Verbrecherbanden legen Haitis Hauptstadt teilweise lahm
1. März 2024Während einer Auslandsreise des haitianischen Regierungschefs Ariel Henry haben kriminelle Banden das öffentliche Leben in Teilen der Hauptstadt Port-au-Prince lahmgelegt. Bei heftigen Schusswechseln zwischen Polizisten und Gang-Mitgliedern wurden mindestens vier Beamte getötet. Fünf weitere seien verletzt worden, sagte der Chef der Polizeigewerkschaft, Lionel Lazarre, der Nachrichtenagentur AFP. Demnach wurden zwei Polizeistationen in Brand gesetzt.
Schüsse fielen auch am internationalen Flughafen. Dabei wurde mindestens eine Maschine beschädigt, zudem fielen Flugverbindungen aus, wie einheimische Medien berichten. Im Internet kursiert ein Video, das den berüchtigten Bandenführer und Ex-Polizisten Jimmy "Barbecue" Chérizier zeigen soll, der erklärt, die Waffengewalt ziele darauf ab, eine Rückkehr des Interims-Ministerpräsidenten nach einem Besuch in Kenia zu verhindern. Auch sollten der Polizeichef und Kabinettsmitglieder des Karibikstaates gefangen genommen werden.
Brutal agierende Branden kontrollieren nach Schätzungen der Vereinten Nationen rund 80 Prozent von Port-au-Prince und weiten ihr Einflussgebiet auch außerhalb der Hauptstadt zunehmend aus. Durch die organisierte Kriminalität verschärft sich die prekäre Versorgungslage weiter - viele der elf Millionen Einwohner Haitis leiden den UN zufolge unter akutem Mangel an Nahrungsmitteln.
Kein Präsident, kein Parlament
Henry hatte die Regierungsgeschäfte kurz nach der Ermordung des haitianischen Präsidenten Jovenel Moïse im Juli 2021 übernommen. Seither wurden keine Wahlen mehr abgehalten; das Land hat weder einen Präsidenten noch ein Parlament. Zuletzt gab es Proteste gegen Henry.
Der UN-Sicherheitsrat hatte im Oktober auf Bitten der haitianischen Regierung einen internationalen Polizeieinsatz gegen die Bandengewalt genehmigt. Kenia wollte die Federführung übernehmen. Die kenianische Justiz hat dies jedoch bislang blockiert, was auch bei Henrys Besuch in dem ostafrikanischen Land zur Sprache gekommen sein dürfte.
jj/kle (dpa, afp)
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