1. Zum Inhalt springen
  2. Zur Hauptnavigation springen
  3. Zu weiteren Angeboten der DW springen

Und sie haben es doch getan...

Tobias Oelmaier22. Juni 2015

War es ein One-Night-Stand oder sogar die große Liebe? Wissenschaftler haben im Knochen eines Homo sapiens DNA von Neandertalern gefunden. Das bedeutet auch: Sie hatten Sex!

https://p.dw.com/p/1Fl07
Neandertaler
"Schau mir in die Augen, Kleines!" Manchmal hatten tiefe Blicke zwischen Neandertalern und modernen Menschen fruchtbare Folgen...Bild: picture-alliance/dpa

"Wir haben sie fast in flagranti erwischt", sagt Studienleiter Svante Pääbo vom Leipziger Max-Planck-Institut für evolutionäre Anthropologie. Wobei "in flagranti" hier ein eher weit gefasster Begriff ist. Die Rede ist von vier bis sechs Generationen, die zwischen der Vermischung der beiden verwandten Arten der Neandertaler und des Homo sapiens lagen. Und der Vorfall liegt rund 40.000 Jahre zurück.

Die Forscher haben einen im Jahre 2002 in einer Höhle in Rumänien gefundenen Kieferknochen eines modernen Menschen untersucht und dabei festgestellt, dass er sechs bis neun Prozent Neandertaler-DNA enthält. Er muss also, so vermuten Pääbo und seine Kollegen, ein Ur-Ur-Enkel eines Neandertalers sein. "Es ist so ein fantastischer Glücksfall, eine Person zu finden, die so nah mit einem Neandertaler verwandt war", wird Pääbo im Wissenschaftsmagazin "Nature" zitiert.

Bislang war vermutet worden, dass sich der Homo sapiens auf seinem Weg aus Afrika über Asien nach Europa im Nahen Osten mit den Neandertalern vermischte - und eben nicht erst in Europa. Der jetzt analysierte Knochen deutet darauf hin, dass es auch später noch zu "Begegnungen" der zwischenmenschlichen Art kam, die dann auch noch Früchte trugen.

Sind wir nicht alle ein bisschen Neandertaler?

Dass moderne Menschen Neandertaler-DNA in sich tragen, ist übrigens gar keine Ausnahme. Menschen mit Wurzeln außerhalb Afrikas tragen immer noch zwischen einem und drei Prozent davon in sich. Dass die Vermischung damals der Normalfall war, glaubt Pääbo aber nicht. Dann wäre der Anteil an Neandertaler-Erbgut heute höher. "Wir wissen auch nicht, ob die Vorfahren dieses Menschen aus der Höhle in Rumänien zusammengelebt haben oder es nur ein One-Night-Stand war", sagt der Evolutionsbiologe.

Die Forscher hoffen nun, weitere Belege für solche Kontakte zwischen dem modernen Menschen und Neandertalern zu finden. Dabei wollen sie auch Überreste von Neandertalern untersuchen, die in dieser Zeit vor 40.000 Jahren gelebt haben. Warum der Neandertaler nur einige Tausend Jahre nach dem Auftauchen von Homo sapiens ausstarb, ist umstritten: Viele Forscher gehen davon aus, dass der Homo sapiens in Afrika besondere Fähigkeiten erworben hatte und seinen Vettern aus Europa überlegen war. Er soll unter anderem eine ausgefeiltere Sprache und bessere Waffen gehabt haben.