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VW-Gesetz: Teilerfolg für Deutschland

Andreas Becker29. Mai 2013

Deutschland muss sein umstrittenes VW-Gesetz nicht noch einmal ändern. Dieser Ansicht ist der Generalanwalt am Europäischen Gerichtshof. Sein Gutachten empfiehlt, die Klage der EU-Kommission gegen Deutschland abzuweisen.

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ARCHIV - Das Hauptwerk der Volkswagen AG in Wolfsburg. dpa - Bildfunk+++
Bild: picture-alliance/dpa

Das Gericht wird sein Urteil erst in einigen Monaten fällen. Allerdings gilt das Gutachten des Generalanwalts als Vorentscheidung, weil die Richter seiner Empfehlung in den meisten Fällen folgen.

Seit Jahren streiten sich die EU-Kommission und Deutschland über das sogenannte VW-Gesetz. Dies sichert dem deutschen Bundesland Niedersachsen ein Vetorecht bei wichtigen Entscheidungen im Autokonzern Volkswagen zu. Im Oktober 2007 hatte der Europäische Gerichtshof schon einmal in dieser Sache ein Urteil gesprochen. Er entschied, das VW-Gesetz verstoße gegen das Recht der Europäischen Union, weil es den freien Kapitalverkehr einschränke und feindliche Übernahmen unmöglich mache. Es müsse daher geändert werden.

Erneute Klage

Die Bundesregierung hatte das Gesetz daraufhin überarbeitet, hielt aber am Vetorecht Niedersachsens, der sogenannten Sperrminorität, fest. Die EU-Kommission klagte daraufhin erneut, weil sie der Ansicht ist, Deutschland habe die angemahnten Änderungen nicht vollständig umgesetzt.

Das Gericht hatte damals drei Gründe angeführt, warum das deutsche VW-Gesetz die Freiheit des Kapitalverkehrs in der EU verletzt: Die Bundesregierung und das Land Niedersachen konnten je zwei Vertreter in den Aufsichtsrat von Volkswagen entsenden. Die Stimmrechte der Aktionäre waren auf 20 Prozent begrenzt, auch wenn sie mehr Anteile hielten. Drittens liegt die Sperrminorität bei 20 Prozent, während die Grenze im Aktienrecht bei 25 Prozent liegt. In der Summe gaben die drei Punkte dem Land Niedersachsen mehr Einfluss auf den VW-Konzern, als ihm mit seinem 20-Prozent-Anteil eigentlich zustand.

Aktionäre am 01.07.1961 in der Werkshalle des VW-Werkes in Wolfsburg während der ersten Hauptversammlung nach der Privatisierung. An der größten Aktionärsversammlung in der bisherigen Wirtschaftsgeschichte Europas nahmen rund 600 Aktieninhaber teil. Wichtigste Aufgabe der Aktionäre war die Wahl der acht Vertreter in den 18 Mitglieder umfassenden VW-Aufsichtsrat Foto: Klaus Heirler +++(c) dpa - Report+++
Die Hauptversammlung der Volkswagen AG im Jahr 1961Bild: picture-alliance/dpa

Nach dem Urteil hatte Deutschland die ersten beiden Regeln abgeschafft, die Sperrminorität für das Land Niedersachsen aber beibehalten. Die Bundesregierung argumentierte, das Gericht habe nur die Kombination der Regeln gerügt, nicht aber das Vetorecht an sich.

Größter Arbeitgeber

Der Generalanwalt am Europäischen Gerichtshof stärkte Deutschland nun den Rücken: "Deutschland ist dem ursprünglichen Urteil des Gerichtshofs von 2007 vollständig nachgekommen." Die EU-Kommission beharrt jedoch darauf, dass auch diese Hürde abgeschafft wird und will Deutschland mit einer millionenschweren Geldstrafe dazu zwingen.

Doch selbst wenn der Europäische Gerichtshof dem Gutachten nicht folgt und Deutschland erneut verurteilt, ändert sich für Volkswagen damit noch nichts. Denn auch die hauseigene Satzung des Unternehmens räumt dem Bundesland Niedersachen eine starke Stellung bei dem Autobauer ein. Dies könnte sich erst ändern, wenn die EU-Kommission auch gegen die VW-Satzung klagen sollte.

Das VW-Gesetz ist ein Überbleibsel aus der Privatisierung von VW. Das in der Nazi-Zeit gegründete Volkswagenwerk war von 1949 an zunächst treuhänderisch vom Bund und dem Land Niedersachsen geführt worden. Als das Unternehmen 1960 in eine Aktiengesellschaft umgewandelt wurde, verabschiedete der Bundestag das VW-Gesetz.

Bund und Land behielten zunächst je ein Fünftel der Anteile. Während der Bund seine Beteiligung später verkaufte, sicherte sich Niedersachsen seine Machtposition mit 20 Prozent weiter. Volkswagen ist der mit Abstand größte Arbeitgeber in Niedersachsen.

bea/ml (rtr, dpa)