China fast am Ziel
9. Oktober 2015Wenn China im nächsten Jahr den Vorsitz im G20-Club der mächtigsten Wirtschaftsmächte der Welt übernimmt, wird die Pekinger Regierung auch daheim glänzen wollen. Das könnte im Herbst nächsten Jahres der Fall sein: Dann nämlich dürfte die chinesische Währung Yuan - oder auch Renminbi - endgültig in den illustren Kreis der Welt-Reservewährungen aufgestiegen sein.
Beim Treffen der G20-Finanzminister am Rande der Jahrestagung des Internationalen Währungsfonds (IWF) in Lima gab es jedenfalls kaum noch Zweifel, dass die aktuell etwas schwächelnde Nummer 2 in der Weltwirtschaft auch bei den Währungen schon bald in der ersten Reihe mitspielen wird - in einer Liga mit dem US-Dollar und dem Euro. Im November könnte eine Vorentscheidung fallen, im nächsten Frühjahr der Aufstieg dann umgesetzt und nach einer mehrmonatigen Eingewöhnungsphase für die Märkte perfekt sein.
Es wäre ein prestigeträchtiger Schritt für die kommunistischen Machthaber - an dem politisch kaum noch gerüttelt werden wird. Allenfalls technische Fragen müssen noch geklärt werden. Zunächst beschließt das IWF-Führungsgremium, den Yuan/Renminbi in den Währungskorb des IWF aufzunehmen. Der ist Grundlage für die "Sonderziehungsrechte" (SZR) - einer Art Kunstwährung, in der der Fonds rechnet und Finanzhilfen auszahlt. Auch die Einlagen beim Fonds werden in SZR gehalten, die in den IWF-Mitgliedsländern zu den Devisenreserven zählen.
Auf dem Weg zum Weltfinanzmarkt
Derzeit basiert der Währungskorb - nach einer alten Formel - nur auf US-Dollar, Euro, dem japanischen Yen und dem britischen Pfund. Der SZR-Korb wird alle fünf Jahre überprüft. Weil mögliche Übergangsschwierigkeiten im Zuge einer Yuan-Aufnahme vermieden werden sollen, wurde vorsorglich beschlossen, die Ergebnisse der Überprüfung erst Anfang Oktober 2016 umzusetzen.
"China tritt ein in den Weltfinanzmarkt", sagt ein G20-Unterhändler. Das sei gleichzusetzen mit dem Beitritt zur Welthandelsorganisation (WTO). Für China gebe es viele ökonomische Vorteile, aber auch deutsche Unternehmen profitierten und mancher Finanzplatz - darunter
auch Frankfurt. IWF-Chefin Christine Lagarde hält den Schritt für überfällig. Finanzminister Wolfgang Schäuble bescheinigt den Chinesen die richtige Richtung - trotz Konjunkturflaute, Börsenturbulenzen und der jüngsten Yuan-Abwertung. Bundesbank-Präsident Jens Weidmann meinte kürzlich: "Der IWF-Währungskorb sollte im Grundsatz die weltwirtschaftlichen Kräfteverhältnisse widerspiegeln."
Im Vergleich ein kleiner Player
China ist nicht nur zweitgrößte Volkswirtschaft und Export-Weltmeister. Peking lässt seit Jahren nichts unversucht, um auch seine Währung salonfähig zu machen. Im August 2012 rangierte die Währung der Volksrepublik auf Platz 12 der globalen Zahlungsmittel. Inzwischen hat sich der Yuan nach Angaben des Zahlungsdienstleisters Swift auf Platz 4 hochgearbeitet. Im August landete der Yuan erstmals sogar knapp vor dem japanischen Yen. Im Vergleich zur US-Währung und zum Euro ist der Yuan aber immer noch ein kleiner Player: Zuletzt wurden laut Swift 2,79 Prozent der internationalen Zahlungen in Yuan abgewickelt - gegenüber 44,8 Prozent in Dollar, 27,2 Prozent in Euro sowie 8,5 Prozent mit dem britischen Pfund. Am politischen Willen mangelt es jedenfalls nicht. Die nötige 70-Prozent-Mehrheit in der IWF-Spitze gilt als sicher. Wichtig für eine Aufnahme ist aus Sicht der Bundesbank aber, dass China zweifelsfrei alle Kriterien für den Yuan/Renminbi erfüllt.
Es muss ein liquider Markt entwickelt werden - auch, um im großen Stil Finanztransaktionen im Yuan abzuwickeln. Es muss volle Konvertibilität hergestellt werden, Wechselkurse müssen sich frei am Markt bilden. Bisher gibt es zum Beispiel noch keinen Markt für kurzfristige Staatspapiere in der chinesischen Währung. Es dauert aber einige Monate, bis so ein Markt etabliert ist. Reserve-Manager müssen den Yuan in Datenbanken erfassen.
Anschließend können Zentralbanken weltweit einen größeren Teil ihrer Reserven in Yuan/Renminbi halten und dafür mehr Staatsanleihen in der chinesischen Währung kaufen. Was wiederum bedeutet, dass sich China zusätzlich verschulden und billiger refinanzieren kann. Chinesische Unternehmen können Kosten drücken. Und deutsche Firmen können seit 2014 über die Frankfurter Niederlassung der Bank of China Zahlungen in Yuan/Renminbi leichter abwickeln. Was sich auch für sie rechnet.