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Wasser für Jordanien, Solarstrom für Israel

Tania Krämer Jerusalem
24. Januar 2022

Es ist ein Tausch, von dem beide Länder profitieren: Jordanien will Israel mit Solarenergie versorgen und erhält dafür im Gegenzug entsalztes Wasser aus Israel. Die Geschichte einer außergewöhnlichen Kooperation.

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Konflikt I Israel und Jordanien I Solar Power Farm  Shadmot Mehola
Die Solarfarm Shadmot Mehola in der von Israel besetzten Westbank. In Zukunft soll Solarenergie auch aus Jordanien kommenBild: Menahem Kahana/AFP/Getty Images

Nach der bereits im November vergangenen Jahres unterzeichneten Absichtserklärung der beiden Länder würde das wasserarme Jordanien rund 600 Megawatt Solarstrom nach Israel exportieren, das im Gegenzug bis zu 200 Millionen Kubikmeter entsalztes Wasser an seinen Nachbarn liefern würde.

Medienberichten zufolge würde ein in den Vereinigten Arabischen Emiraten (VAE) ansässiges Unternehmen einen Solarpark in Jordanien bauen, einschließlich der Übertragungsleitungen, die ihn mit Israel verbinden würden - möglicherweise bis 2026. Israel betreibt bereits fünf Entsalzungsanlagen entlang seiner Mittelmeerküste und hat zwei weitere in Planung.

"Es handelt sich um eine Win-Win-Situation und ein Modell für unkonventionelles Denken in Sachen Klimasicherheit", sagte Gidon Bromberg, Mitbegründer und israelischer Direktor von EcoPeace Middle East, einer israelisch-jordanisch-palästinensischen Umwelt-NGO.

"Gesunde" Abhängigkeit

Der Organisation wird das Verdienst zugeschrieben, einen Teil der Grundlagen für die Zusammenarbeit und für einen regionaleren Ansatz zur Bewältigung der Klimakrise gelegt zu haben. Im Dezember 2020 veröffentlichte EcoPeace den "Green-Blue Deal for the Middle East", einen detaillierten Plan, der sich für grenzüberschreitende Klimasicherheit mit Schwerpunkt auf Jordanien, Israel und den palästinensischen Gebieten einsetzt.

Die jordanische Wüste stoppen

"Der Deal schafft ein neues Modell für gesunde Interdependenzen zwischen den Ländern in unserer Region", sagte Yana Abu Taleb, jordanische Direktorin von EcoPeace MiddleEast, in einer Erklärung.

Die neue israelische Regierung unter Premierminister Naftali Bennett will die Beziehungen zu Jordanien verbessern, nachdem Israel mit der Unterzeichnung des Abraham-Abkommens am 15. September 2020 bereits einen Schritt zur Normalisierung der Beziehungen zu den VAE und anderen arabischen Ländern unternommen hatte.

Jordanien grenzt an einen schmalen Abschnitt des Roten Meeres und verfügt nicht über eine lange Küstenlinie, an der eine Vielzahl von Entsalzungsanlagen gebaut werden könnten. Daher ist das Königreich seit langem auf Wasserlieferungen aus Israel angewiesen.

Taleb sieht in dem Kooperationsabkommen eine Chance, das politische Gewicht Jordaniens zu erhöhen, denn mit dem Export von Solarenergie verfüge Amman über ein Produkt "von echtem Wert".

"Jordanien könnte ein regionales Zentrum für erneuerbare Energien werden und diese an die gesamte Region verkaufen, nicht nur an Israel", sagte Taleb der DW. "Und stellen Sie sich vor, was für eine Klimasicherheit wir damit erreichen, und was für wirtschaftliche Vorteile dies dem Land bringen würde."

Flash-Galerie Weltwasserwoche 2011 Israel Entsalzungsanlage in Hadera
Bisher hat Israel die Entsalzung von Meerwasser zur Trinkwasserversorgung der eigenen Bevölkerung genutztBild: AP

Naher Osten leidet unter Klimawandel

Israel hat die Klimakrise als eine Angelegenheit der nationalen Sicherheit definiert. Laut Bromberg hat der Klimawandel bereits jetzt tiefgreifende Auswirkungen auf die gesamte Nahostregion um Israel und Jordanien.

"Die Region erwärmt sich schneller als der Rest der Welt", bestätigt Colin Price, Leiter der Porter School of Environment Studies an der Universität Tel Aviv. "In den letzten zwei Jahrzehnten haben wir eine deutliche Erwärmung im gesamten Mittelmeerraum und auch in Israel festgestellt. Unsere Sommer werden immer heißer und länger".

Der israelische Wetterdienst (IMS) prognostiziert in einem "ernsten Szenario" einen Anstieg der Durchschnittstemperatur um 4 Grad Celsius (7,2 Grad Fahrenheit) bis zum Ende dieses Jahrhunderts. Laut Price könnte die Niederschlagsmenge im Mittelmeerraum bis zum Ende des Jahrhunderts um 20 Prozent abnehmen.

Vorsichtiger Optimismus?

Auch in Jordanien hat sich die Frischwasserversorgung in den letzten Jahren zunehmend verknappt, und in der Hauptstadt Amman haben sich die Bürger daran gewöhnt, dass ihnen Wasser in ihre Dachtanks geliefert wird.

"In der gesamten Region herrscht Wasserknappheit", sagt Yana Abu Taleb. "Wir haben nur sehr begrenzte Oberflächen- und Grundwasserressourcen, und Jordanien ist unter den Ländern der Region der ärmste Staat, was das verfügbare Wasser angeht".

Konflikt I Israel und Jordanien I Solar Power Farm  Shadmot Mehola
Bei einer Demonstration am 26. November 2021 in Amman protestierten Tausende gegen den "Klimaschutzdeal" Bild: Mohamad Salaheddin/AA/picture alliance

Der gravierende Mangel ist nicht nur geographisch bedingt, sondern auch auf andere Faktoren wie Wasserbewirtschaftung und Bevölkerungswachstum zurückzuführen. Jordanien hat in den letzten Jahren fast 800.000 registrierte Flüchtlinge aus den Konflikten in den Nachbarländern aufgenommen, was die natürlichen Ressourcen zusätzlich belastet.

Im vergangenen Sommer erklärte sich Israel daraufhin bereit, seine jährlichen Lieferungen von entsalztem Wasser an das Nachbarland auf 50 Millionen Kubikmeter pro Jahr zu verdoppeln. Mit dem neuen Abkommen könnte sich diese Menge vervierfachen.

Optimismus trotz Kritik

Auch wenn das geplante Projekt in Amman Proteste gegen die von manchen als negativ empfundene "Normalisierung" mit Israel auslöste - für Bromberg überwiegen die positiven Aspekte.

"Beide Seiten kommen auf Augenhöhe zusammen, jeder hat etwas zu kaufen und etwas zu verkaufen", sagt er. Es gebe sowohl in ökologischer als auch in politischer Hinsicht "guten Grund für vorsichtigen Optimismus".

"Israel möchte als internationaler Akteur angesehen werden, als eine Art Weltmarktführer in Klimafragen", sagt der Mitbegründer von EcoPeace. "Und es muss mit der internationalen Gemeinschaft zusammenarbeiten und diese Verpflichtungen erfüllen.

Dieser Text wurde von Astrid Prange aus dem Englischen adaptiert.

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Tania Krämer DW-Korrespondentin, Autorin, Reporterin