Streit um Rüstungsgeschäfte mit Russland
23. Juli 2014Durch die Ukraine-Krise ist ein bereits 2011 vereinbartes französisch-russisches Rüstungsgeschäft in Milliardenhöhe in Verruf geraten, vor allem angesichts möglicher weiterer westlicher Sanktionen gegen Russland. Die damalige Regierung in Paris verpflichtete sich, für Russland zwei Kriegsschiffe der sogenannten Mistral-Klasse zu liefern. Sie sind dazu ausgelegt, je 16 Hubschrauber, 13 Panzer, etwa hundert Fahrzeuge und 450 Soldaten zu einem Einsatzort zu bringen.
Kritik aus USA
Bereits damals rümpften die USA und einige andere NATO-Partner die Nase. Drei Jahre später ist daraus offene Kritik geworden. Der Rüstungsdeal sei "vollkommen unangemessen", sagte eine Sprecherin des US-Außenministeriums in Washington. "Wir denken, dass niemand Russland mit Waffen versorgen sollte." Auch das Weiße Haus zeigte sich verstimmt. Der Zeitpunkt für das Waffengeschäft sei "suboptimal", erklärte der Sprecher von Präsident Barack Obama, Josh Earnest.
Ähnlich hatte sich der britische Premierminister David Cameron geäußert. Nach dem mutmaßlichen Abschuss des malaysischen Verkehrsflugzeugs über der Ostukraine sollte kein EU-Staat mehr Rüstungsgüter an Russland verkaufen, sagte Cameron und fuhr mit Blick auf Frankreich fort, für sein Land wäre es undenkbar, einen solchen Vertrag zu erfüllen.
"Oligarchen in London"
Frankreichs Außenminister Laurent Fabius konterte: "Ich habe meinen lieben britischen Freunden gesagt, lasst uns mal über den Finanzsektor sprechen". In London gebe es einige russische Oligarchen. sagte der sozialistische Politiker im französischen Fernsehen. Auf die Frage, ob das bedeute, dass Großbritannien sich zuerst um seine eigenen Angelegenheiten kümmern solle, sagte Fabius: "Exakt."
Frankreichs Präsident François Hollande hatte bereits zuvor deutlich gemacht, dass sein Land an dem Vertrag festhalten werde. Im Fall einer Nichterfüllung der Vereinbarung müsse Paris 1,1 Milliarden Euro an Moskau zurückzahlen, so Hollande. Das erste Schiff werde im Oktober ausgeliefert.
Cameron fiel währenddessen das eigene Parlament in den Rücken: Ein Ausschuss des Unterhauses teilte mit, dass Großbritannien weiter Waffen und militärische Ausrüstung nach Russland liefere. Mehr als 250 Lizenzen für den Verkauf von Gütern nach Russland, die der Ausfuhrkontrolle unterliegen, seien noch gültig. Unter anderem dürften an Moskau weiterhin Scharfschützengewehre, Nachtsichtgeräte, Munition für Kleinwaffen, Panzerwesten und Kommunikationsausrüstung geliefert werden.
Nur Neuverträge betroffen
Neue Brisanz erhalten diese Geschäfte durch die Aufforderung der EU-Außenminister an die Kommission, Vorschläge für weitere Sanktionen gegen Russland zu machen. Dabei sollen auch Einschränkungen von Rüstungsexporten und der Ausfuhr von Hochtechnologie für den Energiebereich geprüft werden. Der deutsche Außenminister Frank-Walter Steinmeier sagte in Brüssel, Russland müsse "mehr als bisher" für eine Deeskalation der Lage in der Ukraine tun. Mögliche Sanktionen im Rüstungsbereich würden wohl nur künftige Verträge betreffen, fügte Steinmeier hinzu. Frankreich und Großbritannien wären damit aus dem Schneider.
wl/qu (dpa, afp, rtr)