1. Zum Inhalt springen
  2. Zur Hauptnavigation springen
  3. Zu weiteren Angeboten der DW springen

Warum China den Export seltener Elemente in die USA stoppt

Arthur Sullivan
9. Dezember 2024

China stoppt die Ausfuhr von Gallium und Germanium in die USA. Diese Metalle benötigen Technologie- und Rüstungsunternehmen dringend. So verschärfen sich die wirtschaftlichen Spannungen zwischen den Ländern weiter.

https://p.dw.com/p/4nqQo
Das Element Gallium im Festzustand (Nahaufnahme)
Gallium kommt häufig in Halbleitern, Solarpanelen und Radargeräten zum EinsatzBild: DERA/BGR

Anfang Dezember hat das chinesische Handelsministerium angekündigt, den Export bestimmter seltener chemischer Elemente in die USA zu verbieten. Bei diesen Mineralien handelt es sich um sogenannte Dual-Use-Güter, die sowohl zivil als auch militärisch genutzt werden können. Sie werden für die Produktion von Halbleitern benötigt, aber auch für eine Vielzahl weiterer technischer Zwecke.

Warum verhängt China Ausfuhrkontrollen?

Peking reagiert damit auf Ausfuhrkontrollen, die die Vereinigten Staaten unmittelbar zuvor gegen China verhängten. Dabei handelt es sich lediglich um den jüngsten Ausdruck einer Rivalität, die das Verhältnis der beiden Länder bestimmt. In jüngster Zeit ging es dabei vor allem um Handel, die Fertigung von Rüstungstechnologie und die Entwicklung künstlicher Intelligenz.

"Auf chinesischer und US-amerikanischer Seite lässt sich eine zunehmende Verhärtung und Abwehrhaltung beobachten. Für beide Länder ist das kein neues Phänomen", sagt Claire Reade, leitende Anwältin bei der Wirtschaftskanzlei Arnold & Porter in der Hauptstadt Washington. Sie ist Expertin für die Handelsbeziehungen zwischen den Vereinigten Staaten und China. In China herrscht Reade zufolge die Überzeugung vor, die USA wollten die legitime Entwicklung des Landes aufhalten. Die USA wiederum betrachteten es als eine Frage der nationalen Sicherheit, zu verhindern, dass China in bestimmten Bereichen eine Vormachtstellung erlangt.

Das chinesische Handelsministerium begründet seine Entscheidung, die Ausfuhr von Dual-Use-Gütern in die USA zu beschränken, mit dem "Schutz der nationalen Sicherheit". Die USA wiederum setzen ihre Kampagne gegen den chinesischen Halbleitersektor fort und kündigten eine dritte Liste von Beschränkungen innerhalb ebenso vieler Jahre an. Nur wenig mehr als einen Monat bevor die Regierung Biden aus dem Amt scheidet, verhängte sie Ausfuhrkontrollen gegen 140 Unternehmen, darunter Technologieunternehmen wie Naura, Piotech, ACM Research und SiCarrier Technology.

Gallium und Germanium in der Periodentafel, davor eine chinesische Flagge
Nur der vorerst letzte Schritt: das Verbot der Ausfuhr von Gallium und Germanium in die Vereinigten StaatenBild: Florence Lo/REUTERS

US-Handelsministerin Gina Raimondo bezeichnete die Ausfuhrkontrollen als "die schärfsten Kontrollen, die die USA jemals verhängt haben, um die Möglichkeiten der Volksrepublik China einzuschränken, die hochentwickelten Chips zu produzieren, die sie für die Modernisierung ihres Militärs benötigen".

Die Antwort Chinas beschränkt sich nicht nur auf die Ausfuhr bestimmter Metalle und Mineralien. Vier der wichtigsten Handelsverbände des Landes - in den Bereichen Halbleiter, Internet, Fahrzeuge und Kommunikation - haben ihre Mitglieder aufgefordert, die Nutzung von US-Chips zu reduzieren. Der Verband der Halbleiterproduzenten erklärte dabei, US-Chipprodukte seien "nicht mehr sicher und zuverlässig".

Was bedeuten die Ausfuhrkontrollen für die USA?

Der Nationale Sicherheitsrat der USA lässt die jüngsten Maßnahmen Chinas noch prüfen. Er betont aber, wie wichtig es sei, die Zusammenarbeit mit anderen Ländern zu stärken, "um kritische Lieferketten weg von der Volksrepublik zu verlagern und Risiken zu verringern".

Zu den Produkten, deren Export in die USA von China untersagt wurde, zählen das Metall Gallium und das Halbmetall Germanium. Deren Ausfuhr unterliegt bereits seit 2023 Kontrollen. Die beiden Elemente werden in verschiedenen spezialisierten Anwendungen eingesetzt. Gallium wird vor allem für hochwertige Halbleiter, aber auch für Solarpaneele und Radargeräte benötigt, Germanium unter anderem für Glasfaseroptik und Satelliten.

Wie die US-Denkfabrik Center for Strategic and International Studies betont, sind "Gallium-basierte Halbleiter unverzichtbar für die Rüstungsindustrie der USA, insbesondere für die Raketenabwehr- und Radarsysteme der nächsten Generation, sowie für Geräte der elektronischen Kriegführung und Kommunikation".

Zahlen der wissenschaftlichen Behörde US Geological Survey aus dem Jahr 2023 zufolge produzierte China 98 Prozent des weltweiten Angebots an Rohgallium. Daten über die Gewinnung und Produktion von Germanium sind schwieriger zu beschaffen, China kontrolliert jedoch auch hier den Großteil des weltweiten Angebots.

Beide Produkte importieren die Vereinigten Staaten sowohl aus China als auch aus Kanada, Deutschland und Japan. Seitdem China im vergangenen Jahr schrittweise Einschränkungen einführte, sind die Preise auf dem Weltmarkt jedoch deutlich gestiegen.

Welche Gefahren eine Unterbrechung der Versorgung mit diesen Metallen birgt, ist nur zu gut bekannt. Im November 2024 warnte die US Geological Survey, ein vollständiges Ausfuhrverbot von Gallium und Germanium durch China könne zu einem Einbruch des US-Bruttoinlandsprodukts um 3,4 Milliarden US-Dollar (3,23 Milliarden Euro) führen.

Die Dominanz Chinas bedeutet jedoch nicht, dass die Vereinigten Staaten keine anderen Optionen hätten. Einerseits gibt es noch weitere Hersteller, andererseits ist es auch möglich, die Produktion in anderen Quellenländern zu erhöhen. Gallium wird größtenteils als Nebenprodukt bei der Aluminiumherstellung aus Bauxit gewonnen. Es mag kostspielig sein, in die Gewinnung von Gallium in den USA und anderen Ländern zu investieren, möglich aber wäre es.

Was erhofft sich China?

Dieser neueste Schlagabtausch zwischen China und den USA kommt nur wenig mehr als einen Monat, bevor der gewählte US-Präsident Donald Trump seine zweite Amtszeit antritt. Er hat angekündigt, hohe Zölle auf Importe aus China zu erheben. Bereits während seiner ersten Amtszeit hatte er einen Handelskrieg mit Peking gestartet.

Donald Trump und Xi Jinping schütteln sich auf dem G20-Gipfel 2019 die Hände
Bereitet sich China mit seinen Ausfuhrkontrollen auf die zweite Amtszeit von Donald Trump vor? Trump 2019 mit Chinas Präsident Xi Jinping Bild: Brendan Smialowski/AFP/Getty Images

Auch wenn mögliche künftige Verhandlungen mit Trump zu den Entscheidungen Chinas beigetragen haben dürften - Reade ist überzeugt, es handele sich um einen breiteren Trend, unabhängig davon, wer Präsident sei. Die Entscheidung Chinas weise darauf hin, dass Peking selbstbewusster werde in seinen Bemühungen, sich aus der Abhängigkeit vom Westen zu befreien.

"Es ist ein weiterer Schritt auf einem Weg, auf dem China hofft, unbeschadet zu bleiben", meint Reade. "Dem Rest der Welt soll die Botschaft gesendet werden, dass China nicht bereit ist, untätig zuzusehen, wenn seine wirtschaftliche Entwicklung beeinträchtigt oder die nationale Sicherheit bedroht werden. Und beide Begriffe werden von China sehr weit gefasst."

Adaptiert aus dem Englischen von Phoenix Hanzo.