Wer kennt eSwatini?
5. September 2018Swasiland oder eSwatini? Lucky Lukhele muss lachen: "Ganz ehrlich: Den Begriff 'eSwatini' haben die Menschen bei uns schon immer benutzt", erzählt er glucksend im DW-Interview. Den Oppositionsaktivisten bringt in Rage, wie das bisherige Swasiland zu seinem neuen alten Namen kam. "Vor so einer Entscheidung muss man das Volk befragen, ein Referendum abhalten. Bei uns wacht der König aber einfach mal auf und entscheidet, das Land umzubenennen. So benehmen sich Diktatoren", schimpft Lukhele.
Ganz so einfach war es nicht: Diskussionen über die Rückkehr zum alten Namen gab es schon seit einigen Jahren. Trotzdem überraschte König Mswati III. im April seine Untertanen, als er die Umbenennung verkündete. Der Monarch feierte damals seinen 50. Geburtstag - und das 50. Unabhängigkeitsjubiläum gleich mit, obwohl der eigentlich Jahrestag erst am 6. September ist. "Swasiland wird nun zu seinem ursprünglichen Namen zurückkehren", sagte er bei den Feierlichkeiten im prall gefüllten Stadion der Hauptstadt Mbabane. Swasiland ist dagegen ein Kunstwort aus der früheren Kolonialsprache Englisch und der Landessprache Swati.
Mit der Umbenennung wolle er ein Relikt der Kolonialzeit beseitigen, sagte Mswati. Auch andere afrikanische Länder haben sich umbenannt - entweder, um Kolonialnamen zu tilgen, oder weil die jeweiligen Machthaber eine neue Ära einleiten wollten. Aus Rhodesien wurde mit der Unabhängigkeit 1980 Simbabwe, vier Jahre später nannte sich Obervolta in Burkina Faso um. Auch in eSwatini finden viele die Rückkehr zum alten Namen ganz in Ordnung. "Unsere Vorfahren haben dieses Land schließlich so genannt", sagt Mduduzi Gina vom lokalen Gewerkschaftsbund. "Aus unserer Sicht hätte dazu aber die Verfassung ergänzt werden müssen", so Gina zur DW.
Vor dem wirtschaftlichen Kollaps
Das Staatsoberhaupt sieht das anders. "Der König hat nur den offiziellen Staatsnamen wieder eingeführt, dafür musste er sich nicht beraten", ließ er seinen Regierungssprecher mitteilen. Kritiker überrascht das Vorgehen nicht. Mswati III. ist Afrikas letzter absoluter Monarch. Menschenrechtsorganisation kritisieren seine Herrschaft seit Jahren: Oppositionsparteien sind verboten, Kritiker verschwinden schon mal hinter Gittern, die Pressefreiheit ist eingeschränkt. Und: "Die Umbenennung kostet eine Menge Geld - und das, während unser Land in der Krise steckt", schimpft Oppositionsaktivist Lukhele.
Das bettelarme Königreich ist für traurige Rekorde bekannt: Zwei Drittel der der 1,4 Millionen Einwohner leben in Armut, die Lebenserwartung liegt bei gerade mal 56 Jahren. Lukhele: "Wir stehen kurz vor dem Kollaps. In unseren Krankenhäusern fehlen selbst essenzielle Medikamente gegen HIV, Tuberkulose oder Diabetes. Die Lehrer und die Krankenschwestern demonstrieren, weil sie keine Gehaltserhöhungen mehr kriegen."
Die Namensänderung hat ihren Preis: Behörden müssen umbenannt, Briefbögen und Schilder ersetzt, Personalausweise und Reisepässe ausgetauscht werden. Wie viel der klamme Staat dafür ausgeben muss, ist nicht bekannt - eine Interviewanfrage an das Büro des Regierungssprechers blieb unbeantwortet. "Selbst Firmen sollen ihren Namen ändern, falls darin Swasiland auftaucht", sagt Gewerkschafter Gina. Die Regierung versucht solche Ängste zu zerstreuen: "Die Namensänderung wird nicht über Nacht umgesetzt", sagte Innenministerin Tsandzile Dlamini laut Südafrikas öffentlich-rechtlichem Rundfunk SABC. "Briefbögen und Pässe werden erst ausgetauscht, wenn die vorhandenen Vorräte erschöpft sind".
Klage vor Gericht
Bei den Vereinten Nationen firmiert das Land bereits unter neuem Namen, auch das deutsche Auswärtige Amt führt es unter Eswatini. Die offizielle Homepage der Regierung eSwatinis ist aktualisiert, viele Behörden hinken dagegen hinterher: Die nationale Fluglinie heißt noch "Swaziland Airlink", der Zoll firmiert weiter unter alten Namen. Auch die Landeskennung im Internet lautet weiter "sz".
Währenddessen muss sich der oberste Gerichtshof des Landes mit einem Einspruch gegen die Namensänderung befassen. Der prominente Menschenrechtsanwalt Thalane Maseko hatte ihn Anfang Juli eingereicht. Oppositionsaktivist Lukhele ist froh darüber: "Was er getan hat, war sehr tapfer. Wir erwarten aber nicht viel vom Gericht, weil der König auch die Justiz kontrolliert. Aber die Geschichte wird ihm trotzdem dafür danken."