Wenn Politiker durch den Kakao gezogen werden
Der eine kocht vor Wut, der andere kommt gleich selbst ins TV, um sich aufs Korn zu nehmen. So unterschiedlich ihr Politikstil, so verschieden ist auch der Umgang internationaler Spitzenpolitiker mit Satire.
Angela Merkel
Auf den Höhepunkten der Schuldenkrise wurde Angela Merkel in griechischen Zeitschriften und Zeitungen häufig mit Nazi-Symbolen abgebildet. Auf dem oben dargestellten Cover zeigt das Satire-Magazin Mystiki Ellada Angela Merkel 2012 noch vergleichsweise harmlos in Wehrmachtsuniform und mit dem Pleitegeier auf der Schulter. Rechtliche Schritte erwog die Bundesregierung zu keinem Zeitpunkt.
Wladimir Putin
Die offenherzigen und kraftmeiernden Urlaubsfotos des russischen Präsidenten Wladimir Putin sind eine Steilvorlage für Satiriker aller Art. Seitdem Putin sich mit nackter Brust auf einem Pferd ablichten ließ, dient der entblößte präsidiale Torso als beliebtes Motiv – so wie hier beim Düsseldorfer Rosenmontagszug 2015.
Donald Trump
Der US-Präsidentschaftsbewerber Donald Trump ist ein beliebtes Ziel von Karikaturisten und Satirikern. Auf Kritik reagiert er schon mal empfindlich. Am Wochenende veröffentlichte der Boston Globe eine fiktive Titelgeschichte, die Trumps Vorschläge zur Einwanderungspolitik parodierte. Trump selbst beschimpfte die Zeitung daraufhin als "dumm" und "wertlos".
Kim Jong Un
Der kommunistische Machthaber Nordkoreas versteht nicht wirklich Spaß. Als 2014 die Nordkorea -Satire "The Interview" in den US-amerikanischen Kinos anlaufen sollte, kam es zu einem Hackerangriff gegen das Filmstudio Sony und zu Anschlagsdrohungen gegen US-Kinos. Nach Erkenntnissen der Geheimdienste steckte die Führung Nordkoreas hinter den Cyber-Angriffen.
George W. Bush
Der 43. Präsident der Vereinigten Staaten war wohl einer der verlässlichsten Pointenlieferanten für Komiker und Late-Night-Talker in den USA. Beliebter Topos: Die vermeintliche Abwesenheit größerer intellektueller Denkleistungen des Texaners. Zuletzt machte Bush mit seinen eigenen Malkünsten von sich reden - erneut Anlass zum Spott der Satiriker.
Jaroslaw Kaczynski
Ein Karnevalswagen im Düsseldorfer Rosenmontagszug sorgte Anfang des Jahres für diplomatische Verstimmungen zwischen Polen und Deutschland. Der Wagen zeigt Polen als misshandelte Frau unter dem Stiefel des Partei-Chefs der Nationalkonservativen, Jaroslaw Kaczynski. Der polnische Außenminister sagte, der Wagen zeige "Verachtung der Polen und der polnischen Politiker".
Benjamin Netanjahu
Der israelische Ministerpräsident wird regelmäßig in der TV-Show "Eretz Nehederet" ("Ein wundervolles Land") auf die Schippe genommen. In dieser Szene parodieren die Komiker Verhandlungen zwischen dem israelischen Staatschef und der palästinensischen Hamas. Anstoß nahm Netanjahu, auch "Bibi" genannt, nie - im Gegenteil: 2013 war er in einer Ausgabe als Star-Gast mit von der Partie.
Winston Churchill
Die Veräppelung von Spitzenpolitikern hat Tradition: Diese britische Karikatur von 1915 zeigt Winston Churchill, damals Marineminister, als verlotterten Achilles im Trojanischen Krieg. Die Zeichnung mit dem Titel "Der Kampf an den Schiffen" ist eine Anspielung auf den Seekrieg um die Dardanellen, den Churchill damals verlor.
Khomeini und Carrell
1987 kam es im deutschen Fernsehen zu einem TV-Eklat um den iranischen Revolutionsführer Ajatollah Khomeini. Der Entertainer Rudi Carrell hatte in einer Bildmontage gezeigt, wie Khomeini bei einem Staatsbesuch mit Dessous beworfen wird. Der Gag löste eine Staatskrise aus in deren Folge zwei deutsche Diplomaten aus Teheran ausgewiesen wurden.
Erdogan und Böhmermann
Ob sich das Erdogan-Gedicht von Jan Böhmermann zu einer Staatsaffäre ähnlichen Ausmaßes wie damals 1987 ausweitet, ist nicht abzusehen. Klar ist, dass politische Satire nicht zum ersten Mal zu diplomatischen Verstimmungen auf der Weltbühne geführt hat - und dass der Umgang mit Satire so unterschiedlich sein kann wie die Politikstile der Weltlenker.