US-Vizepräsident als Mediator in Bagdad
28. April 2016Die Supermacht muss nach dem Rechten sehen: Weil die politischen Parteien im Irak sich gegenseitig blockieren, kam die überraschende Visite von US-Vizepräsident Joe Biden dem Besuch eines Mediators nahe. Die Weltmacht schlichtet in der Krise - auf dass der gefährdete Staat zwischen Euphrat und Tigris endlich Ruhe und Frieden finde.
Biden wolle der Führungselite eine Politik der "nationalen Einheit" nahelegen, teilte sein Büro mit. Im Klartext: Persönliche Interessen haben hinter denen des Landes zurückzustehen. Doch der Irak wird nicht nur von der allgegenwärtigen Korruption gelähmt, sondern mindestens ebenso sehr vom Gegensatz zwischen Schiiten und Sunniten, den beiden Richtungen des Islams.
Nährboden des Terrors
Auf diesem Nährboden gedieh die sunnitische Dschihadistenmiliz "Islamischer Staat" (IS) - und die Armee scheint viel zu schwach, um den IS zu besiegen. Ohne die Luftangriffe der USA wäre der Kampf kaum zu gewinnen. Iraks Ministerpräsident Haidar al-Abadi darf also den großen Verbündeten nicht verprellen.
Im eigenen Land beißt der Regierungschef bei dem Versuch auf Granit, die derzeitige Führung durch eine Expertenregierung zu ersetzen. Im Parlament gab es in den vergangenen Wochen immer wieder Tumulte und Sitzblockaden. Erst am Dienstag hatten aufgebrachte Abgeordnete den Premier mit Wasserflaschen beworfen. Doch die Vereinigten Staaten stellen sich demonstrativ hinter al-Abadis Bemühungen um einen Neuanfang.
Tanz auf der Rasierklinge
Joe Bidens Besuch soll diese Rückendeckung zeigen. Dazu passend streut das Umfeld des US-Vizepräsidenten unter den Journalisten Komplimente - höfliche Gaben für einen Regierungschef, der auf der Rasierklinge tanzt. Al-Abadi sei ein "sehr effektiver Ministerpräsident", der das Land zusammenhalten wolle, heißt es etwa.
Vor fünf Jahren war Biden zuletzt im Irak. Kein höherrangiger US-Politiker hat den fragilen Staat seither besucht. Dass die Visite aus Sicherheitsgründen unangekündigt erfolgen musste, rückt freilich auch ein anderes Faktum in den Blick der Weltöffentlichkeit: 13 Jahre nach Washingtons Invasion ist die Sicherheitslage im Land geradezu ein Beleg des Scheiterns.
jj/uh (dpa, afp)