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Versunken in Flut und Schlamm

17. August 2002

Die Flutwelle hat Ostdeutschland schwer getroffen: Die Schäden werden den Bundesländern noch Jahre zu schaffen machen. Der "Aufbau Ost" erhält so eine völlig neue Dimension. Eine erste, traurige Bilanz aus Sachsen.

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Wassermassen wälzen sich durch die Sächsische SchweizBild: AP

"Die Hochwasserkatastrophe hat in einigen Landesteilen ein Jahrzehnt erfolgreicher Aufbauarbeit über Nacht zunichte gemacht", zieht CDU-Regierungschef Georg Milbradt eine fast vernichtende Zwischenbilanz. Dabei sind derzeit die verheerenden wirtschaftlichen Schäden im ostdeutschen Musterland überhaupt noch nicht abzusehen.

Mit milliardenschweren Anstrengungen hatte sich Sachsen seit der Wende einen Spitzenplatz unter den ostdeutschen Ländern erkämpft. Staatliche Subventionen und günstige Ansiedlungsbedingungen lockten Groß-Investoren unter anderem aus der Halbleiter- und Autobranche an die Elbe. Bis 2001 steckte der Freistaat knapp 17 Milliarden Euro in die Infrastruktur, baute Straßen, Schienenwege und das Luftfahrtsnetz aus. Vieles davon liegt nun in Trümmern, begraben unter Wassermassen, Geröll und meterdicken Schlammschichten. "Neben ganzen Orten ist ein großer Teil völlig neuer Infrastruktur vernichtet oder stark beschädigt worden", schildert Milbradt die Lage.

Bild des Grauens

Vielerorts bietet sich ein Bild des Grauens: Mühe- und liebevoll herausgeputzte Städte liegen am Boden, ganze Straßen und Häuser wurden weggespült, Brücken zerstört. "Vordringliche Aufgabe ist es, die Infrastruktur zu sichern, um das Leben wieder in Gang zu bringen. Um die Versorgung aufrecht zu halten, müssen vorrangig Straßen wieder befahrbar gemacht werden", benennt Wirtschaftsminister Martin Gillo (parteilos) die Prioritäten.

Die Bahn schätzt allein im Großraum Dresden das Ausmaß der Katastrophe vorsichtig auf eine halbe Milliarde Euro. Dresdens Oberbürgermeister Ingolf Roßberg (FDP) spricht von 15 Millionen Euro Schäden an den Brücken der Landeshauptstadt - und noch ist das Schlimmste nicht überstanden.

Nationaler Kraftakt

Ganz Deutschland steht nun erneut vor einem nationalen Kraftakt; diesmal allerdings nicht, um die politischen und wirtschaftlichen Folgen der Teilung zu überwinden, sondern um einer bislang beispiellosen Naturkatastrophe Herr zu werden. "Wir werden im Grunde wohl ein Vorziehen des Solidarpakts II in Betracht ziehen müssen", umriss Bundeskanzler Gerhard Schröder (SPD) die Dimension.

Doch genau daran scheiden sich die Geister: Sachsens Finanzminister Thomas de Maiziére (CDU) sagte, die Bundesregierung verkenne Sinn und Zweck des Solidarpaktes II. Aufbau Ost und Behebung von Flutschäden hätten ganz
unterschiedliche Ursachen. Sie müssten deshalb unterschiedliche Maßnahmen nach sich ziehen. Auch die brandenburgische Finanzministerin Dagmar Ziegler (SPD) kritisierte die 'Umwidmung'. Die Infrastrukturlücke, für die das Geld bestimmt sei, bliebe bestehen.

Sachsen nahm die Zusage von Finanzhilfen des Bundes mit einiger Erleichterung auf, denn das Land allein ist finanziell überfordert. Nahezu ironisch mutet dabei an, dass gerade Sachsen bisher das sparsamste der neuen Bundesländer war. "Wir werden diese Katastrophe bewältigen und anschließend den Aufbau unseres Landes weiter voranbringen", macht Regierungschef Milbradt Mut.

Gefahr für den Stabilitätspakt?

Die Gefahr, dass die Finanzhilfen zur Überschuldung des Bundes führen könnten, ist nach Expertenmeinung nicht gegeben. Die bisher zugesicherten Gelder zur Bewältigung der Hochwasserkatastrophe machen nur einen Bruchteil des Bruttoinlandsprodukts aus. Zumindest in diesem Jahr sollten die Finanzaufwendungen kein größeres Problem werden, sagte Volkswirt Philipp Nimmermann von der ING BHF-Bank. Die finanziellen Folgen der Flut könnten jedoch unter Umständen in den kommenden Jahren deutlicher zu Buche schlagen.


So seien etwa von Seiten der Einkommenssteuer Einnahmeausfälle für das kommende Jahr vorstellbar. Nicht gegen die Hochwasserschäden versicherte Haushalte und Unternehmen können die aus der Katastrophe folgenden Kosten als außerordentliche Aufwendungen oder Abschreibungen verbuchen. Hinzu kämen Infrastrukturkosten. So sei etwa die Instandsetzung von beschädigten Eisenbahn-Gleisen 'eine teure Angelegenheit'. Im Moment sei noch nicht abschätzbar, wie viel die Beseitigung der Hochwasserschäden auf längere Sicht kosten werde. (dpa/mas)