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Verfassung für Bhutan

Oliver Schulz27. Dezember 2004

Bhutan macht Schlagzeilen: Als erstes Land der Welt hat das Himalaya-Königreich den Verkauf von Tabakwaren verboten. Außerdem arbeitet Bhutan zurzeit an einer Verfassung. Sie könnte die kürzeste der Welt werden.

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Frischer Wind im Königreich BhutanBild: AP

Der Ausschuss, der über die Verfassung berät, hat 39 Mitglieder. Seine Zusammensetzung zeigt, wie ernst es Bhutan damit meint, sich von einer konstitutionellen Monarchie zu einer Demokratie zu entwickeln. Er besteht aus direkt gewählten Vertretern der Regierungs-Bezirke, Repräsentanten der buddhistischen Klöster, der Wissenschaften und der Regierung. Folgen die Politiker dem jetzt vorgelegten Entwurf, könnte die Verfassung Bhutans mit nur 34 Artikeln die kürzeste der Welt werden.

König gibt Macht ab

Bhutan König Jigme Singe Wangchuk
Bhutans König Jigme Singe WangchukBild: AP

Obwohl erst wenig über den Inhalt des Verfassungsentwurfes bekannt wurde, ist klar, was die wesentlichen Streitpunkte sein werden: Die Fragen, ob Bhutan ein Parteiensystem bekommt und inwieweit der König weiter Macht abgeben wird.

Der bhutanische Weg in die Demokratie begann 1981 mit der Einrichtung der so genannten Development Comitees, demokratischer Gremien auf Bezirksebene. Zehn Jahre später wurden die so genannten Block Comitees ins Leben gerufen, in denen jeweils Vertreter mehrerer bhutanischer Dörfer beraten. 1998 erweiterte der König die Rechte der Nationalversammlung, seither wählt diese das Kabinett.

Parteiensystem?

Der Demokratisierungsprozess schreitet zwar langsam voran, und die Bevölkerung tut sich noch schwer mit der Entwicklung. Doch in der Verfassung werde wahrscheinlich auch die Zulassung von politischen Parteien auf den Weg gebracht, sagt der Tibetologe Gregor Verhufen, der für die Uni Leipzig in Bhutan forscht: "Der König ist die treibende Kraft hinter all dem, und die Leute müssen sich langsam an diesen Demokratisierungsprozess gewöhnen. Aber sie sind auf bestem Weg. Die Nationalversammlung ist das beste Beispiel, die Debatten sind wesentlich hitziger geworden, die politischen Standpunkte kristallisieren sich langsam heraus. Die Frage des Mehrparteiensystems ist nur eine Frage der Zeit", sagt Verhufen.

Kinley Dorje, Chefredakteur der unabhängigen bhutanischen Wochenzeitung "Kuensel" bewertet die Situation ganz anders. Einem Mehrparteiensystem gibt er keine Chance. Der anhaltende Bürgerkrieg im Nachbarland Nepal, einer konstitutionellen Monarchie mit Mehrparteiensystem, sei ein abschreckendes Beispiel, sagt Dorje. Was in Nepal passiert, sei für Bhutan sehr lehrreich. Das politische System des Landes funktioniere nicht. In Bhutan müsse eine Demokratie deshalb eine direkte Demokratie sein.

Keine neuen Machtverhältnisse

Zudem würden sich die Machtverhältnisse in Bhutan durch die Verfassung nicht weiter verändern - denn die seien ohnehin schon ausgewogen, sagt Dorje. "Der Palast hat nicht mehr viel Macht. Der König ist nun Staatsoberhaupt, das Kabinett funktioniert als Exekutive, die Nationalversammlung ist die Legislative. Das sind also bereits getrennte Organe." Die Verfassung werde den rechtlichen Rahmen für bestehende Bestimmungen liefern, sagt Dorje. Damit werde sie den Demokratisierungsprozess repräsentieren.

Bhutan Marktin Sandrup Jonkhar
Bildung für die Landbevölkerung als wichtiger Schritt in die DemokratieBild: AP

Ein Großteil der bäuerlich geprägten bhutanischen Bevölkerung dürfte solche Fragen überhaupt nicht verstehen. Dennoch wird der König durchs Land reisen, um sie mit dem Volk zu diskutieren, bevor die Nationalversammlung die Verfassung in Kraft setzt. Auf Bhutans langsamem Weg in die Demokratie ist umfassende Bildung ein weiterer, entscheidender Schritt sein.