Weinreise nach Portugal
27. Oktober 2019"Wein ist ein hartes Geschäft", sagt Lígia Santos und schenkt ihren Gästen ein Glas Weißwein ein: "Der Zyklus ist wahnsinnig lang. Wein, den wir jetzt pflanzen, verkaufen wir erst in vielen Jahren." Dazu kommen Wetterschwankungen und Pflanzenkrankheiten. Dennoch läuft es ziemlich gut für die 32-Jährige und ihre Familie: Seit 2012 betreiben sie das Weingut Quinta da Teixuga im Dão, einem renommierten Weingebiet in der Region Centro de Portugal.
Wie die meisten Bauern im Dão bewirtschaftete auch Lígias Opa mehrere kleine Weinberge für den Eigenbedarf. Heute ist die Quinta da Teixuga mit 30 Hektar Anbaufläche für Weiß- und Rotweinreben eines der größten Weingüter der Region.
Der Weißwein aus der Rebsorte "Encruzado" von 2017 hat eine blassgelbe Farbe, schmeckt leicht und fruchtig, ein wenig nach Zitronen. "Bei uns wachsen die besten Weißweintrauben Portugals", behauptet Lígia. Dem würden Winzer aus anderen Weingebieten wie Vinho Verde oder Douro widersprechen. "Wir streiten immer, woher der beste Weißwein kommt", sagt Lígia lachend: "Meistens gewinnen wir!"
Innovative Verbindung: Wein und Architektur
Durch die Reben leuchtet betongrau das 2017 errichtete Gebäude des Weingutes. Die ungewöhnliche Form ist inspiriert aus dem Familien-Logo, einem Doppelkreuz. "Caminhos Cruzados", kreuzende Wege, ist denn auch der Name, unter dem die Familie ihre Weine vermarktet.
Im Gebäude befinden sich die Produktionsstrecke, Weinkeller, Labor, Büros und ein Verkaufsladen. Verglasungen und Sichtachsen verbinden die Ebenen miteinander: eine moderne, offene Architektur, energieeffizient und an die Ansprüche der Weinherstellung angepasst. Gekostet habe das Ganze 1,2 Millionen Euro. Doch das Geschäft geht gut, sagt Lídia, ihre Weine sind auch im Ausland beliebt, in Brasilien und China zum Beispiel: "In zwei Jahren haben wir das wieder raus."
Önotourismus: Reisen für Rausch und Rebensaft
Im Weintourismus sieht das Familienunternehmen eine Chance, auch darum sollte es eine besondere Architektur sein: "Wir hatten 2000 Besucher im letzten Jahr", sagt Lígia. Die Gäste buchen Führungen, Weinproben oder den Workshop "Winzer für einen Tag". Unter Anleitung mischen sie ihr Lieblingscuvée aus verschiedenen Weinen.
Der Wein ist für viele ein Grund, nach Portugal zu reisen. Am berühmtesten ist der - zumeist rote, seltener auch weiße - Portwein, benannt nach der Hafenstadt Porto. Auch der Vinho Verde aus dem Norden Portugals hat es zu internationalem Ruf gebracht. Daneben bietet Portugal eine extreme Vielfalt an Weinen: Mehr als 500 einheimische Rebsorten wachsen hier, wobei der Rotwein überwiegt. Fast überall im Land gibt es Weinbaugebiete - und es werden immer mehr, ebenso wie die touristischen Angebote rund um den Wein, der so genannte Önotourismus.
Wer auf Weinreise in der Region Dão ist, kommt auch nach Viseu, einst zur lebenswertesten Stadt Portugals gekürt. Viseu ist ein guter Ausgangspunkt für Ausflüge in nahe gelegene Weingüter. Es gibt eine hübsche, verwinkelte Altstadt, viel Street Art und eine beeindruckende Kathedrale aus dem Mittelalter.
Warum zu gutem Wein schlecht essen?
Und seit 2018 eine Veranstaltung, auf der die Weine der Region in Szene gesetzt werden: Das "Estrela à Mesa" ist ein dreitägiges Street-Food-Fest als Teil des jährlichen Weinfestes. Das Besondere: Hier kochen Sterneköche - kleine Portionen zu kleinen Preisen. Dazu kredenzen sie regionale Weine und plaudern mit den Gästen.
Zehn hochkarätige Köche aus verschiedenen Regionen Portugals, einer aus den Niederlanden, versammelt auf dem Marktplatz der 100.000 Einwohner-Stadt: Wenn dies keine Genuss-Region ist, was dann?
Viseu und das Weingebiet Dão sind von Bergen umgeben, die vor den rauen Einflüssen des Atlantiks schützen. Regenreiche Winter, heiße Sommer und eine lange kühle Herbstzeit sind ideal für den Weinbau. In Dão gibt es 20.000 Hektar Weinberge, viele davon sind schon sehr alt, ebenso wie die zugehörigen Herren- und Landhäuser.
Einfliegen zum Abendessen
Am Rande des Dorfes Santar, 15 Kilometer von Viseu entfernt, bewirtschaftet das Unternehmen "Global Wines" 107 Hektar Weinberge, zum größeren Teil wächst hier Rotwein. Ein restauriertes Herrenhaus aus dem 17. Jahrhundert gehört zu den Ländereien; mit Ladengeschäft, Gästezimmern und dem Restaurant "Paço dos Cunhas". Dessen gehobene Küche soll den Wein zur Geltung bringen.
Das Restaurant ist bis auf den letzten Tisch besetzt. Unter den Gästen sind Touristen aus den USA, Deutschland und Spanien. "Wir nutzen den Weintourismus, um unsere Marke zu bewerben", sagt Ana Teixeira, zuständig für die Öffentlichkeitsarbeit von Global Wines. 5000 Touristen kommen im Jahr auf das Weingut nach Santar.
Zu jedem Gang des Menüs wird – natürlich – passender Wein gereicht. Der Hauptgang an diesem Abend: Kalbfleisch mit gelben Karotten und Rotweinsoße, hübsch dekoriert, ohne Schäumchen und Chichi, bodenständig und doch sehr fein.
Dazu ein Rotwein aus der historischen Traubensorte "Touriga Nacional", eine der besten der Region. "Manche Gäste kommen extra aus Lissabon hergeflogen, um gut zu essen. Und danach fliegen sie wieder zurück", erzählt Ana.
Wein nach dem Mondkalender
So luxuriös geht es auf dem Weingut von Sara Dionisio nicht zu. Sie und ihr Mann machen ökologischen und biodynamischen Wein und sind zertifizierter Demeter-Produzent. Damit sind sie die einzigen in Dão, in ganz Portugal gibt es knapp zehn. In der Region Dão produzieren sie 100.000 Flaschen Wein pro Jahr, fünf Rotweine, drei Weißweine und einen Rosé.
"Manchmal stampfen wir die Trauben noch selbst mit den Füßen - aber mehr aus Spaß", sagt Sara: "Danach habe ich wochenlang violette Füße." Natürlich kommen auch Maschinen zum Einsatz. Ansonsten ist das Motto: minimale Intervention - keine mineralischen Dünger, keine Pestizide. Stattdessen Kompost, Kuhmist und Hornspäne, Kastanienmehl statt Weinhefe zur Fermentierung. Außerdem dynamisiertes Wasser nach Prinzipien der Homöopathie zur Verbesserung des granithaltigen Bodens.
Kampf gegen die Flammen
Die Weinfelder liegen in einer Landschaft mit Pinien, Eichen und Kastanien. Und Eukalyptusbäumen. Sie sind ein Grund, warum sich die Brände, mit denen Portugal in den vergangenen Jahren schwer zu kämpfen hatte, so schnell ausbreiten können. Eukalyptus brennt wie Zunder, ätherische Öle in Holz und Blättern wirken wie Brandbeschleuniger. Doch er wächst schnell und bringt der Papierindustrie viel Geld. 2017 brannten mehrere Weinberge von Sara und ihrem Mann nieder.
Sie haben neue Reben gepflanzt. Und wenn wieder ein Feuer kommt? "Wir hoffen einfach, dass das nicht passiert. Wenn es sehr heiß ist, wässern wir die Pflanzen vorsorglich", sagt sie. "Aber viel mehr können wir nicht tun."
Glückliches Ende im Weinkeller
"Touren unter dem Motto: Wandern und Wein sind unsere Verkaufsschlager", Gästeführer Manuel Franco grinst: "Wir wandern, ich zeige den Leuten die Gegend und am Ende landen wir in einem Weinkeller." Gerade führt er eine Gruppe durch das historische Dorf Linhares da Beira.
Es liegt an der Grenze zu Spanien am Rande eines Naturparks und ist eines von 12 historischen Dörfern, die durch ein Programm der portugiesischen Regierung geschützt und erhalten werden. Die meisten hatten einst strategische Bedeutung zur Sicherung der Grenze nach Spanien.
Linhares wurde im 12. Jahrhundert gegründet, Wege der Jakobspilger führten einst hier vorbei. Es liegt auf etwa 800 Metern und ist von Streuobstwiesen und alten Weinbergen umgeben. Heute kommen vor allem Touristen, um die schiefen Häuser aus Granitstein und die imposante Festung zu bewundern. Die Sonne brennt auf das bucklige Pflaster, Mischlingshunde wuseln durch die Gassen.
Manuel Franco entlässt seine Gäste zum Mittagessen in das Restaurant "Cova da Loba". Hier gibt es regionale Gerichte, viele mit Lamm und Ziege. Und eine spektakuläre Weinkarte. Rund 200 portugiesische Weine werden in diesem Restaurant angeboten – hier oben, in einem einsam gelegenen Bergdorf mit gerade einmal 50 Einwohnern. Wer sich in die Welt des portugiesischen Weins begibt, kann in diesem Land erstaunliche Entdeckungen machen und auch an ungewöhnlichen Orten eine interessante Geschmacksvielfalt erleben.
Redaktioneller Hinweis: Der Artikel ist im Rahmen einer Pressereise entstanden.