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USA: Elliot Page entlarvt Hollywoods Homophobie in "Pageboy"

Elizabeth Grenier
6. Juni 2023

Der Oscar-nominierte "Juno"-Darsteller und Star aus "The Umbrella Academy" ist Hollywoods prominentester Transmann: In seinen Memoiren "Pageboy" schildert Elliot Page seine Lebensgeschichte.

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Elliot Page lächelt in einem Smoking
Eine neue Ruhe gefunden: US-Schauspieler Elliot PageBild: Presley Ann/Getty Images for LACMA

Von außen betrachtet, scheint Hollywood für queere Menschen ein Safe Space zu sein, ein kulturell bunter, aufgeklärter und fortschrittlicher Ort, an dem sich alle sicher fühlen können - unabhängig von ihrer Sexualität. In der Realität sind Homophobie und Transfeindlichkeit allerdings selbst in der US-Unterhaltungsindustrie noch weit verbreitet, wie Elliot Page in seinen gerade veröffentlichten Memoiren "Pageboy" aufzeigt. 

Dokumentation der Transition auf Instagram

Page, der schon als Kind mit der Schauspielerei begann und dem mit der Oscar-nominierten Rolle in "Juno" (2007) der Durchbruch gelang, kam am 21. Februar 1987 zur Welt. Bei der Geburt weiblich und später als Schauspielerin erfolgreich, outete er sich im Dezember 2020 als Transmann. Seitdem macht sich der Schauspieler für Transgender-Rechte stark und dokumentiert auf Instagram seine Transition - die soziale, juristische und körperliche Änderung des Geschlechts.

Ein Buch zu schreiben, sei ihm schon früher in den Sinn gekommen, leitet Page ein, bevor er erklärt, dass er seine Energie viel zu lange darauf verwendet habe, sein Unbehagen über das Leben in einem weiblichen Körper zu verbergen: "Endlich kann ich mit mir selbst in diesem Körper sein." In schwierigen Zeiten hätten ihm Bücher geholfen oder womöglich sogar das Leben gerettet, schreibt Page, der hofft, mit seiner Geschichte nun anderen helfen zu können. Erfahrungen zu teilen, "ist ein wichtiger Schritt im Widerstand gegen all jene, die uns unsichtbar machen wollen."

Page erzählt seine Geschichte nicht chronologisch, sondern wechselt zwischen verschiedenen Phasen seines Lebens, schildert die Atmosphäre an Filmsets, berichtet von verschiedenen "ersten Malen" und Beziehungen sowie vom Aufwachsen im kanadischen Nova Scotia. Die Hälfte der Zeit lebte Page bei seiner überarbeiteten Mutter, die andere Hälfte bei der neuen Familie seines Vaters mit zwei Halbbrüdern und einer strengen Stiefmutter.

Page brauchte lange, um zu erkennen, dass das Leben im falschen Geschlecht sein Leben vergiftete. Es blieb ihm ein Rätsel, wie sich andere Menschen in ihrer Haut wohlfühlen konnten: "Und ich meine nicht einmal, dass sie 'glücklich' sind, vielleicht sind sie nicht glücklich, aber zumindest sind sie in der Lage zu existieren."

Hollywood riet vom Coming-out ab 

Page erzählt von finsteren Episoden seines Lebens, sowohl vor als auch nach dem Coming-out: dass Regisseure versuchten, mit dem Teenager zu schlafen; von Morddrohungen durch einen Stalker und homophoben Angriffen von Fremden. Hollywood mag sich das Image vom fortschrittlichen Biotop anheften, die Erfahrungen von Page zeichnen ein anderes Bild: Jahrelang sei er in der Branche unter Druck gesetzt worden, sich nicht zu outen.

Im Jahr 2008 spekulierte die New Yorker "Village Voice", Page könnte lesbisch sein. Page erinnert sich im Buch, dass ihn daraufhin Leute aus der Branche warnten, ein lesbisches Coming-out würde sich negativ auf die Karriere auswirken. Bei Werbeveranstaltungen für neue Filme sei er gezwungen worden, Kleider und hohe Absätze zu tragen.

Transgender in Pakistan

Page gibt Einblicke in eine romantische Beziehung, die er sogar vor engen Freunden geheim hielt. Erst 2014, im Alter von 27 Jahren, trat Page auf einer Konferenz der LGBTQ-Organisation Human Rights Campaign mit zittriger Stimme auf die Bühne und outete sich als homosexuell. Das Gefühl der Befreiung wurde schnell begleitet von homophoben Angriffen.

Ein Schauspieler, der im Buch namentlich ungenannt bleibt, provozierte Page auf einer Party: "Du bist nicht lesbisch. Das gibt es nicht. Du hast nur Angst vor Männern." Damit nicht genug, drohte er Page vor anderen Gästen: "Ich werde dich f*****, damit du merkst, dass du nicht lesbisch bist."

Für Page begann mit dem Coming-out auch eine neue Zeit der Erkundung. Während der Dreharbeiten zu "X-Men: Days of Future Past" (2014) hatte er eine Romanze mit seiner Kollegin Kate Mara ("House of Cards"), die zu diesem Zeitpunkt mit einem männlichen Kollegen liiert war. Maras Freund ermutigte sie offenbar, ihre Gefühle für Page zu erkunden. Nach dem Ende der Beziehung wurde Page klar, dass dies offenbar einem Muster in seinem Leben folgte - sich in Menschen zu verlieben, die eigentlich nicht zu haben sind.

Autoren passen Serien-Charakter an

Nachdem er sich 2020 als trans geoutet hatte, konnte sich Page 2021 dank des abgesagten Termins einer anderen Person überraschend schnell einer Operation zur Geschlechtsangleichung unterziehen. Er sei sich dieses Privilegs bewusst, schreibt der Schauspieler, da viele Transpersonen jahrelang auf die Operation warten müssen oder ihnen diese komplett verwehrt wird.

Buchcover | Pageboy von Elliot Page
Mit "Pageboy" veröffentlicht Elliot Page seine Memoiren

Die Operation fand vor den Dreharbeiten zur dritten Staffel der Netflix-Serie "The Umbrella Academy" statt, in der Page die Hauptrolle spielt. Die Macher der Superheldenserie unterstützten Page und schrieben dessen Serien-Charakter ebenfalls zu einer Transperson um.

Er habe eine neue Ruhe gefunden, wohl wissend, dass seine Geschichte gerade erst neu beginne, schreibt Elliot Page. So verändere sich etwa sein Körper weiter unter der Einnahme von Testosteron. "Das alles ist erst der Anfang", schreibt er. "Lasst mich einfach mit euch auf dieser Welt sein, glücklicher als je zuvor."

Adaption aus dem Englischen: Torsten Landsberg

Elliot Page: Pageboy. Meine Geschichte. S. Fischer. Übersetzt von: Lisa Kögeböhn, Stefanie Frida Lemke, Katrin Harlaß.