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Spurensuche

25. Mai 2009

Die Bauern klagen über zu niedrige Milchpreise. Doch wer ist schuld? Sind es die Molkereien, die Discounter oder die Politiker? Eine Spurensuche.

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Eine Kundin vor einem Kühlregal bei Aldi (Foto: DW)
In Deutschland wird mehr Milch produziert als konsumiertBild: DW/Victor Weitz

Knapp 100.000 Milchbauern gibt es in Deutschland - und die melken täglich gut vier Millionen Kühe. Heraus kommen dabei pro Jahr mehr als 28 Millionen Tonnen Rohmilch. Diese Milch wird von gerade einmal 100 Molkereien eingekauft und verarbeitet. 44 Prozent der verarbeiteten Milch gehen in den Export, 40 Prozent landen in Form von Konsummilch, Butter, Sahne, Joghurt und Käse beim Einzelhandel, 16 Prozent gehen an die weiterverarbeitende Industrie und Großverbraucher. Aber wer bestimmt den Preis, den der Bauer für einen Liter Milch bekommt?

Die bösen Discounter wie Aldi, Lidl und Co., sagen die einen. Denn die hätten eine enorme Nachfragemacht gegenüber den rund 100 Molkereien in Deutschland. So können sie die Preise nach unten drücken, mit dem Ergebnis, dass die Molkereien dem Milchbauern nicht mehr - wie im vergangenen Jahr - 34 Cent pro Liter Rohmilch zahlen können, sondern nur noch rund 20 Cent. Ein Preis, der unter den Erzeugerkosten liegt. Wenn sich daran nichts ändert, werden in den nächsten Jahren 20 bis 30 Prozent der deutschen Milchbauern aufgeben müssen, sagen Experten.

Preiskrieg

Eine Palette mit fettarmen H-Milch-Tüten bei Aldi (Foto: DW)
Die billigste Milch gibt's bei Aldi, Lidl und Co.Bild: DW/Victor Weitz

Tatsächlich haben die Discounter seit Anfang Mai den Preis pro Liter Milch um sieben auf jetzt 48 Cent gesenkt, und der Lebensmittel- Einzelhandel musste mitziehen. Doch das ist nur ein Teil der Wahrheit. "Schuld an den niedrigen Preisen ist nicht etwa der Handel, sondern die Überproduktion seitens der Erzeuger", sagt zum Beispiel Hubertus Pellengahr, Sprecher des Hauptverbands des Deutschen Einzelhandels. Denn: "In Deutschland sind 15 bis 18 Prozent zu viel Milch auf dem Markt." Und der Bundesverband Deutscher Milchviehhalter BDM stößt ins gleiche Horn: "Scheinheilige Gefechte gegen den Handel zu führen geht an der eigentlichen Problemlösung vorbei". Der Handel verhalte sich "rein marktwirtschaftlich", sagt der BDM. Und das heißt: Er nutzt die Überproduktion aus, um niedrigere Einkaufspreise durchzusetzen. Eine Überproduktion, die der Handel weder verursacht noch zu verantworten hat.

Überproduktion

Und wer ist an der Überproduktion schuld? Bei dieser Frage kommt die Europäische Union ins Spiel. Die versucht seit 25 Jahren, den Milchpreis mit einer Erzeugerquote zu regulieren. Jeder Erzeuger darf nur eine bestimmte Milchmenge abliefern. In früheren Zeiten der Überproduktion wurden so genannte Interventionsbestände aufgebaut, um die Preise konstant zu halten. Noch vor sechs Jahren lagerten in den EU-Beständen fast 200.000 Tonnen Magermilchpulver und über 220.000 Tonnen Butter. Doch inzwischen sind diese Milchseen und Butterberge abgebaut, und die Welt könnte eigentlich in Ordnung sein.

Doch im April des vergangenen Jahres genehmigte die EU-Kommission den Milchbauern eine höhere Erzeugerquote. Seitdem wird mehr produziert als früher. Gleichzeitig ist der Milchkonsum der Deutschen gesunken. Die Folge: Es schwappt mehr Milch auf den Markt, als verkauft werden kann, die Preise sinken, und viele Bauern sehen sich in ihrer Existenz bedroht.

Autor: Rolf Wenkel

Redaktion: Monika Lohmüller

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