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US-Bericht übt scharfe Kritik an Bush

Daniel Scheschkewitz, Washington2. August 2004

In den USA hat die parteiübergreifende Kommission zur Untersuchung der Terroranschläge des 11. Septembers ihren Abschlussbericht vorgelegt. Darin wird zum Teil vernichtende Kritik an staatlichen Institutionen geübt.

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Hätte der Anschlag verhindert werden können?Bild: AP


20 Monate hatte die auf Druck der Hinterbliebenen der Terroranschläge eingesetzte Kommission ermittelt. Über eine Million Dokumente gesichtet und 12.000 Zeugen - bis hin zum Präsidenten - befragt. Ihr abschließendes Urteil: im Vorfeld des 11. Septembers haben die staatlichen Institutionen Amerikas auf breiter Front versagt. "Dies war ein Versagen unserer Politik, unserer Führung, und unserer Möglichkeiten- vor allem aber hat uns die nötige Vorstellungskraft gefehlt", sagte der Kommissionsvorsitzende Thomas Kean.


Kritik mit Rundumschlag

Der Kongress, die Geheimdienste, das FBI und die Grenzbehörden – der Bericht spart kaum eine staatliche Instituition bei seiner Kritik aus. Das FBI und der CIA hätten es versäumt, ihre Informationen austauschen und warnenden Hinweisen auf die bevorstehenden Anschläge nachzugehen. Die Einreisebehörden hätten die Attentäter trotz falscher Papiere und abgelaufener Visa ins Land gelassen und das US-Militär habe keine Strategie zur Tötung Bin Ladens besessen.

Zweieinhalb Jahre danach
Die Untersuchungskommission stellt den Bericht vorBild: AP

Ein jüngst veröffentlichtes Video zeigt drei der Attentäter, wie sie am Morgen des 11. Septembers die Sicherheitskontrollen am Flughafen von Washington passieren, obwohl die Metalldetektoren bei der Kontrolle anschlugen. Der Bericht stellt fest, dass der Angriff auf das "World Trade Center" und das Pentagon die zuständigen Behörden völlig unvorbereitet traf. Die unmittelbare Reaktion sei konfus und improvisiert gewesen.

Anschläge hätten verhindert werden können

Bei mindestens zehn Gelegenheiten hätte die Vorbereitung der Anschläge möglicherweise verhindert werden können. Die hypothetische Frage, ob die Terrorkatastrophe zu verhindern gewesen sei, beantwortet der Bericht mit einem vagen "vielleicht". Stattdessen schlägt die Kommission eine Reihe von Maßnahmen vor, mit denen künftige Anschläge eher vereitelt werden könnten. Lee Hamilton, stellvertretender Vorsitzender der Kommission: "Wir sollten ein nationales Zentrum zur Terrorismusbekämpfung bilden, zuständig für die gesamte Terrorismusaufklärung im In– und Ausland", so Lee Hamilton, stellvertretender Vorsitzender der Kommission. Im Moment seien diese Aufgaben über zu viele Regierungsinstanzen verstreut. Dem Chef dieser Behörde, in den US-Medien schon als Anti-Terror-Zar bezeichnet, würden auch die CIA und das FBI unterstehen.

Bush begrüßt Bericht

9-11-Bericht fertig
Kean überreicht Bush den BerichtBild: AP

Präsident Bush hat den Bericht der Kommission begrüßt und will seine Empfehlungen aufgreifen. "Die Kommission", so Bush, "hat hervorragende Arbeit geleistet. Sie hat dargestellt, wie unser Land funktionierte und was im Vorfeld des 11. Septembers falsch gelaufen ist. Die Empfehlungen sind ausgesprochen solide und sinnvoll. Und ich verspreche, dort wo die Regierung handeln muss, werden wir es tun."

Der Bericht bestreitet noch einmal, dass der Irak unter Saddam Hussein die El Kaida unterstützt habe. Auch eine Finanzierung der Terroristen durch die saudische Regierung konnte die Kommission nicht feststellen. Stattdessen weist der Bericht auf die Kooperation staatlicher Stellen im Iran mit der El Kaida hin, etwa bei der Ein- und Ausreise der späteren Flugzeugentführer von Afghanistan in den Iran. Als Mythos bezeichnet werden. Theorien, wonach die US-Regierung selbst in das Attentat verstrickt gewesen sein soll. Auch die Familienangehörigen Osama Bin Ladens hätten die USA erst nach Überprüfung durch das FBI und nachdem der Luftraum wieder geöffnet worden war verlassen.

Angst vor neuen Anschlägen

In den nächsten fünf Monaten wollen die zehn Kommissionsmitglieder kreuz und quer durch die USA reisen, um für ihre Empfehlungen bei lokalen und regionalen und Bundesbehörden zu werben. Neue Terroranschläge stünden den USA mit ziemlicher Sicherheit bevor - so das ernüchternde Fazit der Kommission – nur wenn Amerika einig und geschlossen der Gefahr begegne, habe man die Chance sie zu verhindern.

Bei den Terroranschlägen in New York und Washington und im US-Bundesstaat Pennsylvania starben im September 2001 mehr als 3000 Menschen aus sechs Kontinenten und über 80 Ländern.