Globaler Wahlkampf
2. Juli 2008Schwüle Hitze in der Hauptstadt, geschlossene Schulen und Universitäten – die Amerikaner sind im Sommerurlaub. Und ihre Politiker tun es ihnen gleich. Das politische Leben in Washington verabschiedet sich in die Sommerpause. Auch Barack Obama und John McCain nutzen die Zeit, um zu verreisen. Doch seinen Mexiko-Trip in dieser Woche wird der republikanische Kandidat McCain nicht am Strand von Acapulco verbringen. Demokrat Obama wird auf seiner geplanten Reise nach Europa gleichfalls kaum Zeit zum Schoppen in Paris haben. Für die beiden US-Präsidentschaftskandidaten ist es kein Urlaub vom Wahlkampf sondern Wahlkampf im Urlaub.
McCain ist am Dienstag (1.7.08) zunächst nach Kolumbien aufgebrochen, um mit Präsident Alvaro Uribe über Freihandel und den Anti-Drogen-Kampf zu sprechen. Obama verkündete am Wochenende, im Laufe des Monats nach Europa und den Nahen Osten reisen zu wollen. Bei den Gesprächen mit europäischen Top-Politikern sollen unter anderem der Klimawandel und der Anti-Terror-Kampf auf der Agenda stehen.
Außenpolitik – wer kann besser?
Vor Beginn der heißen Wahlkampfphase im August haben die beiden Konkurrenten um das Weiße Haus ihre Kampagnen auf die Weltbühne verschoben. Obama und McCain wollen nach einem eventuellen Wahlsieg als neuer US-Präsident außenpolitisch sofort handlungsfähig sein. Die Kontaktpflege mit Top-Politikern jenseits der Grenzen ist da Pflicht und das Sommerloch die beste Zeit dafür.
Im Ausland persönlich bekannt machen muss sich vor allem der demokratische Anwärter, dem politische Gegner nicht nur aus dem Lager McCains ständig seine mangelnde außenpolitische Erfahrung vorhalten. Obamas Reiseplanung ist da gut gewählt, sagt Jan Techau von der Deutschen Gesellschaft für Auswärtige Politik. "Europa und der Nahe Osten sind Kerngebiete der US-Außenpolitik." Der Senator aus Illinois könne auch mit seiner Popularität dort zum Teil wettmachen, was ihm sein republikanischer Konkurrent an Erfahrung voraus hat.
Schaulauf für die Heimklientel
Vor allem aber wollen beide mit dem internationalen Schaulaufen bei den Wählern zu Hause punkten. Bilder vom enthusiastischen Händeschütteln mit europäischen Staatsmännern und –frauen sind für Obama da im Augenblick wichtiger als konkrete politische Arbeit auf internationaler Ebene. Für letzteres ist ohnehin keine Zeit mehr. Bei US-Wählern deshalb als zu europäisch in Ungnade zu fallen, wie der demokratische Präsidentschaftskandidat John Kerry 2004, müsse Obama aber nicht fürchten, meint Techau. "Denn Kerry hatte immer schon das Vorurteil angehaftet, er sei intellektuell versnobt. Vor diesem Hintergrund wurde Kerrys Empfang in Europa zuhause als elitäres Faible für die alte Welt wahrgenommen."
John McCains Besuch in Kolumbien und Mexiko wird eine Gruppe von US-Bürgern besonders wohlwollend zur Kenntnis nehmen. Bei den Latinos hat der Republikaner seit dem Ausscheiden von Demokratin Hillary Clinton deutlich mehr Zuspruch als Barack Obama. Diesen Vorsprung wolle er noch weiter ausbauen, sagt Jan Burdinski von der deutschen Sektion der republikanischen Parteiorganisation Republicans Abroad. Der Besuch insbesondere in Mexiko, woher viele US-Bürger oder deren Eltern stammen, könnte ein wichtiges Signal sein. "Wenn sich die Latinos ähnlich geschlossen hinter McCain stellen wie die Schwarzen hinter Obama, dann sind McCains Chancen bei der Wahl noch besser."
Die Wirtschaft ist wichtiger
Wie gut beide Konkurrenten auf dem internationalen Parkett zurechtkommen, wird am Ende nicht den Ausschlag geben, meint dagegen Shari Temple von den Democrats Abroad in Deutschland. Meinungsumfragen deuten in eine ähnliche Richtung. "Die wirtschaftliche Lage im eigenen Land ist für die meisten Amerikaner das wichtigste Thema", sagt sie. Und was die Außenpolitik angeht, "ist aus Sicht der Wähler eher der Militäreinsatz im Irak das Top-Thema". Temple ist eine von 22 internationalen Delegierten bei der Parteiversammlung der Demokraten Ende August in Denver. Dort dürfte Obama offiziell zum Präsidentschaftskandidaten gewählt werden. Spätestens dann geht aber auch der Kampf ums Weiße Haus in die heiße Phase.
Für Barack Obama und John McCain ist der Wahlkampf im Urlaub dann vielleicht doch eher eine Verschnaufpause – und eine Gelegenheit, während der Politik-Flaute daheim im Ausland entspannt ein paar einfache Punkte zu sammeln.