardiert Russland die Ukraine immer wieder mit Marschflugkörpern, Raketen und Drohnen. Die ukrainische Luftabwehr hat sich mit internationaler Hilfe stark verbessert. Die Hauptstadt Kiew gilt mittlerweile als gut geschützt. In anderen Städten und an der Front ist die Abwehr russischer Angriffe aus der Luft schwieriger.
Rheinmetall profitiert
Der Rüstungskonzern und Autozulieferer Rheinmetall ist weiter auf Wachstumskurs. Vor dem Hintergrund des Ukraine-Kriegs ist die Nachfrage nach Rüstungsgütern in NATO-Staaten deutlich gestiegen, davon profitiert Deutschlands größter Waffenhersteller deutlich. Das wurde schon vor der Bekanntgabe der Zahlen für das zweite Quartal dieses Jahres an diesem Donnerstag bekannt. Hinzu kommen direkte Lieferungen an die Ukraine, die von der Bundesregierung bezahlt werden, etwa für Munition und Panzer.
Für dieses Jahr rechnet die Firma, die weltweit rund 28.500 Beschäftigte hat, mit Erlösen von 7,4 bis 7,6 Milliarden Euro. In der Mitte der Spanne wäre das ein Anstieg um gut 17 Prozent.
Einwohner sollen Kupjansk verlassen
Angesichts der vorrückenden russischen Truppen haben die Behörden der Stadt Kupjansk im Nordosten der Ukraine die Einwohner zum Verlassen der Stadt aufgerufen. In Anbetracht der "schwierigen Sicherheitslage und der zunehmenden Bombardierung" sollten sich die Menschen an "einen sichereren Ort" begeben, teilte die Stadtverwaltung mit. Das Verteidigungsministerium in Moskau erklärte seinerseits, die russischen Truppen hätten ihre Stellungen an der Frontlinie um Kupjansk ausgebaut.
Bereits am Montag hatte Russland einen Vorstoß in Richtung Kupjansk gemeldet. Dabei drangen die Truppen nach Angaben des Ministeriums innerhalb von drei Tagen auf einem elf Kilometer langen Frontabschnitt drei Kilometer weit vor. Die Stadt in der Region Charkiw liegt nur etwa 50 Kilometer von der russischen Grenze entfernt.
Ukraine öffnet Korridore im Schwarzen Meer für Handelsschiffe
Ungeachtet Russlands Ankündigung, jedes Schiff mit dem Ziel Ukraine im Schwarzen Meer als potenziellen Militärtransport einzustufen, hat Kiew von mehreren Häfen aus Seewege für zivile Schiffe geöffnet. Es seien "vorübergehende Korridore" für Handelsschiffe angekündigt worden, welche die ukrainischen Häfen "anlaufen und verlassen", erklärte die ukrainische Marine in Online-Diensten.
Deren Begleitung durch Kriegsschiffe sei zunächst nicht vorgesehen, teilte Marinesprecher Oleg Tschalyk ergänzend mit. Stattdessen würden die Schiffe mit für jeden sichtbaren Überwachungskameras ausgestattet, um zu beweisen, dass sie "keine militärische Bedrohung" darstellten. Bislang ist unklar, ob sich bereits Schiffe auf den neu eröffneten Korridoren auf den Weg gemacht haben.
Neue Sanktionen der USA und Kanadas gegen Belarus
Drei Jahre nach der gewaltsamen Niederschlagung der Massenproteste in Belarus durch Machthaber Alexander Lukaschenko haben die USA weitere Sanktionen gegen das Land verhängt. Wie das Außenministerium in Washington mitteilte, würden Geschäftsbeziehungen mit der staatlichen Fluggesellschaft Belavia unter Strafe gestellt. Zudem werde 101 belarussischen Beamten, Richtern sowie weiteren für die Untergrabung der Demokratie Verantwortlichen die Einreise verweigert.
Lukaschenko, der als engster Verbündeter des russischen Präsidenten Wladimir Putin gilt, war bei der Präsidentenwahl in Belarus im August 2020 nach offiziellem Ergebnis für seine sechste Amtszeit bestätigt worden. Das löste Massenproteste aus, die jedoch brutal niedergeschlagen wurden.
Zeitgleich zu den neuen US-Sanktionen kündigte auch Kanada neue Strafmaßnahmen gegen Belarus an. Es seien abgestimmte Schritte der Europäischen Union, Großbritanniens und Neuseelands geplant, hieß es aus dem kanadischen Außenministerium. Es könne keine Straffreiheit für Menschenrechtsverletzer geben, sagte Außenministerin Melanie Joly. Zudem werde die Unterstützung "des belarussischen Regimes für die dreisten Handlungen der russischen Führung nicht ungestraft bleiben".
Im Zusammenhang mit dem Ukraine-Krieg und wegen der Unterdrückung der belarussischen Opposition hat die EU seit 2020 bereits mehrfach Sanktionen gegen die Führung in Minsk verhängt.
Polen verstärkt Grenze zu Belarus
Polen will bis zu 10.000 Soldaten an die Grenze zu Belarus verlegen. 4000 sollten den Grenzschutz direkt unterstützen, 6000 seien in Reserve, kündigte Verteidigungsminister Mariusz Blaszczak in einem Radiointerview an. "Wir verlegen die Armee näher an die Grenze zu Belarus, um den Aggressor abzuschrecken und damit er es nicht wagt, uns anzugreifen."
Polen fürchtet um seine Sicherheit seit Hunderte Kämpfer der Privatarmee Wagner im vergangenen Monat nach ihrem aufgegebenen Putschversuch in Russland nach Belarus gegangen waren. Das belarussische Militär hält in dieser Woche eine Übung in der Nähe der Grenze zu Polen ab.
sti/uh/mak/AR/se (dpa, afp, rtr, ap)
Dieser Artikel wird am Tag seines Erscheinens fortlaufend aktualisiert. Meldungen aus den Kampfgebieten lassen sich nicht unabhängig überprüfen.