Kurdische "Waffenschwestern"
2. August 2019DW: "Soeurs d'Armes" ist Ihr erster Langfilm. Wie ist die Idee entstanden, einen Film über die kurdischen Kämpferinnen gegen den sogenannten Islamischen Staat (IS) zu drehen?
Caroline Fourest: Es ist vor allem ein Film über Frauen als Quelle des Widerstands gegen den Fanatismus. Er erzählt die Geschichte der jungen Jesidin Zara, die vom IS deportiert und versklavt wurde. Sie schaffte es zu fliehen und schloss sich als Teil einer internationalen Frauen-Kampftruppe dem kurdischen Widerstand an.
Der Film ist eine Metapher für diesen Krieg. Es werden keine Gruppen oder Orte benannt. Er zeigt, wie die Gewalt des Fanatismus auf den Widerstand der Frauen trifft. Ich arbeite seit fast zwanzig Jahren an diesem Thema. Als ich begriff, dass die IS-Kämpfer panische Angst hatten, von einer Frau getötet zu werden, weil sie meinen, das Paradies sei ihnen dann verwehrt, da dachte ich mir, dass nur ein Film die Geschichte der Kraft dieser symbolischen Revolution erzählen könnte.
An welchen Orten haben Sie gedreht?
Wir haben hauptsächlich in Marokko gedreht, mit den besten Filmteams für einen Kriegsfilm. Aber ich wollte einige Szenen auch in Kurdistan drehen. Ich muss sagen, dass die Regierung der autonomen kurdischen Provinz im Irak sehr offen war. Sie wollten kein Drehbuch vorgelegt bekommen und stellten keine Bedingungen.
Es war wichtig dort zu drehen, damit wir die ganze Geschichte dieses Völkermords erzählen konnten - auch die weniger glorreichen Seiten. Ich wollte sowohl die irakischen als auch die syrischen Kurden zeigen, die diesen Krieg gegen den IS geführt haben. Deshalb ist keine der Gruppen im Film benannt, sie sollen für alle stehen. Es war mir wichtig zu zeigen, dass uns die Kurden uns trotz ihrer Unterschiede und manchmal auch ihrer Spaltungen gemeinsam vor demselben Feind bewahrt haben.
Unter welchen Bedingungen haben Sie gearbeitet? Gab es Schwierigkeiten?
Es war schwer, den Film zu finanzieren. Wir erzählen schließlich nicht die Geschichte amerikanischer GIs, die den Terrorismus bekämpfen. Sondern vom Krieg der Frauen, der Kurden. Wir hatten von Anfang an die Unterstützung von France 2, dem öffentlich-rechtlichen Sender. Aber wir haben keine der sonst üblichen öffentlichen Fördermittel des Staates erhalten.
Man hielt unser Projekt für zu riskant, zu ehrgeizig für ein Erstlingswerk. Aber ich wollte meinen Ehrgeiz nicht einschränken müssen. Ich wollte diese Weite, diese Kraft, als Hommage an den Mut und das Heldentum derer , die uns vom IS befreit haben. Wir sind große persönliche und finanzielle Risiken eingegangen, aber wir haben es geschafft.
Die Türkei betrachtet die kurdische YPG-Miliz, die im Kampf mit dem IS stand, als eine mit der PKK verbandelte Terrororganisation. Wie sind Sie mit diesem Vorwurf, diesem Thema umgegangen?
Unser Film erwähnt die PKK überhaupt nicht. Auch wenn die türkische Propaganda etwas anderes behauptet. DerenTrolle überschwemmen jeden Internet-Post, der für unseren Film wirbt, mit Lügen. Unser Trailer wurde innerhalb weniger Tage mehr als 800.000 Mal abgerufen - das beunruhigt sie.
Aber nein, unser Film erzählt nicht von der PKK. Er erzählt die für Erdogan weitaus peinlichere Geschichte der kurdischen Kämpferinnen, die die Dschihadisten besiegt haben. Ich verstehe, dass Erdogan da in Panik gerät. Der Film wird der Welt helfen, sich daran zu erinnern, was wir den Kurden schulden. Und zwar in einer Zeit, in der viele sie lieber vergessen würden, während sie in Syrien abgeschlachtet werden.
Aber Ihnen wird von regierungsfreundlichen Medien in der Türkei vorgeworfen, für Terroristen zu werben und eine Feindin des Islam zu sein.
Den IS zu bekämpfen bedeutet nicht, den Islam anzugreifen. Der Islam ist etwas ganz anderes als der IS. Das ist ein beliebtes Mittel fundamentalistischer Propaganda: Jedes Mal, wenn man sich gegen Fanatiker wehrt, beschuldigen sie einen, "islamfeindlich" zu sein. In meinem Fall begannen diese Angriffe, als ich auch anfing, mich mit dem Fundamentalismus der Muslimbruderschaft auseinanderzusetzen.
Davor hatte ich mehr als zehn Jahre lang gegen den christlichen Fundamentalismus und die extreme Rechte und ihren Rassismus gekämpft. Ich bin eine antirassistische Aktivistin, ich habe immer gegen den Front National gekämpft, ich habe sogar ihren antimuslimischen Rassismus angeprangert. Aber ich bin entschlossen feministisch und säkular, trete ein für die Trennung von Kirche und Staat. Türkische Trolle können schreiben, was sie wollen. Der Film wird für sich selbst sprechen.
In welchen europäischen Ländern wird Ihr Film gezeigt?
In Frankreich und Italien. Wir suchen noch einen Vertriebspartner in Deutschland, das ist jedoch schwierig. Ich hoffe wirklich, dass jemand den Mut aufbringt. Schließlich ist es wichtig, diesen Film in einem Land zu zeigen, in dem viele Überlebende der Jesiden und fast eine Million Kurden leben, die diesen Film sehen wollen. Es wäre verrückt, wenn dieser Film in vielen arabischen Ländern vertrieben würde, aber nicht in Deutschland oder den Vereinigten Staaten. Ich werde weiter dafür kämpfen.
Caroline Fourest ist Regisseurin, Essayistin, Mitbegründerin der Zeitschrift ProChoix und Kolumnistin bei "Marianne". Von 2004 bis 2009 hat sie bei der Satirezeitschrift Charlie Hebdo gearbeitet.
Das Gespräch führte Beraat Gökkuş.