USA: "Alle Optionen auf dem Tisch"
17. April 2017US-Vizepräsident Mike Pence hat Nordkorea im Streit um dessen Raketen- und Atomprogramm vor einem Angriff gewarnt. Nordkorea tue gut daran, die Entschlossenheit von US-Präsident Donald Trump oder die Stärke der US-Streitkräfte nicht zu testen, sagte Pence nach einem Treffen mit Südkoreas kommissarischem Präsidenten Hwang Kyo Ahn in Seoul (Artikelbild). Die USA und ihre Alliierten würden jeden Angriff unter Einsatz "konventioneller oder atomarer Waffen mit einer überwältigenden und effektiven Antwort" zurückschlagen.
Kurz vor dem Treffen hatte Pence das Dorf Panmunjom an der entmilitarisierten Zone zwischen Süd- und Nordkorea und den ehemaligen UN-Militärstützpunkt Camp Bonifas besucht. Bereits dort hatte er betont, dass Washington "mit friedlichen Mitteln über Verhandlungen" Sicherheit erreichen wolle, aber "alle Optionen auf dem Tisch" lägen. Die "Politik der strategischen Geduld" sei am Ende, so Pence. Die US-Regierung stehe "Schulter an Schulter" mit dem südkoreanischen Volk, die Beziehung beider Länder sei "eisern und unveränderlich". Nordkorea dürfe "nicht die Entschlossenheit der Vereinigten Staaten unterschätzen, unseren Verbündeten beizustehen", sagte Pence weiter. Die USA haben in Südkorea 28.500 Soldaten stationiert.
Trotz Warnungen der USA hatte Nordkorea am Sonntag eine Rakete abgeschossen, die nach Angaben aus Washington und Seoul jedoch unmittelbar nach dem Start explodierte. Der Test erfolgte nach einer großen Militärparade in Pjöngjang anlässlich des 105. Geburtstags von Staatsgründer Kim Il Sung. Nach Angaben des US-Pazifik-Kommandos und des südkoreanischen Verteidigungsministeriums wurde die Rakete in der Nähe der Hafenstadt Sinpo an der Ostküste Nordkoreas abgefeuert. Ein außenpolitischer Berater der US-Regierung sagte, bei dem Geschoss habe es sich wahrscheinlich um eine Mittelstreckenrakete gehandelt.
Internationale Kritik
Die südkoreanische Regierung verurteilte den Test. Einen Tag nach der Militärparade in Pjöngjang, bei der das nordkoreanische Militär auch mehrere Raketen zur Schau gestellt hatte, habe Nordkorea damit erneut "die ganze Welt bedroht".
Die Bundesregierung kritisierte den Raketentest als Verstoß gegen das Völkerrecht. "Unabhängig davon, ob ein Test gelingt oder nicht, liegt hier ein klarer Bruch des Völkerrechts vor", erklärte ein Sprecher des Auswärtigen Amts in Berlin. Großbritannien äußerte sich "besorgt". Außenminister Boris Johnson forderte Nordkorea auf, sein Atomwaffenprogramm zu beenden.
Japans Premierminister Shinzo Abe verkündete derweil, dass sein Land sich auf einen Flüchtlingsstrom aus Südkorea im Falle eines bewaffneten Konflikt vorbereite. So arbeite seine Regierung derzeit etwa an Maßnahmen zur Kontrolle von Asylsuchenden und Inbetriebnahme von Flüchtlingsunterkünften.
Lage spitzt sich zu
Der Konflikt um das umstrittene nordkoreanische Atomprogramm hatte sich zuletzt verschärft. US-Präsident Donald Trump drohte, die USA seien notfalls zu einem Alleingang bereit, wenn China nicht den Druck auf seine Verbündeten in Pjöngjang erhöhe. Vergangene Woche schickte die US-Armee einen Flugzeugträger und mehrere Kriegsschiffe zur Koreanischen Halbinsel.
Trumps Nationaler Sicherheitsberater Herbert Raymond McMaster sagte unterdessen, Washington arbeite wegen der Gefahr durch Nordkorea eng mit Peking zusammen. "Es gibt international Übereinstimmung, auch mit den Chinesen und der chinesischen Führung, dass diese Situation nicht weiter andauern darf", sagte er dem Sender ABC. Die USA seien sich mit Südkorea und Japan, aber auch mit China einig, dass "das Problem nun an einem kritischen Punkt angelangt" sei. McMaster sagte, es sei "an der Zeit, dass wir alle erdenklichen Maßnahmen ergreifen - vor einer militärischen Option -, um das Problem friedlich zu lösen".
Nordkorea unterhält trotz umfassender Sanktionen seit Jahren ein Atomwaffenprogramm. Seit 2006 hat das Land insgesamt fünf Atomwaffentests vorgenommen, davon zwei im vergangenen Jahr. Zugleich arbeitet die Führung in Pjöngjang an der Entwicklung von Langstreckenraketen, mit denen atomare Sprengköpfe bis in die USA getragen werden könnten.
chr/myk (afp, dpa)