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Fahrt durchs Salz

Stefan Dietrich

Hunderte Meter unter der Erdoberfläche auf einem Lastwagen fahren - das klingt absurd. Im thüringischen Merkers ist es möglich. Das "Erlebnis Bergwerk" war früher ein Kali-Stollen - und das Goldversteck der Nazis.

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Schaufelradbagger im unterirdischen Konzertsaal, Quelle: dpa
Konzertsaal unter TageBild: picture alliance/dpa

Wenn man nach eineinhalb Minuten Abfahrt mit Kittel, Helm und Grubenlampe aus dem Förderkorb steigt, bemerkt man sofort die sommerliche Temperatur. Der Kalisalz-Stollen ist mit 400 bis 800 Metern deutlich tiefer gelegen als die meisten Höhlen und Bergwerke in Deutschland. In dieser Tiefe ist es ganzjährig über 20 Grad warm. Die vielfach weißen Flächen erinnern trotzdem irgendwie an Schnee und Eis.

Riesiges Labyrinth und unterirdischer Konzertsaal

Unter Tage erwartet die Besucher eine Fahrt mit allradgetriebenen Lastwagen. Auf der Ladepritsche geht es durch das Labyrinth, auf- und abwärts und durch enge Kurven. Laut Vorschrift dürfen die Bergleute unter Tage maximal 35 Stundenkilometer fahren - trotzdem hat man das Gefühl, mit unheimlichem Tempo durch die Tunnel zu rasen. Besonders abenteuerlich wird es, wenn der Fahrer für wenige Sekunden die Scheinwerfer ausschaltet.

Die 20 Kilometer lange Fahrt umfasst indessen nur einen winzigen Teil des Bergwerkes, in dem heute noch Steinsalz zum Verfüllen von Hohlräumen abgebaut wird. Das Tunnelnetz misst insgesamt über 4000 Kilometer. Das ist aber nur einer der Superlative in Merkers. Das "Erlebnis Bergwerk" schmückt sich außerdem mit der tiefstgelegenen Bar der Welt - und einem riesigen unterirdischen Konzertsaal. Im ehemaligen Großbunker, 500 Meter unter der Erde, wo früher zehntausende Tonnen Rohsalz gelagert wurden, sind heute regelmäßig Tagungen und kulturelle Veranstaltungen. Mit 250 Metern Länge, 22 Metern Breite und bis zu 17 Metern Höhe kann es der Raum in Größe und Akustik mit einem Dom aufnehmen.

Eisenhower war schon da

Zwei Mädchen bestaunen Gold-Nachbildungen im ehemaligen Schatzversteck, Quelle: dpa
Wo jetzt Attrappen liegen, war früher der Goldschatz der Nazis verstecktBild: picture alliance/dpa

Noch etwas berühmter ist allerdings ein anderer Bunker, in dem nicht Salz, sondern ein echter Schatz lagerte. Als im Zweiten Weltkrieg die Großstädte bombardiert wurden, brachten die Nazis Gold- und Devisenreserven der Reichsbank sowie Kunstgegenstände in das Bergwerk. Bei Kriegsende fanden amerikanische Soldaten allein 220 Tonnen Goldbarren im Tresorraum. General Dwight Eisenhower, damals Oberkommandierender der Besatzungstruppen und später US-Präsident, fuhr persönlich in den Stollen, um den Fund zu begutachten, und der kleine Ort Merkers kam international in die Schlagzeilen. Vom Schatz ist in Merkers nichts mehr übrig, aber man kann immer noch die Metalltür aufschieben, die Eisenhower damals geöffnet hat.

Ein anderer Schatz ist immer noch in Merkers zu sehen. In 800 Metern Tiefe entdeckten Bergleute 1981 bei Sprengarbeiten eine beeindruckende Kristallgrotte. Die weißen bis transparenten Steinsalzkristalle sind bis zu einen Meter lang.

Größtes Untertage-Gerät der Welt

Farbig angestrahlte Salzkristalle in der Grotte, Quelle: dpa
Eine Licht-Installation lässt die Kristallgrotte in bunten Farben erstrahlenBild: picture alliance/dpa

Daneben erfährt der Besucher allerhand Wissenswertes über den Kalibergbau. Seit 1914 wurden in Merkers 500 Millionen Tonnen Kali gefördert, vor allem für die Dünger-Herstellung. Im Museum unter Tage sind beispielsweise historische Fahrzeuge, Bergbaugeräte, Rettungsutensilien und Grubenlampen ausgestellt, im Konzertsaal steht der Schaufelradbagger "Alf", der als weltweit größtes Untertage-Gerät gilt.

Wer dann, nach zweieinhalb Stunden unter Tage, noch nicht genug hat vom Kalisalz, kann am Nachmittag ins 26 Kilometer entfernte Heringen fahren. Neben einem Bergbaumuseum gibt es dort den weithin sichtbaren "Monte Kali", eine 200 Meter hohe Salzhalde, die nach Anmeldung bestiegen werden kann.