Wer gewinnt die Tour de France?
Götterdämmerung bei der Tour de France: Ist Chris Froome nach seinem Doping-Freispruch noch der Top-Favorit? Die Konkurrenz wirkt bereit, es ihm schwerer denn je zu machen. Unsere Top Ten der Sieganwärter.
10. Primoz Roglic - der Umsteiger
Was haben Skispringen und Radsport gemeinsam? Nicht viel. Falsch, sagt Primoz Roglic (28), der in seinem ersten sportlichen Leben Weltcup-Skispringer war: "Kraft, Flexibilität des Körpers, Konzentration, sogar Aerodynamik - es gibt viele Gemeinsamkeiten." Von der Schanze auf die Straße, der Umstieg gelingt dem Slowenen erstaunlich schnell. Nach einem Etappensieg 2017 ist er bereit für die Top Ten.
9. Tom Dumoulin - der Zeitfahrer
Tom Dumoulin (27) ist vielleicht zur falschen Zeit geboren. Als Fahrertyp ähnelt er dem großen Miguel Indurain: Im Zeitfahren spitze, am Berg hält er mit. Dumm nur für den Niederländer, dass Zeitfahren bei Rundfahrten etwas aus der Mode gekommen sind. Und damit ist es schwerer für ihn zu siegen wie 2017 beim Giro. 2018 wird er dort Zweiter - die Doppelbelastung Giro-Tour könnte zu viel sein.
8. Vincenzo Nibali - der Vielseitige
Der "Hai von Messina" ist immer noch gefährlich. Das sieht die Radsportwelt, als dem Italiener im März das Kunststück gelingt, Mailand-Sanremo als Solist zu gewinnen. Aber ist Vincenzo Nibali bei Rundfahrten noch der Alte? Der Tour-Sieger von 2014 ist inzwischen 33 Jahre alt und fährt in der Vorbereitung hinterher. Alles nur Timing oder ist der Hai nicht mehr so bissig wie früher?
7. Rigoberto Uran - der ewige Zweite
Daheim in Kolumbien ist Rigoberto Uran ein Star. Er könnte aber ein Held sein. Wenn die Dinge etwas anders gelaufen wären. Denn Uran (31) wird bei der Tour 2017, beim Giro 2013 und 2014 sowie bei den Olympischen Spielen 2012 jeweils Zweiter - im Radsport der erste Verlierer. Sein finales Vorbereitungsrennen zur Tour, die Slowenien-Tour, beendet Uran übrigens - richtig - als Zweiter.
6. Adam Yates - der Zwilling
Die Yates-Brüder sind nah dran am großen Coup: Simon fährt beim Giro lange unantastbar in Rosa, ehe er doch einbricht. Und Zwillingsbruder Adam (25) ist Tour-Vierter von 2016. Beim Critérium du Dauphiné präsentiert er sich stark und scheint gereift. "2018 ist das erste Jahr, in dem er realistisch um den Tour-Sieg fahren kann", sagt Teammanager Shayne Bannan. Prognose: Fast, aber noch nicht ganz.
5. Romain Bardet - der Hoffnungsträger
Seit nunmehr 33 Jahren hoffen die Franzosen auf einen heimischen Sieger. Generationen von französischen Rennfahrern scheiterten am Erwartungsdruck. Auch Romain Bardet? "Nein, das ist für mich eine Herausforderung", gibt sich der 27-jährige Franzose mit BWL-Abschluss selbstbewusst. Zweiter (2016) und Dritter (2017) war er bereits. Für Platz 1 fehlt ihm immer noch etwas: Zeitfahr-Qualität.
4. Nairo Quintana - der Stille
Wenn man ihm seine Ruhe lässt, blüht Nairo Quintana (28) auf. Medienrummel und Erfolgsdruck mag der stille Kolumbianer nicht. Dabei feiern ihn seine sportbegeisterten Landsleute bei jedem Rennen, wo er auftaucht. Im Vorjahr noch geschlaucht vom Double Giro-Tour, nun mit deutlich weniger Renntagen zur Tour. Wieder Podiumsanwärter - aber einer seiner stärksten Gegner kommt aus dem eigenen Team.
3. Mikel Landa - der Newcomer
Im Vorjahr noch als Helfer von Chris Froome Vierter, in diesem Jahr einer dessen härtester Gegner: Mikel Landa (28) fährt nun für das Movistar-Team und soll gemeinsam mit Alejandro Valverde und Nairo Quintana Froome in die Zange nehmen. Als Trio könnte es tatsächlich klappen. Die Hackordnung scheint indes unklar. Der Spanier Landa ist stark, muss die Rolle des Kapitäns aber noch lernen.
2. Richie Porte - der Pechvogel
Mit einer Traumform erscheint Richie Porte 2017 am Start der Tour, doch die kurvige Abfahrt vom Mont du Chat macht alles zunichte. Porte stürzt, muss aufgeben (Bild). So ein Pech soll ihm nicht noch einmal widerfahren, hat er sich geschworen. Der Australier ist nämlich 33 - seine letzte Chance. 2018 kommt er wieder in Topform (Sieg bei der Tour de Suisse), erneut ist er Froomes stärkster Gegner.
1. Chris Froome – der Verdächtige
Das Ansehen von Chris Froome ist ebenso ramponiert wie sein Dress beim Giro-Zeitfahren in Jerusalem (Froome stürzte). Mit Pfiffen begrüßt ihn das Tour-Publikum, das ihm seine Unschuldsbeteuerungen in der Salbutamol-Affäre nicht glaubt. Freigesprochen ist Froome, Zweifel bleiben. Sportlich überragt Froome nicht mehr, vor allem sein Team macht den Unterschied. Prognose: Knapper Sieg und Pfiffe.