Was bringt die Forschung im All?
10. November 2014Schwebende Metalle
Besonders stolz war Alexander Gerst auf die Installation eines Geräts, das mit Hilfe von Elektromagneten Metalle fixiert, und sie dann unter enormer Hitze schmilzt und im Anschluss schockfrostet: Der elektromagnetische Levitator - kurz EML. Das Gerät wurde in Deutschland gebaut und entwickelt, Gerst war mit der Montage beauftragt. Das Experiment soll die Forschung an neuen Metalllegierungen fortsetzen, die bereits auf der ISS stattgefunden hat. Mit den Ergebnissen könnten beispielsweise neuartige Turbinen hergestellt werden. Schon jetzt verdanken wir viele Materialien, die zum Beispiel in unseren Smartphones verbaut sind, der Forschung auf der internationalen Raumstation. Bei der Montage auf der ISS gab es Komplikationen, Gerst musste mit Rasierschaum und Feile aushelfen. Trotz der enormen Temperaturen von bis zu 2000 Grad bestünde aber keine Gefahr für die ISS, sagt Andreas Meyer, Direktor des Instituts für Materialphysik im Weltraum beim DLR: "Erstens ist die Probe klein, also die Menge lässt schon keine großen Probleme erwarten. Selbst wenn es Probleme mit der Probe gibt, fährt diese in einen Käfig und würde dort in der Regel erstarren." Für die Funktion des Geräts ist die Schwerelosigkeit entscheidend. "Das Prinzip kennen Sie auch von einer Magnetschwebebahn. Aber die Kräfte die wir jetzt induzieren sind so groß, dass die Probe auf der Erde sehr stark deformiert würde", erklärt Meyer. Anfang Dezember werden die ersten Experimente mit dem Levitator gestartet. Zum Einstieg seien dies aber einfache Tests, die sich mit Glasbildung beschäftigten, so Meyer.
Medikamententests für die Krebsforschung
Alexander Gerst hat unter anderem ein Medikament getestet, dessen Wirkung gegen Diabetes bereits bestätigt ist. Forscher gehen davon aus, dass es die Entwicklung von Krebszellen unterbinden kann. Die Wirkung überprüfte Gerst an Hefezellen. In der Schwerelosigkeit funktioniert der Transport von Medikamenten in Hefezellen ähnlich wie im menschlichen Körper. Die Hefe wird generell als Ersatzstoff für Versuche am Menschen genutzt. Die Tests mit Hefezellen beschrieb Gerst am Mittwoch (19.11.2014) als einer der leichteren Versuchsaufbauten. Einmal installiert, liefe das Experiment von selbst - die Hefezellen erledigten sozusagen den Rest.
Forschung, die unter die Haut geht
Die Belastung im Weltall sorgt für eine schnellere Alterung menschlicher Zellen. Im Auftrag der ESA untersuchte Gerst zusammen mit seinem amerikanischen Kollegen Wiseman daher die eigene Haut. Sie sammelten Werte über Elastizität, Struktur, sowie Sauerstoff- und Flüssigkeitsversorgung. Derselbe Forschungsaufbau auf der Erde würde Jahrzehnte in Anspruch nehmen. Aber keine Sorge, die Astronauten kommen nicht vergreist zurück zur Erde: Der Körper erholt sich unter Einfluss der Schwerkraft relativ schnell wieder. Allgemein ist der Mensch selbst beliebtes Versuchsobjekt im All. Lars Karlsson vom Karolinska Institutet in Stockholm interessieren zum Beispiel Alexander Gersts Knochen. "Im Weltraum degeneriert das menschliche Skelett zehnmal schneller als auf der Erde. Die Schwerelosigkeit ist daran Schuld. Gerade die Beinmuskulatur ist an die Schwerkraft gewöhnt", erklärt Larsson. "Bei Scans von Alexander Gersts Skelett wäre das wahrscheinlich schon sichtbar. Aber er hat auch sehr viel trainiert, um dieser Entwicklung vorzubeugen." Zum Glück sei diese Entwicklung wieder umkehrbar. Die Erkenntnisse über das menschliche Skelett sind vor allem für Patienten wichtig, die bettlägerig sind. Ganz speziell erhoffen sich die schwedischen Forscher aber Anwendungen im Bereich Osteoporose.
Die Grenzen der Raumfahrt
Seit Beginn der modernen Raumfahrt streckt der Mensch seine Fühler ins Universum. Ziel der Phantasie ist immer wieder die Besiedlung fremder Planeten, wie zum Beispiel den Mars. Dazu müssten sich Astronauten unterwegs selbst mit Lebensmitteln versorgen. Alexander Gerst pflanzte auf der ISS zusammen mit seinen Kollegen essbare Pflanzen an und untersuchte ihr Wachstum. Was brauchen sie wirklich, um zu wachsen? Die Ergebnisse sind auch wichtig für das Leben auf der Erde, wo Ressourcen immer knapper werden und die Welternährung eine zunehmende Herausforderung darstellt.
Zündeln im Namen der Wissenschaft
Viele der Experimente sind sowohl für die Erforschung des Weltraums, als auch für das Leben auf der Erde wichtig. Alexander Gerst hatte im Auftrag der NASA die scheinbar simple Aufgabe, einhundert Feststoffe zu verbrennen und anschließend zu löschen. Zum einen kann dadurch die Sicherheit in der Raumfahrt erhöht werden, indem man weiß, wie sich Feuer im Weltraum verhält und ausbreitet. Auf der anderen Seite können auch auf der Erde sicherere Materialien entwickelt werden und bessere Methoden, Brände schnell zu entdecken und zu löschen.