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Zwischen Massenabfertigung und Kommerz

2. April 2010

In dem Örtchen Lourdes in Frankreich soll 1858 die Mutter Gottes erschienen sein. Wenig später wurden die ersten wundersamen Heilungen dokumentiert. Von einer solchen Pilgerreise erzählt der Film "Lourdes".

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Statue Unserer Lieben Frau von Lourdes in der Grotte Massabielle in Lourdes © Coproduction Office
Die HoffnungsträgerinBild: Coproduction Office

Schlange stehen vor der berühmten Grotte Massabielle, warten vor den Bädern mit "Wunderwasser" - wer nach Lourdes pilgert, muss Geduld mitbringen. Kühl beobachtet die Regisseurin Jessica Hausner den Wallfahrtsrummel und die Massenabfertigung. Für ihren Film ist sie mehrmals mit dem Malteser-Orden nach Lourdes gefahren, um zu recherchieren. Ihre Geschichte erzählt die Pilgerreise aus dem Blickwinkel von Christine, einer zarten jungen Frau, deren Körper durch Multiple Sklerose vollständig gelähmt ist. Sylvie Testud ("Jenseits der Stille") spielt einfühlsam diese Rolle, die beispielhaft ist für das Versprechen von Lourdes auf Heilung.

Distanz, die Nähe schafft

Protagonistin Christine vor einem Altar mit Kerzen © Coproduction Office
Staunen über den RummelBild: Coproduction Office

Hausner erzählt in klaren, exakt komponierten Bildern an wenigen, ständig wiederkehrenden Schauplätzen von den täglichen kleinen Demütigungen durch Abhängigkeit, vom unterdrückten Hunger der jungen Frau nach Leben. Sie versuche immer eine gewisse Distanz einzunehmen zu dem, was sie erzähle, sagte Hausner. Auch um einen Standpunkt zu finden, der ihr selber ermögliche, eine Reflexion anzustellen. Das interessiere sie mehr, als das kurzfristige Leid eines Individuums darzustellen.

Spielraum für das Unaussprechliche

Und doch lässt die Regisseurin ihre Hauptfigur das Wunder erleben: Nachts spricht eine innere Stimme zu Christine, sie steht aus dem Bett auf und kann wieder gehen. Die Regisseurin und Drehbuchautorin Hausner ist kein gläubiger Mensch. Doch habe sie sich während der Arbeit an diesem Film ihren eigenen Lebens- und Sterbensängsten gestellt, sagt sie. Hausner geht es darum die Zuschauer zu berühren, im Herzen aber auch im Intellekt. Dieses wesentlichere Erzählen gelinge ihr nur, wenn sie von ihren Figuren einen Schritt zurücktrete.

Protagonistin Christine vor im Rollstuhl © Coproduction Office
Die Wallfahrt hat sich gelohnt: Christine kann am Ende ihren Rollstuhl verlassenBild: Coproduction Office

Die Absolventin der Wiener Filmakademie ist die Tochter des bekannten Malers Rudolf Hausner. Vielleicht auch von ihm beeinflusst hat sie schon früh das bewegte Bild als ihr Medium entdeckt, sich auszudrücken. Weil es ihr mehr Spielraum bietet für das Unaussprechliche.

Viel Beifall in Venedig

Bereits ihre ersten Filme wurden auf Festivals gezeigt und mit Preisen ausgezeichnet. Für "Lourdes" hat sie in Venedig viel Beifall bekommen. Zu Recht: Es ist ein sehr kluger, eleganter und atmosphärisch dichter Film. In dem Film gehe es nur vordergründig um Wunderheilungen, sagt Jessica Hausner. Und dass diese Hoffnung zwar manchmal erfüllt wird, man aber immer wieder mit der Vergänglichkeit konfrontiert ist. Herausgekommen ist eine brillante Parabel über die Grundängste des Menschen.

Autorin: Vanja Budde

Redaktion: Sabine Oelze/ Petra Lambeck