Warten auf Benedikt
23. Mai 2006
Weder Tüten-Eis noch die von Johannes Paul II. so geliebten Cremetörtchen werden in Wadowice verkauft, wenn Papst Benedikt XVI. am Samstag (27.05) die Geburtsstadt seines Vorgängers besucht. Dies sei eine Vorsichtsmaßnahme, teilten die Gesundheitsbehörden mit, wegen der Hitze könnten sich leicht Keime bilden und die Kalorienbomben könnten zum Gesundheitsrisiko werden.
In Polen laufen die Vorbereitungen für den Papst-Besuch auf Hochtouren: Auf Warschaus Straßen werden wieder die gelb-weißen Fahnen des Vatikans von Pfadfindern verkauft. Neben Kinoplakaten winkt großflächig Benedikt XVI. den Passanten der Hauptstadt zu. Polen steht ganz unter dem Eindruck des anstehenden Besuchs des neuen Pontifex. Etwa 3,3 Millionen Erwachsene wollen zwischen Donnerstag und Sonntag (25.-28.05.) persönlich an der Pilgerreise teilnehmen, Kinder und Jugendliche noch nicht mitgerechnet, so die Umfrage der Zeitung "Rzeczpospolita".
Breites Interesse am "neuen" Papst
In Polen halten 80 Prozent der Bürger den Besuch des Nachfolgers von Johannes Paul II. für ein sehr wichtiges Ereignis, berichtete der Fernsehsender "TVP". Jaroslaw Gowin, Direktor der katholischen Europa-Hochschule in Krakau, ist darum überzeugt, dass die Polen Benedikt XVI. als wahren Nachfolgers "ihres" Papstes anerkennen. Insgesamt acht Reisen hatten Johannes Paul II. in seine Heimat geführt.
Auf dem Pilsudski-Platz in Warschau will Papst Benedikt XVI. am Freitagmorgen eine erste große Messe zelebrieren. Es ist jener Platz, auf dem Johannes Paul II. 1979 den beziehungsreichen Satz "Fürchtet Euch nicht" aussprach, der von seinen Landsleuten als Ermunterung zum Kampf gegen den Kommunismus verstanden werden konnte. Von Warschau reist er zum Marienheiligtum in Tschenstochau (Czestochowa) weiter, das der polnische Vorgänger während seines Pontifikats sechs Mal aufsuchte. Der Schwarzen Madonna von Tschenstochau widmete Johannes Paul II. nach dem auf ihn verübten Anschlag vom Mai 1981 seinen blutbefleckten Gürtel - und am Tag vor seinem Tod segnete er zwei goldene Kronen, die ebenfalls der Schwarzen Madonna zugedacht sind.
Dichtes Programm
Am Samstag begibt sich Benedikt XVI. zum Kalvarienberg in Zebrydowska, 36 Kilometer südlich von Krakau. Dorthin war Johannes Paul II. in der Kindheit oft mit seinem Vater gepilgert. In Krakau will der Papst auf der Blonia-Esplanade eine Messe zelebrieren, wie es auch sein Vorgänger wiederholt getan hat. 2002 strömten hier zu einem Gottesdienst mit Johannes Paul II. rund drei Millionen Gläubige zusammen. Danach will Benedikt XVI. das Sanktuarium der Barmherzigkeit Gottes in Lagiewniki, einem Vorort von Krakau, aufsuchen, in dem der junge Karol Wojtyla in den Jahren des Zweiten Weltkriegs in einer Chemiefabrik arbeitete. Auch Wadowice, die Geburtsstadt Karol Wojtylas, steht auf dem Reiseplan des Papstes. Das Museum Johannes Paul II., das in dem Geburtshaus eingerichtet wurde, verzeichnet einen Schnitt von 3000 Besuchern am Tag.
Für Sonntag ist ein Besuch von Benedikt XVI. im ehemaligen Konzentrationslager Auschwitz-Birkenau vorgesehen, dem größten Vernichtungslager der Nazis. Johannes Paul II. zelebrierte hier 1979 einen Gottesdienst mit einer Million Gläubigen, an dem auch 200 Priester teilnahmen, die in dem KZ gefangen gewesen und am Kriegsende gerettet worden waren. Als Joseph Ratzinger noch Erzbischof von München-Freising war, kam er mit einer Delegation deutscher und polnischer Bischöfe nach Auschwitz. Anders als sein Amtsvorgänger will er an jenem Ort, an dem unter den Nazis 1,1 Millionen Menschen ums Leben kamen, bei seinem ersten Polen-Besuch als Papst keinen großen Gottesdienst abhalten.
Hohe Sicherheitsvorkehrungen
Der Papstbesuch ist mit vielen Auflagen verbunden. Der Verkehr in der Warschauer Innenstadt wird am Donnerstag und Freitagmorgen praktisch zum Erliegen kommen. Auch der Ausschank von Alkohol wird reglementiert und aufreizende Werbung an den Papsttrassen streng verhüllt, erotische Fernseh-Werbespots werden für die Zeit des Besuches aus dem Programm genommen. (ina)