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Wahlsieg für radikale Linke in Griechenland

Jannis Papadimitriou26. Mai 2014

Das oppositionelle Bündnis der radikalen Linken (Syriza) hat die Europawahl in Griechenland klar gewonnen. Die Neonazi-Partei schaffte es auf Platz drei. Syriza-Chef Alexis Tsipras fordert vorgezogene Parlamentswahlen.

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Porträt des Vorsitzenden der linken Syriza-Partei, Alexis Tsipras (Foto: Bernd Riegert)
Linken-Chef Alexis TsiprasBild: DW/B. Riegert

Die linke Opposition spricht von einem "historischen Ereignis". Nach Auszählung von 98 Prozent der Wahlbezirke erreichte das Bündnis der radikalen Linken Syriza 26,6 Prozent der Stimmen, während die konservative Regierungspartei Nea Dimokratia von Premier Antonis Samaras nur auf 22,7 Prozent gekommen ist. Damit liegt die Linke bei der Europawahl in Griechenland ganz vorne.

In den vergangenen Wochen warnte Regierungschef Samaras immer wieder vor "politischer Instabilität" im Fall eines Wahlsiegs von Syriza. Die Linkspartei wiederum hatte die Europawahl als eine Art Referendum gegen die seit fünf Jahren andauernden Sparmaßnahmen dargestellt: "Am Sonntag wählen wir, am Montag werden sie gehen", hieß es bei allen Wahlkundgebungen der Opposition. Diese Drohung galt den regierenden Konservativen und Sozialisten. In der Nacht zum Montag (26.05.2014) forderte Tsipras erwartungsgemäß vorgezogene Parlamentswahlen. Aus seiner Sicht habe die Koalitionsregierung von Samaras ihre Legitimation durch das Volk verloren.

Neonazis als drittstärkste politische Kraft

Insgesamt sieben Parteien schickt Griechenland ins Europäische Parlament. Für großes Aufsehen sorgt auch der Wahlerfolg der griechischen Neonazi-Partei Goldene Morgenröte. Obwohl Parteichef Nikos Michaloliakos und weitere Parlamentsabgeordnete wegen des Vorwurfs der "Bildung einer kriminellen Vereinigung" seit mehreren Monaten in Untersuchungshaft sitzen, konnten die Rechtsradikalen zulegen und aus der Europawahl als drittstärkste politische Kraft hervorgehen. Sie erreichen über neun Prozent der Stimmen und werden mit drei Abgeordneten ins EU-Parlament einziehen.

Der griechische Journalist und EU-Korrespondent Thanassis Kalfas (Foto: DW)
Kalfas: "Griechische Rechtsextremisten könnten mit Front National zusammenarbeiten"Bild: DW/J. Papadimitriou

Der Journalist und EU-Korrespondent Thanassis Kalfas meint, es sei durchaus möglich, dass die griechischen Rechtsradikalen im neuen EU-Parlament mit der französischen Front National gemeinsame Sache machen. "Ich habe zwar neulich Marine Le Pen gefragt, ob sie mit der Goldenen Morgenröte koalieren würde und sie hat diese Frage verneint", sagt Kalfas im Gespräch mit der DW. Aber er fügt auch hinzu: "Dann erklärte ihr Vater Jean-Marie Le Pen letzte Woche, dass eine Bevölkerungsexplosion mit einem Virus eingedämmt werden könnte und dadurch Europa angeblich vor Einwanderern gerettet würde. Das zeigt doch meines Erachtens, dass die Front National bereit wäre, sich den rechtsradikalen Positionen der Goldenen Morgenröte anzunähern."

In Athen nutzt der Parteisprecher der Goldenen Morgenröte, Ilias Kassidiaris, gegen den ebenfalls ermittelt wird, die Gunst der Stunde: Noch in der Nacht zum Montag (26.05.2014) forderte er die "unverzügliche Freilassung der Parteiführung".

Die Regierung signalisiert: "Wir haben verstanden"

Die nächste Parlamentswahl in Griechenland steht eigentlich erst 2016 an. Auf vorgezogene Wahlen will sich Ministerpräsident Antonis Samaras vorerst nicht einlassen: Am späten Sonntagabend erklärte der konservative Politiker, das griechische Volk habe zwar bei der Europawahl eine deutliche Botschaft an die Regierung gesendet, zugleich aber auch die Opposition zurückgewiesen. Schließlich habe die Linkspartei ihren Stimmenanteil im Vergleich zur Parlamentswahl 2012 gar nicht steigern können.

Auch Konstantinos Kyranakis, Präsident der Jugendorganisation der Europäischen Volkspartei, der für die griechischen Konservativen bei der Europawahl kandidiert hat, sieht vor diesem Hintergrund keinen Anlass für vorgezogene Wahlen: "Trotz harter Sparmaßnahmen in den vergangenen zwei Jahren, trotz der anhaltenden Wirtschaftskrise im Land, konnte die Linksopposition ihren Stimmanteil nicht erhöhen", sagt er im Gespräch mit der DW. Insofern sei der von der Linksopposition erhoffte Umsturz nach der Europawahl ausgeblieben. Auf der anderen Seite müsse die Regierung nun beweisen, dass ihre bisherigen finanzpolitischen Erfolge auch jeden einzelnen Bürger ganz konkret entlasten könnten, mahnt der konservative Politiker.

Konstantinos Kyranakis, Vositzender der Jugendorganisation der EVP (Foto: DW)
Kyranakis: "Kein Anlass für vorgezogene Wahlen"Bild: DW/J. Papadimitriou

Griechenland im Dauerwahlkampf

Während die Konservativen von Samaras leicht schwächeln, befindet sich ihr Koalitionspartner, die sozialistische Partei Pasok, im freien Fall. Die einst mächtigen Sozialisten, die bei der Parlamentswahl 2009 noch mehr als 43 Prozent der Stimmen erreicht hatten, kamen bei der Europawahl auf nur noch acht Prozent. Inzwischen wird über eine Absetzung des Parteivorsitzenden und Vizeregierungschefs Evangelos Venizelos offen spekuliert.

Alexis Papachelas, Chefredakteur der Tageszeitung Kathimerini, glaubt, dass Samaras und Venizelos sich ab sofort zum politischen Überlebenskampf rüsten. Die Folge: Griechenland werde nach der Europawahl erneut in eine Art Dauerwahlkampf eintreten. Aller Voraussicht nach werde Regierungschef Samaras zunächst eine Regierungsumbildung vornehmen, erklärte Papachelas im Athener TV-Sender Skai. Zudem würde die Regierung aufgefordert, ihre Politik sozialer auszurichten: Und damit wäre Griechenland praktisch schon wieder im Wahlkampf.