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UN machen Ernst im Kongo

Elizabeth Shoo 27. August 2013

Im Kongo ziehen die UN in den Krieg. Sie wollen nicht länger zuschauen, wie Menschen ermordet werden. Einen UN-Soldaten kostete dieser Einsatz jetzt das Leben. Blauhelme sollen Zivilisten getötet haben.

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UN-Panzer in der Nähe von Goma (Foto: Junior D. Kannah/AFP/Getty Images)
Bild: Junior D. Kannah/AFP/Getty Images

"Ich bin erschüttert von dem, was ich gesehen habe: zerfetzte Körper, überall Arme und Beine." So beschreibt Isaac Warwanamiza, was sich in der Nähe von Goma, im Osten des Kongo, zugetragen hat. Laut dem Arzt, der dort arbeitet, kamen am Wochenende (24./25.08.2013) mindestens 82 Menschen bei heftigen Kämpfen zwischen der kongolesischen Armee und Rebellen der M23-Bewegung ums Leben. Zum ersten Mal griff dabei auch die UN-Friedensmission im Kongo (MONUSCO) auf Seiten der Regierungssoldaten massiv ein. Seitdem sind die Kämpfe weiter gegangen. Am Mittwoch (29.08.2013) wurde ein Blauhelm-Soldat aus Tansania durch Artilleriebeschuss der M23 getötet.

Die Kämpfe sind nicht nur die heftigsten seit Monaten in der notorischen Unruheregion um Goma. Sie sollen ein Wendepunkt sein für die UN-Truppe, die seit Jahren im Kongo vor Ort ist, aber bisher zum Unmut der Bevölkerung nie aktiv in den Konflikt eingriff. "Wir hatten den Glauben an die UN-Mission komplett verloren", sagt Mustafa Mwiti, der die Arbeit von Nichtregierungsorganisationen im Osten des Kongo koordiniert. Seit Kurzem gibt es allerdings eine neue Kampf-Brigade der UN in Goma, die militärisch gegen die Rebellen vorgehen soll. Das, sagt Mwiti, habe bei vielen Menschen die Hoffnung geweckt, dass die Unruhen bald enden werden.

Rebellen mit schweren Waffen auf einem Pick-up-Truck in Goma. (Foto: EPA/TIM FRECCIA)
2012 übernahmen Rebellen kurzzeitig die Kontrolle über die Provinzhauptstadt GomaBild: picture-alliance/dpa

Enttäuschte Hoffnung auf Frieden

Die jüngste Eskalation war für die Bewohner Gomas deshalb zunächst eine große Enttäuschung. Die Kämpfe begannen mit Angriffen auf Armeekontrollpunkte außerhalb von Goma, später wurden Zivilisten durch Granaten verletzt. Augenzeugen zufolge befinden sich unter den Opfern ein dreijähriges und ein sechsjähriges Kind. Armee und UN-Mission machen für beide Angriffe die M23-Rebellen verantwortlich. Diese Gruppe hatte bereits in der Vergangenheit immer wieder Zivilbevölkerung ebenso wie Regierungstruppen und UN-Soldaten beschossen. 2012 hatte sie sogar die Millionenstadt Goma kurzzeitig vollständig unter ihre Kontrolle gebracht.

Diesmal reagierte allerdings die MONUSCO. Während die Blauhelme sich in der Vergangenheit von den Rebellen als nutzlose Zuschauer hatten vorführen lassen, befahl MONUSCO-Chef Martin Kobler seinen Soldaten am Wochenende "notwendige Maßnahmen zu ergreifen", um die Bevölkerung zu schützen. Kobler, ein deutscher Diplomat, der die Leitung der MONUSCO erst vor wenigen Wochen übernommen hatte, bezeichnete die Rebellenangriffe gegenüber der DW als "Kriegsverbrechen" und erklärte, dass diese "nicht ungesühnt" blieben. Es folgten erstmals Angriffe der Blauhelme mit Granaten und Kampfhubschraubern gegen Stellungen der M23-Rebellen. Der gefallene MONUSCO-Soldat aus Tansania, sagte Kobler später in einer Erklärung, habe "sein Leben geopfert, um Zivilisten in Goma zu schützen".

UN-Generalsekretär Ban Ki Moon kommt in Goma an (Foto: REUTERS/Jonny Hogg)
UN-Generalsekretär Ban Ki Moon besuchte im Frühjahr 2013 GomaBild: Reuters

Die Rechnung des MONUSCO-Chefs, mit der Militäraktion das Vertrauen der Bevölkerung zu gewinnen, ging allerdings nicht auf. Am Sonntag kam es, wie schon oft in der Vergangenheit, zu Demonstrationen gegen die UN-Mission. Die Kritik: Die Soldaten hätten die Angriffe der Rebellen auf die Zivilbevölkerung mit einem früheren Eingreifen verhindern können. Als ein wütender Mob das UN-Lager in Goma zu stürmen versuchte, sollen Soldaten aus Uruguay mit scharfer Munition das Feuer eröffnet haben. Zwei Demonstranten starben.

Kobler sagte, die MONUSCO habe sofort gemeinsam mit der kongolesischen Polizei eine Untersuchung der Todesfälle eingeleitet. Uruguays Präsident José Mujica dagegen stellte sich bereits vor seine Soldaten. Diese hätten sich korrekt verhalten und keine scharfe Munition eingesetzt. Mujica beschuldigte stattdessen die örtliche Polizei.

Vorwürfe gegen Ruanda

Karte vom Osten der Demokratischen Republik Kongo und den Nachbarländern Burundi, Ruanda und Uganda
Die Unruheregion im Osten des Kongos an der Grenze zu Ruanda und Uganda

Als Drahtzieher hinter der Rebellion im Osten des Kongo vermuten viele Beobachter im Ausland und vor Ort in Goma die Regierung des Nachbarlandes Ruanda. Die Region Nord-Kivu ist reich an Bodenschätzen. Dem, der die Hauptstadt Goma kontrolliert, winken hohe Einnahmen. Die M23, die nach einigen Jahren des Friedens im vergangenen Jahr eine bis heute andauernde Offensive gestartet hatte, gilt als Verbündeter Ruandas.

Anwohner berichten, dass die ersten Granatenangriffe auf Zivilisten in der vergangenen Woche direkt aus Ruanda kamen. Die Grenze zwischen den Staaten verläuft direkt am Rand der Stadt. "Wir haben gesehen und gehört, aus welcher Richtung sie kamen", erzählt ein Augenzeuge. Ruanda hat allerdings stets bestritten, sich in den Konflikt im Kongo einzumischen oder die M23-Rebellen zu unterstützen. Ruandischer Darstellung zufolge war es die kongolesische Armee, die absichtlich eine Rakete über die Grenze abgefeuert haben soll. Ruandas Armeesprecher Joseph Nzabamwita bezeichnete dies als Provokation.