Umstrittenes Relikt: Todesstrafe in den USA
24. Februar 2010In den USA wurden seit Wiedereinführung der Todesstrafe im Jahr 1976 mehr als 1200 Menschen hingerichtet. Rund 3000 zum Tode Verurteilte warten in Gefängnissen gegenwärtig auf ihre Hinrichtung. Auch wenn viele dieser Todesurteile in lebenslängliche Haftstrafen umgewandelt werden, bleibt die Einstellung der Amerikaner und ihrer Gerichte zur Todesstrafe grundsätzlich positiv. Daran haben auch die zahlreichen internationalen Proteste nicht ändern können. Allerdings wird die Todesstrafe auch von immer mehr US-Bürgern abgelehnt.
Keine verfassungsrechtlichen Bedenken
Die Strafjustiz in den USA ist größtenteils Sache der einzelnen Bundesstaaten. Von denen praktizieren gegenwärtig noch 32 die Todesstrafe. Die übrigen haben sie entweder ganz abgeschafft oder unter ein Moratorium gestellt. Die Rechtssprechung in den USA zur Todesstrafe war in den vergangenen Jahren durchaus differenziert. Zwar hat sie der Oberste Gerichtshof in Washington im Grundsatz erst vor kurzem erneut für verfassungsgemäß erklärt, andererseits aber hat er die Todesstrafe für geistig Behinderte und für Minderjährige im Jahr 2005 verboten.
Oliver Hendrich von der Menschenrechtsorganisation amnesty international sagt dazu: "Der Oberste Gerichtshof sieht keine verfassungsrechtlich Bedenken bei der Anwendung der Todesstrafe. Aber dennoch kann man sagen, dass gerade das Urteil zur Todesstrafe gegen Minderjährige eine enorm wichtiges Urteil war, da der Oberste Gerichtshof in dieser Frage zum ersten mal internationale Rechtsgrundsätze anerkannt und dem internationalen Druck stattgegeben hat, den es in dieser Frage gegeben hatte."
Zustimmung bei der Bevölkerung sinkt
Und während Mitte der 90er Jahre noch 80 Prozent aller US-Bürger für die Todesstrafe waren, sind es nach einer Umfrage des Meinungsforschungsinstituts Gallup aus dem Jahr 2009 inzwischen nur noch zwei Drittel. "Vor allem, wenn man die Frage so formuliert, dass eine Alternative zur Todesstrafe angeboten wird, also in der Regel die lebenslängliche Haftstrafe, sieht man, dass immer mehr Amerikaner dafür sind, dass die Todesstrafe abgeschafft wird", sagt Hendrich.
"9/11"-Attentätern droht auch der Tod
Anders als in vielen Einzelstaaten wird die Todesstrafe auf Bundesebene in den USA nur noch in Ausnahmefällen angewandt, in der Regel bei schweren Verbrechen gegen den Staat. Hier allerdings gehört die Todesstrafe weiterhin zum Katalog der Höchststrafen. Etwa im Falle der Drahtzieher der Anschläge vom 11. September 2001, die demnächst in den USA vor Gericht gestellt werden sollen.
So kündigte US-Justizminister Eric Holder an: "Dieses waren horrende Verbrechen und wir werden dafür maximale Strafen verhängen. Für kapitale Verbrechen gibt uns das Gesetz die Möglichkeit, dafür die Todesstrafe zu verhängen, und auch wenn ich dem Verfahren nicht vorgreifen möchte, gehe ich davon aus, dass wir genau diese Strafe gegen alle angeklagten Verschwörer des 11. Septembers beantragen werden."
Die Zahl der zum Tode Verurteilten und der vollstreckten Hinrichtungen hängt nicht vom jeweiligen Präsidenten ab. 2008, im letzten Amtsjahr von Präsident George W. Bush - einem ausgesprochenen Befürworter der Todesstrafe - wurden 36 Todesurteile in den USA vollstreckt. Im vergangenen Jahr - dem ersten Amtsjahr von Präsident Barack Obama, der als Skeptiker in Sachen Todesstrafe gilt - waren es 51.
Die Art des Vollzugs ändert sich
Der überwiegende Teil der amerikanischen Öffentlichkeit sieht in der Todesstrafe nach wie vor keine inhumane Bestrafung. Gewandelt hat sich allerdings die Einschätzung über ihren Vollzug. So wurde der Elektrische Stuhl bis auf eine Ausnahme (Tennessee) inzwischen in allen 50 Staaten durch die Giftsspritze ersetzt. Bei ihr wird der Todeskandidat durch ein Cocktail aus drei Substanzen hingerichtet, von denen die erste das Schmerzgefühl ausschaltet, die zweite bewusstlos macht und die Dritte das Herz zum Stillstand bringen soll.
Doch auch dabei kam es immer wieder zu Pannen. So dauerte im Mai 2007 eine Hinrichtung im Bundesstaat Ohio zwei Stunden anstatt 20 Minuten, weil schlecht ausgebildetes Gefängnispersonal beim Todeskandidaten die Vene nicht traf. Viele Ärzte in den USA weigern sich aus ethischen Gründen, die Giftspritze anzusetzen. Dann müssen Gefängniswärter zur Exekution schreiten. Eine Klage vor dem Verfassungsgericht, mit der Hinrichtungen durch die Todesspritze auch aus diesem Grund als "grausam und ungeeignete Strafe" abgeschafft werden sollten, scheiterte allerdings 2007.
Autor: Daniel Scheschkewitz
Redaktion: Martin Muno / Christian Walz