Versammlung in Georgien wählt Ultra-Rechten als Präsidenten
14. Dezember 2024Ungeachtet anhaltender Proteste hat die Wahlversammlung in Georgien den ultra-rechten Ex-Profifußballer Michail Kawelaschwili zum neuen Staatsoberhaupt bestimmt. 224 von 225 Mitgliedern des Gremiums votierten für den 53-jährigen Kandidaten der Regierungspartei Georgischer Traum. Eine Stimme war ungültig. Kawelaschwili, der seit 2016 als Abgeordneter im Parlament sitzt, hatte keine Konkurrenten.
Aufgrund einer 2017 verabschiedeten Verfassungsänderung wurde der Präsident erstmals nicht mehr direkt vom Volk gewählt, sondern von einer 300-köpfigen Versammlung, die sich aus Parlamentsabgeordneten und Lokalpolitikern zusammensetzt. Die Opposition hatte die Abstimmung boykottiert. Da sie das Ergebnis der Parlamentswahl von Ende Oktober nicht anerkennt, wonach die Regierungspartei eine deutliche Mehrheit errang, bleiben die Sitze ihrer Abgeordneten im Plenum leer.
Machtkampf an der Staatsspitze
Während das Regierungslager die Amtseinführung des neuen Staatsoberhaupts für den 29. Dezember plant, hat auch die amtierende Präsidentin Salome Surabischwili angekündigt, das Votum der Wahlversammlung für ihren Nachfolger nicht zu akzeptieren. "Niemand hat irgendwen gewählt. Es ist nichts passiert", sagte die frühere Außenministerin laut Medienberichten. Sie hatte vorher bereits geäußert, dass sie sich als einzig legitime Präsidentin ansehe, und von einer "Parodie" gesprochen. Gemeinsam mit Zehntausenden Menschen hatte Surabischwili an den seit Wochen anhaltenden pro-europäischen Protesten teilgenommen.
Auch an diesem Samstag gingen die Kundgebungen weiter. Zahlreiche Teilnehmer versammelten sich vor dem abgeriegelten Parlamentsgebäude in der Hauptstadt Tiflis. In den vergangenen Tagen hatte es gewaltsame Zusammenstöße zwischen Polizei und Demonstranten gegeben. Die Beamten setzten Wasserwerfer und Tränengas ein. Mehrere Hundert Menschen wurden festgenommen. Wegen des übermäßigen Einsatzes von Gewalt und möglicher Folter wurden schwere Anschuldigungen gegen die Sicherheitskräfte erhoben.
Der EU-Botschafter in Georgien warnte, das harte Vorgehen der Polizei könne Sanktionen aus Brüssel nach sich ziehen. Ministerpräsident Irakli Kobachidse verteidigte hingegen die Polizisten. Nach Angaben des Innenministeriums wurden über 150 Beamte bei den Protesten verletzt. Gleichzeitig berichteten Menschenrechtsgruppen von Angriffen auf Oppositionspolitiker, Aktivisten und Journalisten durch maskierte Männer in schwarzer Kleidung.
Pro-EU-Demonstranten wollen nicht in Russlands Armen landen
Die Protestierenden beschuldigen die Regierung des Wahlbetrugs. Zugleich werfen sie Ministerpräsident Kobachidse und dem Georgischen Traum vor, die frühere Sowjetrepublik in die Arme Russlands führen zu wollen. Ende November hatte die Regierung der Kaukasusrepublik angekündigt, Beitrittsverhandlungen mit der Europäischen Union bis zum Jahr 2028 auf Eis zu legen, obwohl das Ziel einer EU-Mitgliedschaft in der georgischen Verfassung festgeschrieben ist.
jj/sti (dpa, afp, rtr)