Bush erneut im Nahen Osten
14. Mai 2008Im November hatte er es mit einer Nahostkonferenz in Annapolis versucht, im Frühjahr mit einer Reise durch den Nahen Osten und jetzt mit dem zweiten Besuch in der Region. Unter normalen Umständen wäre dies ein ermutigendes Zeichen, wenn solche Aktivitäten nicht erst zum Ende der Amtszeit von Bush kämen und die Lage vor Ort nicht weiterhin alles andere als normal wäre.
Statt das Ende seiner Präsidentschaft damit zu krönen, dass er einen Friedensprozess fördert, von dem kaum noch etwas übrig geblieben ist, riskiert der amerikanische Präsident viel: Er setzt nicht nur die wenigen positiven Ansätze der letzten Monate aufs Spiel sondern auch den letzten Rest von Vertrauen in Macht und Fähigkeit Washingtons, doch noch eine Lösung herbeizuführen.
Reise ist mehr als Protokoll
Offizieller Grund des Besuches in Israel ist der 60. Jahrestag der Staatsgründung; in Saudi-Arabien feiert Bush 75 Jahre bilateraler Beziehungen und in Ägypten macht er dem gerade 80 Jahre gewordenen Hosni Mubarak seine Aufwartung: Alle drei sind die wichtigsten Partner der USA in der Region, ohne die Fortschritte zwischen Israel und den Palästinensern undenkbar wären. Aber: Um sie auf solche Fortschritte einzuschwören, muss Georg W. Bush vermutlich mehr tun als protokollarische Freundschaft zu demonstrieren.
USA zu zaghaft
Es gibt berechtigten Zweifel, dass der US-Präsident dazu bereit und imstande ist: So hat es Bush während seiner gesamten Amtszeit versäumt, Israel zu einer flexibleren Haltung gegenüber den Palästinensern zu drängen. Zudem hat er widerspruchslos hingenommen, dass Ariel Scharon und Nachfolger Ehud Olmert ihre eigene Linie verfolgten, ohne dabei Rücksicht auf internationale oder auch nur amerikanische Bedenken zu nehmen.
Eine Linie, die auch in den letzten sechs Monaten fortgesetzt wurde: In Annapolis wurde zwar vereinbart, dass Olmert und Palästinenserpräsident Mahmud Abbas bis Ende dieses Jahres eine Einigung erzielen. In der Folge hat Israel aber kaum dazu beigetragen, die Lebensbedingungen in dem von Abbas beherrschten Westjordanland zu verbessern; stattdessen hat es den Ausbau seiner Siedlungen dort noch verstärkt - aus Washington war kaum etwas zu hören.
Zusätzlich erschwert wurde alles natürlich dadurch, dass im Gazastreifen die islamistische Hamas regiert und dass es zwischen dieser und Israel fast zu einem offenen Krieg kam. Auch hier fehlte der mäßigende Einfluss Washingtons. Vor allem wohl, weil Bush zusammen mit der Regierung Olmert glaubt, Gruppen wie Hamas könne nur mit militärischer Macht begegnet werden. So wie der Hisbollah im Libanon oder den Taliban in Afghanistan.
Eine Strategie, die zwar einleuchtet, weil gegenüber Terroristen und Gewalttätern Diplomatie kein überzeugendes Instrument ist, die sich in den letzten Jahren aber dennoch als ineffektiv und kontraproduktiv erwiesen hat: Die Radikalen wurden nicht besiegt, sondern oft nur gestärkt. Geschwächt wurden hingegen die friedfertigen Kräfte. Wie Abbas, der auf verlorenem Posten steht, wenn er sich mit Olmert trifft: Jedes Ausbleiben von Fortschritten bei diesen Gesprächen reduziert Abbas‘ Autorität und stärkt die Radikalen.
Auch kleine Fortschritte zählen
Washington tut nichts dagegen, stattdessen reduziert es die Erwartungshaltung: Statt einer Friedenslösung hofft man bis Ende des Jahres wenigstens die Definition der Grenzen des künftigen palästinensischen Staates zu erreichen. Eigentlich eine leichte Aufgabe, denn es ist internationaler Konsens, dass dies die Linien von 1967 sind. Ob Israel dies aber anerkennen wird, darf bezweifelt werden, zumal Premier Olmert durch zahlreiche Skandale schwer angeschlagen ist. Und selbst wenn man sich auf die Linien von 1967 einigen sollte: Dann bleibt immer noch die Frage offen, wann sich Israel denn auf diese Linien zurückziehen wird und diese die Grenzen des palästinensischen Staates werden können. Eine Frage, auf die George W. Bush sicher keine Antwort mitbringt.