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Werkverträge in der Kritik

Stephanie Höppner27. Juli 2013

Ein tödlicher Brand im norddeutschen Papenburg hat die Diskussion um Werkverträge wieder angeheizt. Erste Besserung soll ein neuer Tarifvertrag schaffen.

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Das neue Kreuzfahrtschiff "AIDAdiva" laeuft im Hafen von Hamburg ein. (Foto: ddp images/AP Photo/Patrick Lux)
Bild: AP

Acht Monate war der rumänische Arbeiter in einem deutschen Schlachtbetrieb tätig - dann wurde er entlassen. Der vermutliche Grund: Der Mann, der seinen Namen nicht nennen möchte, hatte seiner Schwester einen Job im gleichen Betrieb besorgt, an einer sonst üblichen Vermittlungsfirma vorbei. Er wollte ihr so die 800 Euro Vermittlungsgebühren ersparen. Kurze Zeit später bekam er ein Schriftstück vorgelegt – auf Deutsch. Ohne zu wissen, was dort zu lesen war, unterschrieb er und erfuhr erst hinterher, dass es sich um seine eigene Kündigung handelte.

Der Mann gehört zu den Arbeitern, mit denen sich Szabolcs Sepsi von einer Beratungsstelle des Deutschen Gewerkschaftsbundes (DGB) beschäftigt. Er sei kein Einzelfall. "Dabei sagen wir den Leuten immer, dass sie nichts unterschreiben dürfen, was sie nicht verstehen", sagt Sepsi im DW-Gespräch. Der rumänische Arbeiter war im Rahmen eines Werkvertrages angestellt.

Seitdem die Gewerkschaften im Frühjahr 2012 eine höhere Bezahlung von Leiharbeitern durchsetzen konnten, weichen immer mehr Unternehmen auf diese Vertragsform aus. Mittlerweile finden sich die Arbeiter mit Werkverträgen in nahezu allen Branchen – vom Einzelhandel über die Automobilindustrie bis hin zum Maschinenbau. Neben ausländischen Arbeitskräften werden auch Deutsche so beschäftigt.

Gefahr des Dumpings

Bei einem Werkvertrag wird primär nach Leistung und nicht nach Stunden bezahlt. Daran sei grundsätzlich nichts auszusetzen, sagte Christian Brunkhorst, Ressortleiter "Betriebs- und Branchenpolitik" von der Gewerkschaft IG Metall. "Das Problem ist, dass Unternehmen im immer stärkeren Maße Werkverträge nutzen, um Arbeitsbedingungen zu verschlechtern, um Arbeitnehmerrechte außer Kraft zu setzen und um Dumping zu betreiben."

Abtransport von Schweinehaelften. (Foto: picture alliance / Fotoagentur Kunz )
Auch die deutschen Schlachthöfe mit ihren Billiglöhnen sorgten für Negativ-SchlagzeilenBild: picture alliance / Fotoagentur Kunz

So beauftragen zum Beispiel Unternehmen Subunternehmen, die pro Werk – also zum Beispiel pro aufgefülltem Regal – bezahlt werden. Die Subunternehmen umgehen dann häufig Tarifverträge, die einen bestimmten Lohn für die Arbeiter vorsehen. Die Arbeiter bekommen auf diese Weise weniger Geld als wenn sie direkt beim beauftragenden Unternehmen angestellt wären. Auch die Arbeitssicherheit werde bei diesen Verträgen zum Teil umgangen, indem zum Beispiel im Einzelhandel moderne Hebehilfen für das Befüllen von Regalen nicht zur Verfügung gestellt würden, sagt Brunkhorst.

Werkverträge stehen deshalb schon seit längerem in der Kritik. Vor allem die Verhältnisse in der Schlachtindustrie werden angeprangert. "Dort ist eine ganze Branche gekippt", sagte Brunkhorst. Richtig verschärft hatte sich die Debatte jedoch vor knapp zwei Wochen. Der trauriger Grund: Bei einem Brand im norddeutschen Papenburg starben zwei rumänische Arbeiter im Alter von 32 und 45 Jahren. Sie waren für ein Subunternehmen der Meyer Werft tätig, die mit mehr als 2500 Arbeitern Kreuzfahrtschiffe baut. Laut Medienberichten der "Süddeutschen Zeitung" hatte einer der Männer einen Stundenlohn von 3,80 Euro erhalten.

In die falsche Ecke gestellt

Einige Tage später präsentierte die Werft eine Sozialcharta. Diese Selbstverpflichtung wendet sich gegen Lohndumping, Diskriminierung und Kinderarbeit und befürwortet einen Mindestlohn von 8,50 Euro."Wir wollen nicht in eine Ecke gerückt werden, in die wir nicht gehören", sagte Geschäftsführer Bernard Meyer.

Bis September soll zudem erstmals ein Tarifvertrag abgeschlossen werden, der die Arbeitsbedingungen von Menschen regelt, die nur einen Werkvertrag haben. Darüber hinaus sollen die Kontroll- und Mitwirkungsrechte des Betriebsrats bei Werkverträgen gestärkt werden. Konkret könnte das bedeuten, dass der Betriebsrat künftig Widerspruch einlegen kann, wenn das Unternehmen Arbeiten über Werkverträge vergeben will.

Tarifvertrag überflüssig

Ob dieser Tarifvertrag eine Signalwirkung für andere Unternehmen hat, sei ungewiss, sagte Roland Wolf, Arbeitsrechtsexperte bei der Bundesvereinigung der Deutschen Arbeitgeberverbände (BDA) im DW-Gespräch. "Ein solcher Tarifvertrag ist aufgrund der ausreichenden gesetzlichen und tariflichen Bestimmungen in jedem Fall überflüssig." Denn für die Werkvertragsnehmer gelte das gesamte deutsche Arbeitsrecht, sobald sie bei einem deutschen Arbeitgeber angestellt seien. Wichtig sei, die bestehenden Regelungen konsequent anzuwenden und zu kontrollieren, zum Beispiel auch durch die Bundesagentur für Arbeit.

Roland Wolf ist Leiter der Abteilung Arbeits- und Tarifrecht der Bundesvereinigung der Deutschen Arbeitgeberverbände (BDA). (Foto: BDA)
"Tarifvertrag ist unnötig": Arbeitgebervertreter Roland WolfBild: BDA