Unverständnis über päpstliche Rehabilitation von Holocaust-Leugner
26. Januar 2009Die päpstliche Rehabilitierung eines Holocaust-Leugners sorgt in Deutschland für Aufruhr. Die Katholische Bischofskonferenz distanzierte sich am Montag (26.1.2009) von den Äußerungen des Bischofs Richard Williamson, dessen Exkommunizierung Papst Benedikt XVI. am Wochenende aufgehoben hatte. Seiner ausdrücklichen Leugnung des Holocaust "widersprechen wir aufs Schärfste", sagte Bischof Heinrich Mussinghoff, Vorsitzender der Unterkommission für die religiösen Beziehungen zum Judentum.
Die Leugnung der Judenvernichtung sei inakzeptabel und gehöre nicht zur Lehre der katholischen Kirche, ergänzte der Sprecher der Bischofskonferenz, Matthias Kopp. Auch die Reformbewegung "Wir sind Kirche" und das Zentralkomitee der deutschen Katholiken äußerten sich kritisch.
Verfahren wegen Volksverhetzung
Williamson hatte jüngst in einem Interview den Holocaust geleugnet, weswegen die Staatsanwaltschaft Regensburg inzwischen ein Ermittlungsverfahren wegen Volksverhetzung eröffnet hat. Er ist einer von vier Bischöfen einer traditionalistischen Glaubensgemeinschaft um den ultrakonservativen französischen Erzbischofs Marcel Lefebvre, deren Exkommunikation Papst Benedikt XVI. nach mehr als 20 Jahren aufgehoben hatte. Die erzkonservative Priesterbruderschaft St. Pius X. akzeptiert nicht die in den 1960er Jahren mit dem Zweiten Vatikanischen Konzil eingeleiteten innerkirchlichen Reformen.
"Williamson wird früher oder später seine Äußerung zurückziehen müssen", sagte Kopp im öffentlich-rechlichen Fernsehen. Er habe sich verpflichtet, die Lehre der katholischen Kirche anzuerkennen - dazu gehöre auch das Versprechen der katholischen Kirche seit dem Zweiten Vatikanischen Konzil, den Dialog mit dem Judentum voranzutreiben.
"Schwere Belastung für die Kirche"
Der Präsident des Zentralkomitees der deutschen Katholiken (ZdK), Hans Joachim Meyer, erklärte, Leute wie Williamson seien eine "schwere Belastung" für die Kirche. Man habe immer gewusst, dass zwischen der Ablehnung der Ergebnisse des Zweiten Vatikanischen Konzils durch die Traditionalisten und ihrer "reaktionären und freiheitsfeindlichen Haltung" ein enger Zusammenhang bestehe.
Unterdessen wies auch der Vatikan die Äußerungen von Williamson zum Holocaust zurück. "Wir distanzieren uns von jeder Form der Holocaust-Leugnung", sagte der Präsident des Päpstlichen Einheitsrats, Kardinal Walter Kasper, der italienischen Tageszeitung "La Repubblica" zufolge. Die Leugnung der Gaskammern sei "inakzeptabel", so der für den Dialog mit dem Judentum zuständige deutsche Kurienkardinal.
Papst-Entscheidung soll kirchliche Einheit fördern
Kasper bekräftigte, dass die katholische Kirche jede Form von Antisemitismus verurteile. Die Äußerungen von Williamson hätten "nichts mit der Position der katholischen Kirche zu tun". Die Aufhebung der Exkommunikation für die traditionalistischen Bischöfe solle die Einheit der Kirche fördern, betonte der Kardinal. Er äußerte zugleich Verständnis für jüdische Irritationen über die Rehabilitierung von Williamson.
Zentralrat spricht von neuer "Eiszeit"
Der Zentralrat der Juden in Deutschland befürchtet, das Verhalten des Papstes werde eine "neue Eiszeit" im Verhältnis zur katholischen Kirche auslösen. Dieses Vorgehen des Vatikans stelle "einen Schlag ins Gesicht der jüdischen Gemeinschaft und ein Stück Provokation" dar, sagte Vizepräsident Dieter Graumann am Montag der Katholischen Nachrichten-Agentur (KNA) in Berlin. Ganz unabhängig von der Gestalt des britischen Bischofs Richard Williamson sei die Pius-Bruderschaft eine "dezidiert antisemitisch agierende Gruppe". Mit dem Ende der Exkommunikation bringe Papst Benedikt XVI. eine "antisemitische Gruppe in den Schoß der katholischen Kirche" zurück, so Graumann. Damit mache der Vatikan dieses Denken wieder salonfähig. Er fürchte, dass damit der christlich-jüdische Dialog um bald 50 Jahre zurückgeworfen werde.
Die jüdische Gemeinschaft wisse dankbar um die Tatkraft, Würde und Herzlichkeit, mit der der 2005 verstorbene Papst Johannes Paul II. auf sie zugegangen und Verfehlungen der Geschichte thematisiert habe. In vielen Gemeinden vor Ort engagierten sich zahlreiche Menschen für den Dialog mit jüdischen Bürgern. Dass nun ausgerechnet unter einem deutschen Papst eine "antisemitisch geprägte" Position gestärkt werde, mache die Sache geradezu bitter. (kap)