In EU-Krisenzeiten stehen Jugendlichen im Fokus
9. Mai 2013"Die Krise ist nicht nur wirtschaftlich, sondern auch sozial. Und sie betrifft vor allem die Jugendlichen", betonte Hans-Georg Wicke bei der Eröffnung des Kongresses "Building Tomorrow's Europe". Wicke ist Leiter der Agentur "Jugend für Europa", die die Konferenz zur Jugendarbeit und Jugendpolitik in Bonn veranstaltete. Arbeitslosigkeit und Perspektiven der europäischen Jugendlichen standen im Zentrum der Diskussionen. Anlass für das Treffen war das 25-jährige Jubiläum von "Jugend für Europa", die in Deutschland die EU-Jugendprogramme umsetzt.
Die Konferenz wollte vor allem Jugendliche erreichen. Doch jünger als 30 Jahre waren die wenigsten, laut Veranstalter gerade mal jeder achte der 400 Teilnehmer. So wie die Kulturwissenschaftlerin Ewelina Jurasz. Als Vertreterin der Polnischen Nationalagentur des EU-Programms "Jugend in Aktion" nahm die 24-Jährige als Referentin an einem der 28 Workshops teil. "Solche Konferenzen sind sehr wichtig für Networking", findet Jurasz. Außerdem sei es an der Zeit zu besprechen, "was wir machen können, wenn wir in unsere Heimatländer zurückkehren". Warum allerdings nur so wenige Jugendliche an der Konferenz teilgenommen haben, kann sie im Gespräch mit der DW auch nicht erklären.
Jung und arbeitslos
Howard Williamson ist Professor für Europäische Jugendpolitik an der "University of Glamorgan" in Wales. Seit 2010 ist er außerdem Berater für die EU-Ratspräsidentschaft zu ihrem Jugendprogramm. Und genau wie viele Politiker in der EU macht sich Willliamson Sorge über die aktuelle Lage der Jugend Europas: "Die aktivsten Jugendlichen in der Gesellschaft sind normalerweise auch diejenigen, die in dem Arbeitsmarkt aktiv sind", erklärte der Wissenschaftler in Bonn. Doch die aktuelle Arbeitslosigkeit in vielen Ländern führe zu einer Teilung Europas - und könne für Unruhen sorgen.
"Fast jeder Vierte unter 25-Jährige in der Eurozone war zuletzt arbeitslos. In Griechenland und Spanien haben mehr als die Hälfte der Jugendlichen keinen Job, in Portugal und Italien sind es mehr als ein Drittel. Arbeitslosigkeit könne verheerende Folgen haben, warnte deshalb auch EU- Arbeitskommissar László Andor, als die letzten Zahlen veröffentlicht wurden, "denn junge Leute können nicht nur vom Arbeitsmarkt abgeschnitten werden, sondern auch von der gesamten Gesellschaft". Der Experte für Jugendpolitik Howard Williamson teilt diese Einschätzung.
Arbeitsmigration als Trend
Ganz anders als in den Krisenstaaten ist die Situation in Deutschland. Hier ist die Jugendarbeitslosigkeit auf den tiefsten Stand seit der Wiedervereinigung gesunken: auf acht Prozent - den tiefsten Stand in ganz Europa. Dass in diesen Zeiten viele Jugendliche ihre Heimat verlassen und ihr Glück im Ausland suchen, kann Williamson verstehen: "Warum nicht, wenn wir Europa als offenen Kontinent betrachten?" Allerdings hätten Länder wie Spanien nun das Problem, qualifizierte Infrastrukturarbeiter zu verlieren. Deshalb plädiert er für Infrastrukturprojekte in den Krisenregionen, um die Jugendlichen dort zu halten.
Auch Reet Kost, Leiterin der estnischen Nationalagentur von "Jugend in Aktion" und Referentin bei Building Tomorrow's Europe, setzt sich für nationale Lösungen ein. Vor allem müsse es darum gehen, Jugendlichen zu einer Stelle im eigenem Land zu verhelfen. Grundsätzlich seien Auslandserfahrungen zwar positiv zu bewerten, doch im Augenblick erlebten wir "wegen der Finanzkrise eher eine Zwangsmigration, das ist nicht gut für die Mentalität".
Mögliche Lösungen und Partizipation
Um Arbeitslosigkeit zu verhindern, schlägt Kost vor, noch mehr in die Ausbildung von Jugendlichen zu investieren. Doch viele EU-Länder würden sich nicht genügend um Jugendpolitik kümmern, kritisiert Jugendforscher Williamson. Zwar würde bei allen Jugendkonferenzen auf europäischer Ebene über das Problem gesprochen, doch die Debatten blieben folgenlos.
"Es gibt in Europa keinen Konsens über das, was getan werden muss. Es ist sogar schwer, innerhalb eines Landes zu einem Konsens über Jugendpolitik zu kommen."