Rassismus im Wahlkampf?
1. September 2007Der UNO-Sonderberichterstatter für Rassismus, Doudou Diène, fordert eine Stellungnahme vom Bundesrat. Grund ist die SVP-Kampagne mit weißen Schafen, die ein schwarzes aus der Schweiz bugsieren. Dies gab Bundesrat Pascal Couchepin während seines traditionellen jährlichen Medientreffens am Donnerstag (30.8.) bekannt. Die Landesregierung bereite nun eine Antwort darauf vor, betonte der Schweizer Innenminister. Laut Couchepin müsse sich die Wahlbevölkerung ein eigenes Urteil über die Kampagne bilden und ihre Wahlentscheidung entsprechend fällen.
Der Brief der UNO war bereits vor drei Wochen an die Eidgenossenschaft geschickt worden und wurde auch vom UNO-Sonderberichterstatter für die Menschenrechte von Migranten, Jorge Bustamante, unterzeichnet. In einem früheren Bericht Anfang des Jahres hat Diène die Schweiz bereits einmal bezichtigt, rassistische Tendenzen zuzulassen. In einer Antwort hatte die Regierung erklärt, ihre Anstrengungen im Kampf gegen Rassismus und Diskriminierung zu verstärken.
Bundespräsidentin ekelt sich
Auch Bundespräsidentin Micheline Calmy-Rey übte Kritik an der SVP-Kampagne mit dem schwarzen Schaf. "Ich denke, es ist wichtig, dass es in diesem Land Leute gibt, die den Mut haben, eine solche Kampagne zu verurteilen", sagte die Sozialdemokratin im Westschweizer Radio. "Die Kampagne stößt mich ehrlich gesagt ab. Sie ekelt mich, weil sie den Hass schürt. Es ist eine rassistische Kampagne", betonte sie.
Die Kampagne unterstützt eine Volksinitiative der SVP, die am 1. August lanciert wurde, dem Nationalfeiertag der Schweiz. Dies auch im Vorfeld der Parlamentswahlen am 21. Oktober. Die SVP konnte bei den letzten Wahlen mit ähnlich scharfen Kampagnen 26,7 Prozent der Wählerstimmen auf sich vereinen. Jüngste Umfragen sagen der Partei einen ähnlich hohen Wähleranteil voraus.
Die Plakate, die in der ganzen Schweiz breit gestreut wurden, haben neben der UNO auch den Zorn der Eidgenössischen Kommission gegen Rassismus und des Schweizerischen Israelitischen Gemeindebundes (SIG) auf sich gezogen.
SVP verteidigt sich
Roman Jäggi, Pressesprecher der SVP, wies die Kritik zurück und bezeichnete die Kampagne als "vollkommen fair". "Sie ist nicht rassistisch", betonte er gegenüber swissinfo. "Wir haben ein großes Gewaltproblem speziell bei Jugendlichen, und kriminelle Ausländer sind ein großer Faktor."
Daten und Fakten zur Schweiz
Die Tatsache, dass Bundespräsidentin Calmy-Rey ein Plakat einer anderen Partei angreife, sei verwerflich, sagte Jäggi. Sie wolle damit nur Werbung für ihre Sozialdemokratische Partei (SP) machen. Die Intervention von UNO-Sonderberichterstatter Diène sei "wertlos", so Jäggi weiter. Dieser sei ein Unruhestifter, der nie ein gutes Wort über die Schweiz sage.
Harte Linie
Diese harte Linie mit Ausländern ist laut Pascal Sciarini, Professor für Politikwissenschaft an der Universität Genf, neben der Ablehnung der Europäischen Union mit ein Grund für den Erfolg der SVP. Die Partei sei nun jedoch in dieser Strategie gefangen. "Sie müssen das Feuer brennen lassen und immer mit neuen, härteren Ideen kommen", sagte er.
Die Minarett-Initiative und jene gegen kriminelle Ausländer sind laut Sciarini Beweis dafür, dass die Partei eine härtere Linie fahren und das Heft in der Immigrations-Debatte nicht aus der Hand geben will. "Sie werden intelligenter und subtiler und sind dann am Besten, wenn sie die Aufmerksamkeit der Medien wecken können", so der Politologe. "Sie polarisieren die Menschen immer mehr: Entweder man liebt oder hasst sie."