Volkszählung war verfassungsgemäß
19. September 2018Die Volkszählung von 2011, bei der unter anderem die Einwohnerzahl Deutschlands offiziell ermittelt wurde, war mit dem Grundgesetz vereinbar. Der Zensus sei nach verfassungskonformen Methoden erfolgt, entschied das Bundesverfassungsgericht in Karlsruhe.
Minus 1.500.000!
Bei der ersten Volkszählung seit der Wiedervereinigung hatte sich herausgestellt, dass in Deutschland damals gut anderthalb Millionen weniger Menschen lebten als angenommen, nämlich rund 80,2 Millionen. Nach unten korrigiert wurden in erster Linie die Einwohnerzahlen etlicher großer Städte. Berlin und Hamburg gaben dem angewandten Verfahren die Schuld - und klagten dagegen. Auch sahen sich die beiden Stadtstaaten gegenüber kleinen Gemeinden mit weniger als 10.000 Einwohnern benachteiligt. Die Statistiker hatten sich zum ersten Mal vorwiegend auf Meldedaten gestützt und nur noch zehn Prozent der Einwohner persönlich nach ihren Lebensverhältnissen befragt.
Dass sich der Gesetzgeber für einen sogenannten registergestützten Zensus entschieden habe, sei nicht zu beanstanden, sagte Gerichtspräsident Andreas Voßkuhle bei der Urteilsverkündung. Auch andere Staaten setzten auf diese Methode. Sie verursache weniger Kosten und sei auch "grundrechtsschonender", weil nur noch ein kleiner Teil der Bürger Daten preisgeben müsse.
Hoffnungen auf Korrektur zunichte
Die Einwohnerzahl ist in Deutschland eine zentrale Größe im Finanzausgleich zwischen Bund, Ländern und Kommunen. Von ihr hängt beispielsweise auch ab, wie viel ein Bundesland von den Umsatzsteuer-Einnahmen abbekommt. Berlin muss seit dem Zensus Jahr für Jahr auf 470 bis 490 Millionen Euro verzichten, Hamburg hat Einbußen von mehr als 100 Millionen Euro jährlich.
Vor den Verwaltungsgerichten haben außerdem rund 340 Städte und Gemeinden gegen ihre neue Einwohnerzahl geklagt. Alle diese Verfahren ruhten bis zur Entscheidung in Karlsruhe. Die Chancen auf eine Korrektur der Zahlen dürften durch das Urteil nun stark gesunken sein.
wa/stu (dpa, rtr, afp)