US-Kongress zu Armeniern: "Es war Völkermord"
30. Oktober 2019Mit 405 zu 11 Stimmen wurde die entsprechende Resolution angenommen. In ihr heißt es, die USA würden den Völkermord an den Armeniern anerkennen und die Tötung von 1,5 Millionen Armeniern durch das Osmanische Reich verurteilen. Es ist das erste Mal, dass der US-Kongress die Massaker der Jahre 1915 bis 1917 als Genozid bezeichnet. Die Türkei als Nachfolgerin des Osmanischen Reiches erklärte, die Regierung und das Volk hielten die Resolution für "völlig null und nichtig".
Die Regierung in Ankara gesteht zwar den Tod von 300.000 bis 500.000 Armeniern während des Krieges ein, weist aber die Einstufung als Völkermord strikt zurück. Während des Ersten Weltkrieges waren Armenier systematisch verfolgt worden und unter anderem auf Todesmärsche in die syrische Wüste geschickt worden. Historiker sprechen von Hunderttausenden bis zu 1,5 Millionen Opfern.
"Bedeutungsloser politischer Schritt"
Das türkische Außenministerium erklärte, die Resolution sei offenbar "für den inländischen Konsum verfasst und herausgegeben" worden und habe keine "historische oder rechtliche Grundlage". Sie sei rechtlich nicht bindend und ein "bedeutungsloser politischer Schritt", der sich an die "armenische Lobby und Anti-Türkei-Gruppen" richte. Es bestellte wegen der Resolution den Botschafter der USA, David Satterfield, ein. Ein weiterer Grund für die Maßnahme waren demnach auch die nach der türkischen Militäroffensive in Nordsyrien verhängten US-Sanktionen gegen Ankara.
Zuletzt hatte das Vorgehen des türkischen Militärs gegen Kurdenkämpfer in Nordsyrien die Beziehungen zwischen Ankara und Washington stark belastet. Und hier sieht der türkische Außenminister Mevlüt Cavusoglu auch die wahren Motive für das Kongressvotum: Die "antiquierte Resolution" sei Rache für die türkische Militäroffensive in Nordsyrien, twitterte Cavusoglu. "Kreise, die glauben, dass sie sich auf diese Weise rächen werden, irren sich."
Als erstes großes europäisches Land hatte Frankreich 2001 die Massaker an den Armeniern im Osmanischen Reich offiziell als Völkermord eingestuft. Der deutsche Bundestag tat dies im Juni 2016, was eine schwere diplomatische Krise mit der Türkei auslöste. Auch Russland, die Schweiz und die Niederlande und mehr als ein Dutzend weiterer Staaten werten das Blutbad an den Armeniern inzwischen als Völkermord. Die Südkaukasusrepublik Armenien fordert seit langem von der Türkei, die Gräueltaten als Genozid anzuerkennen.
rb/se (afp, ap, dpa, rtr)