US-Regulierer setzen VW Ultimatum
9. Oktober 2015VW habe bis zum 20. November Zeit, einen Plan vorzulegen, wie die betroffenen Diesel-Fahrzeuge nachgerüstet werden können, sagte CARB-Leiterin Mary Nichols dem "Redaktionsnetzwerk Deutschland" (Freitag). Sie kündigte zudem weitere Testergebnisse zu Diesel-Autos anderer Hersteller an. "Wir werden in den nächsten Monaten die Resultate vorlegen." Nichols' Behörde erwägt offenbar, notfalls VW-Fahrzeuge aus dem Verkehr zu ziehen: "Wenn es keine technische Lösung gibt, drohen die Stilllegung der Autos und zivilrechtliche Auseinandersetzungen mit den Kunden." Volkswagen hatte erst vor wenigen Tagen um Geduld gebeten und angekündigt, den Rückruf der rund 480.000 in den USA betroffenen Fahrzeuge erst im Januar starten zu wollen.
Inzwischen ist auch die Zahl der in Europa betroffenen Fahrzeuge bekannt. Bei 3,6 Millionen Autos werde "mit großer Sicherheit eine motortechnische Anpassung notwendig sein", sagte ein Sprecher des Bundesverkehrsministeriums am Freitag in Berlin. Er berief sich auf das Kraftfahrtbundesamt (KBA), das derzeit prüfe, welche Maßnahmen VW umsetzen müsse.
Compliance verstärken
Um in Zukunft Rechtsverstöße vorzubeugen, will der Wolfsburger Konzern Medienberichten zufolge ein neues Vorstandsressort für Recht schaffen. "Die Schaffung des Ressorts 'Recht und Compliance' sei der nächste logische Schritt", zitierte der Rechercheverbund aus "Süddeutscher Zeitung", den öffentlich-rechtlichen Anstalten NDR und WDR Unternehmenskreise.
Demnach laufen auch bereits Gespräche mit möglichen Kandidaten für das neue Amt. Insider gehen davon aus, dass der neue Posten schon in den kommenden zwei, drei Wochen besetzt werden könnte. VW hatte bisher nur einen Verantwortlichen, der für Compliance an den Vorstandschef berichtete. Andere große Konzerne wie Siemens und Daimler haben bereits vor einigen Jahren Vorstandsressorts für Recht eingeführt, um Compliance-Verstöße zu verhindern.
Druck an allen Fronten
Seit der Offenlegung der Manipulation von Abgaswerten in Dieselfahrzeugen vor drei Wochen, nehmen die Schreckensmeldungen für VW nicht mehr ab. Am Donnerstag durchsuchte die Staatsanwaltschaft Braunschweig das VW-Stammwerk in Wolfsburg und mehrere Privatwohnungen an verschiedenen Orten.
International erwartet den Konzern eine milliardenschwere Klagewelle. Auch der US-Bundesstaat Texas verklagt VW und Audi nun wegen des Verstoßes gegen Verbraucherschutz- und Umweltgesetze. Volkswagen habe seine Kunden absichtlich über Jahre in die Irre geführt, so der Justizminister und Generalstaatsanwalt des Staates, Ken Paxton. Von den US-weit rund 480.000 betroffenen Fahrzeugen sind nach Angaben des Bundestaats rund 32.000 in Texas verkauft worden. Ähnliche Prozesse erwartet VW auch in weiteren Ländern. Weltweit sind rund 11 Millionen Autos von der maipulierten Diesel-Software betroffen.
Aussage unter Eid
Am Donnerstag hatte sich der US-Chef von VW im amerikanischen Kongress verantworten müssen. Unter Eid sagte Michael Horn aus, dass er erst kurz vor Bekanntwerden des Skandals von gezielten Manipulationen des Autobauers bei Abgasmessungen in den USA erfahren habe. "Ich hatte keine Kenntnis davon, dass es einen Defeat Device in unseren Autos gab", so Horn. Erst kurz vor einem Treffen mit Vertretern der US-Umweltbehörde EPA am 3. September sei er über die Installation der "Defeat Device" genannten Software zum Austricksen der Emissionstests informiert worden.
Zuvor hatte Horn in einer vorab verbreiteten Stellungnahme erklärt, bereits im Frühling 2014 von möglichen Verstößen gegen US-Emissionsregeln erfahren zu haben. Ihm sei auch mitgeteilt worden, dass die EPA Strafen verhängen könnte. Horn sagte, er sei danach davon ausgegangen, dass die Ingenieure des Konzerns mit der EPA an einer Lösung arbeiteten. Von der Betrugs-Software, durch die die Abgasreinigung im Normalbetrieb deaktiviert wurde, habe er damals nichts gewusst.
Auf Fragen von Abgeordneten erklärte Horn, bei 430.000 der insgesamt knapp 500.000 Fahrzeugen mit manipulierter Motorensteuerung werde ein Software-Update alleine nicht ausreichen, um die Emissionsvorgaben zu erfüllen. Der neue VW-Chef Matthias Müller hatte in einem Interview gesagt, für die meisten Motoren reiche ein Software-Update in der lokalen Werkstatt aus.
nm/ar (dpa, afp, rtr)