UN sorgen sich um zwei weitere Dämme in Libyen
18. September 2023Eine Woche nach der verheerenden Sturm- und Dammbruchkatastrophe sind in Libyen womöglich zwei weitere Dämme in Gefahr. Das UN-Nothilfebüro OCHA äußerte am Sonntagabend Sorge über den Dschasa-Damm zwischen der teils zerstörten Stadt Darna und Bengasi und den Kattara-Damm nahe Bengasi. Berichte über die Lage vor Ort seien widersprüchlich. Nach Angaben der Behörden sind beide Dämme in gutem Zustand und funktionierten. Am Dschasa-Damm werden demnach Pumpen installiert, um den Druck von der Staumauer zu nehmen.
Das Sturmtief "Daniel" hatte vor gut einer Woche heftige Überschwemmungen im Osten Libyens angerichtet. Die Küstenstadt Darna wurde besonders schwer getroffen, als dort zwei Flussdämme brachen. Die Wucht, mit der die Wassermassen durch ein ausgetrocknetes Flussbett schossen, war mit der eines Tsunamis vergleichbar.
Der libysche Staatsanwalt Al-Sedik al-Sur hat wegen der Dammbrüche Ermittlungen aufgenommen. Die Dämme sollen Risse gehabt haben, und es soll Geld für die Instandhaltung bereitgestellt worden sein. Der Staatsanwalt will den Verbleib der Gelder nun klären, wie er sagte.
Zahl der Opfer ungewiss
Die Opferzahlen sind auch eine Woche nach der Flutkatastrophe weiter unklar. Das UN-Nothilfebüro sprach am Wochenende zunächst von rund 11.300 Toten in Darna und 10.100 Vermissten. Zudem seien 170 Todesfälle aus anderen Regionen im Osten des Landes gemeldet worden. OCHA bezog sich auf den Roten Halbmond. Der Sprecher des Roten Halbmonds sagte aber, er wisse nicht, woher die Zahlen stammten. In einer späteren Version des Lageberichts ließ OCHA diese Angaben wieder fallen. Nach Angaben der Weltgesundheitsorganisation (WHO) wurden bisher 4000 Todesopfer identifiziert und mit Totenscheinen registriert.
Nach Schätzungen der UN-Organisation für Migration (IOM) haben insgesamt mehr als 40.000 Menschen ihre Bleibe verloren. Die Zahl liege wahrscheinlich deutlich höher. In vielen der schwer getroffenen Gebiete seien noch keine Zählungen möglich gewesen. Das Welternährungsprogramm (WFP) bereitet Nahrungsmittellieferungen vor, um 100.000 Menschen im Katastrophengebiet für mindestens drei Monate zu unterstützen.
Tödlicher Verkehrsunfall
Die Rettungsarbeiten wurden am Sonntag durch einen schweren Unfall überschattet: Mindestens vier griechische Nothelfer und drei Angehörige einer libyschen Familie kamen dabei nach Angaben der Behörden in Ostlibyen ums Leben. 19 griechische Retter waren auf dem Weg nach Darna, als ihr Kleinbus mit dem Wagen einer fünfköpfigen Familie zusammenstieß. 15 Personen wurden teils schwer verletzt. Der griechische Generalstab bestätigte am späten Sonntagabend zunächst drei Todesfälle. Zwei weitere Mitglieder des Rettungsteams würden vermisst, hieß es in einer Mitteilung auf Facebook.
Aus Sorge über die Ausbreitung von Krankheiten wie Cholera wies die Regierung in der Hauptstadt Tripolis die Wasserwerke an, Trinkwasser zu verteilen. Bis Samstag wurden etwa 150 Durchfallerkrankungen durch verschmutztes Trinkwasser gemeldet, sagte der Leiter des Zentrums für Krankheitsbekämpfung, Haidar al-Sajih.
Hilfskonvois stecken in Staus fest
Unterdessen bleibt es schwierig, die Menschen im Katastrophengebiet mit ersehnten Hilfsgütern zu versorgen. Zwar treffen in dem armen, vom jahrelangen Bürgerkrieg gezeichneten nordafrikanischen Land über den Flughafen Bengasi immer mehr Hilfsgüter ein. Aber von dort ins Katastrophengebiet sind es Hunderte Kilometer. Viele Straßen und Brücken sind zerstört und Konvois mit Hilfsgütern bleiben in kilometerlangen Staus stecken, wie Caroline Holt, globale Einsatzleiterin der Föderation der Rotkreuz- und Rothalbmondgesellschaften, auf der Plattform X (früher Twitter) berichtete.
Auch die Verteilung von Essen, Medikamenten, Planen und anderem gestaltet sich schwierig. Helfer dringen nach Angaben der Organisation "Ärzte ohne Grenzen" darauf, dass die Einsätze besser koordiniert werden. Die deutsche Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit (GIZ) kam derweil mit einer Hilfslieferung zu den Notleidenden. Sie verteilte in Kooperation mit den Gemeinden in den Orten Shahat und Bayda Babynahrung, Zelte, Generatoren, Decken und Wasser, wie der deutsche Botschafter in Libyen, Michael Ohnmacht, auf X berichtete.
kle/fw (dpa, afp, rtr)