Kulturstädte: Vernetzt in der Weltliga
1. Dezember 2014Wer weiß schon, dass in Hannover die Schallplatte erfunden, die erste Musikkassette produziert und die erste CD gepresst wurde? Was längst Musikgeschichte ist, begründet noch heute den Ruf Hannovers als Musikstadt. Mehr denn je versteht sich Hannover in Sachen Musikwirtschaft als die "Nummer 1 in Deutschland", gemessen an den 699 professionellen Musikern und den knapp 3.200 Beschäftigten der hiesigen Musikindustrie. Große Namen der Pop-, Rock- und klassischen Musik kommen aus der Stadt an der Leine. "Hannover und Musik – das ist eine Beziehung mit vielen Klangfarben", begründete Hannovers Oberbürgermeister Stefan Schostok (SPD) die Bewerbung. Mit seinem Potential möchte Hannover jetzt auch international punkten – und setzt auf Vernetzung.
So lag die Bewerbung für das UNESCO-Programm "Creative Cities" nahe, jedenfalls aus Sicht der Stadtvermarkter. Immerhin sind mit dem Mikrofon- und Kopfhörerhersteller Sennheiser electronic oder dem Fertigungs- und Distributionsdienstleister EDC schon weltweit tätige Unternehmen in der Region beheimatet. Der Gitarrenbauer Rockinger, das Tonstudio Peppermint Park oder Hannover Concerts gelten als international gefragte Spezialisten. "Hannover verfügt über Aushängeschilder mit überregionaler Strahlkraft", klingt es stolz in einer Pressemitteilung. Mit dem Gütesiegel "City of Music", das bisher den Städten Sevilla, Bogota, Bologna, Glasgow, Gent und Brazzaville vorbehalten war, will Hannover endlich in der Weltliga spielen.
Enttäuschung in Essen und Weimar
Das hat sich auch Mannheim auf die Fahnen geschrieben. "In Sachen Musik ist Mannheim eine ganz besondere Stadt. Und das wollen wir der ganzen Welt zeigen", begründete man dort die Bewerbung bei der UNESCO. Nach monatelangen Vorbereitungen, einer aufwändigen Medien- und Marketingkampagne, zu der auch eine schreiend bunte Multimedia-Seite im Internet gehörte, konnte man sich jetzt auch in Mannheim gegenseitig auf die Schulter klopfen.
Insgesamt hatten fünf deutsche Städte ihren Hute in den Ring geworfen und um den Titel "Creative City" gerungen. Die begehrte Eintrittskarte in das UNESCO-Netzwerk blieb am Ende aber Hannover, Mannheim und Heidelberg vorbehalten. Enttäuschte Gesichter gab es in Essen und Weimar. Sie gingen leer aus. Heidelberg überzeugte hingegen als "Stadt der Literatur". Die hohe Dichte an Buchhandlungen, Antiquariaten, Bibliotheken und Verlagen und ebenso die produktive Autoren-, Übersetzer- und Theaterszene in der Neckarstadt scheint die Juroren bei der Unesco überzeugt zu haben. Die Weltkulturorganisation verkündete ihre Entscheidungen in Paris.
Vernetzt in der kreativen Weltliga
"Creative Cities" gibt es seit 2004 in den sieben Kategorien Musik, Literatur, Medienkunst, Design, Handwerk, Film und Gastronomie. Es vernetzt Städte, die den kreativen Austausch in Kunst und Kultur suchen. Wer den Titel trägt, dessen Kreativwirtschaft wird stärker gefordert. Bisher arbeiteten 41 Städte in dem UNESCO-Netzwerk zusammen, jetzt sind es 69 weltweit, darunter Assuan und Santa Fé als Städte der Volkskunst; Berlin, Buenos Aires und Montreal als Städte des Designs; Popayan als Stadt der Gastronomie; Edinburgh und Melbourne als Städte der Literatur; Bologna, Glasgow und Sevilla als Städte der Musik; Lyon als Stadt der Medienkunst. Berlin trägt seit November 2005 den Titel "City of Design".
Das Zusammenspiel von Kultur und Wirtschaft gewinnt weltweit an Bedeutung. Die Kreativwirtschaft mit Büchern, Filmen, Musik, Design oder Kunsthandwerk ist eine der wachstumsstärksten Branchen. Der Welthandel von kreativen Gütern und Dienstleistungen erreichte im Jahr 2011 laut UNESCO-Kulturwirtschaftsbericht den Rekordwert von 624 Milliarden US-Dollar und hat sich damit seit 2002 mehr als verdoppelt. "Gleichzeitig hat die Kultur- und Kreativwirtschaft signifikante Bedeutung für eine nachhaltige Entwicklung", heißt es dazu bei der UNESCO. Auch in Hannover knallten an diesem Montag die Sektkorken. "Hannover ist Musik", freute sich Oberbürgermeister Schostock, "auch auf internationaler Ebene."