Rechtsradikale in Ungarn
12. Februar 2009In Ungarn hat der Mord an dem Handballspieler Marian Cozma landesweite Bestürzung und Trauer ausgelöst. In der westungarischen Stadt Veszprém bekundeten Tausende Menschen ihr Mitgefühl mit dem ermordeten Cozma und seinen schwer verletzten Kameraden, dem Serben Zarko Sesum und dem Kroaten Ivan Pesic. Cozma war rumänischer Handball-Nationalspieler und stand ebenso wie seine Teamkollegen beim ungarischen Verein MKB Veszprém unter Vertrag. Unter den Trauernden war auch der nationalkonservative ungarische Oppositionsführer Viktor Orbán.
Das Verbrechen verstärkt den Hass vieler Ungarn auf die Roma, denn die mutmaßlichen Täter waren Roma. Ungarns Ministerpräsident Ferenc Gyurcsány warnte in Bezug auf das Zusammenleben von Ungarn und Roma davor, dass „das Eis sehr dünn ist und jederzeit einbrechen kann“.
Aufmarsch der Garde
Ungarns Rechtsradikale wollen indes Kapital aus dem Verbrechen ziehen. Sie haben den Mord an Cozma zum Anlass genommen, um wieder aufzumarschieren und mobil zu machen. "Eins, zwei! Eins, zwei, eins!" So klingt es, wenn die "Ungarische Garde" marschiert, zum Beispiel im 8. Budapester Bezirk, in dem viele Roma wohnen. Es ist einer von Dutzenden martialischer Aufzüge der vergangenen anderthalb Jahre, die meistens nach demselben Muster verlaufen: Ein Anführer gibt schreiend den Takt vor, eine Hundertschaft Uniformierter mit starren Gesichtern zieht im Gleichschritt durch die Straßen. Am Ende wettern Redner auf einer Kundgebung mit Vorliebe gegen die so genannte "Zigeunerkriminalität".
Undifferenzierte Weltsicht
Der Ungarischen Garde ist fast jeder Anlass Recht, um aufzumarschieren – so auch der Überfall auf die Handballer. Die mutmaßlichen Täter sind in erster Linie Kriminelle, ihre ethnische Zugehörigkeit ist strafrechtlich nicht relevant. Doch soweit differenzieren die Rechtsextremisten nicht. Nach der Tat rief die Garde dazu auf, an der Gedenkkundgebung vor der Sportarena in Veszprém teilzunehmen, einer Aufforderung, der rund 50 örtliche Garde-Mitglieder nachkamen. Sie waren zwar eine verschwindende Minderheit unter den etwa 2.000 Anwesenden, allerdings waren nicht nur von ihnen, sondern auch von vielen anderen rassistische Parolen zu hören.
Rechtsruck in Ungarn?
Gegründet wurde die Garde im August 2007 als Anhängsel der rechtsextremen Partei „Jobbik“. Das bedeutet „Bewegung für ein besseres und gerechteres Ungarn“. Der 30jährige Jobbik-Parteichef Gábor Vona wurde auch Chef der Garde. Der paramilitärische Verein hat zwar weniger als 2.000 Mitglieder, doch die permanenten Aufmärsche überall in Ungarn erweisen sich für die Partei Jobbik als nützlich. Obwohl bisher nicht im Parlament vertreten, sehen Umfragen die Partei inzwischen als drittstärkste politische Kraft nach den Sozialisten und den Nationalkonservativen.
Keno Verseck