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Widerstand aus Khartum gegen eine UN-Mission

Bernd Riegert, Brüssel8. März 2006

In einer ganzen Serie von Treffen versuchte der EU-Außenbeauftragte Solana einen Ausweg aus der Krise um die sudanesische Region Darfur zu finden. Die Regierung in Khartum lehnt eine UN-geführte Mission jedoch ab.

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Unsicherheit im SudanBild: picture-alliance/dpa report

Der sudanesische Vizepräsident Ali Osman Mohamed Taha, der stellvertretende US-Außenminister Bob Zoellick, der Präsident der Afrikanischen Union Alpha Oumar Konaré und Hedi Annabi, stellvertretender UN-Generalsekretär, waren am Mittwoch (8.3.2006) nach Brüssel gereist. Die Europäische Union und die USA wollen den Sudan dazu bewegen, eine bewaffnete Friedensmission der Vereinten Nationen in der Darfur-Region zuzulassen, was die sudanesische Regierung bislang strikt ablehnt.

Zwei bis drei Millionen Flüchtlinge aus Darfur

Flüchtlingslager in Darfur
Flüchtlinsgslager in DarfurBild: dpa

Die Gespräche mit dem sudanesischen Vizepräsidenten Taha gestalteten sich erwartungsgemäß schwierig: Die Regierung in Khartum bestreitet, dass es in der Darfur-Region überhaupt Vertreibungen und Gewalt von muslimischen Milizen gegen schwarz-afrikanische Zivilisten gibt. Nach Ansicht der westlichen Staaten und der Vereinten Nationen (UN) sind in den vergangenen drei Jahren aber zwei bis zu drei Millionen Menschen aus Darfur geflohen. Hunderttausende sollen nach Schätzungen getötet worden sein.

Der EU-Beauftragte für Außenpolitik, Javier Solana, sagte nach den Gesprächen: "Wir sind uns alle einig, dass die Situation nicht so bleiben kann, wie sie ist. Wir müssen die Afrikanische Union tatkräftig unterstützen. Es ist wahr, dass manchmal die Zusagen an die Afrikanische Union nicht eingehalten wurden. Wir haben uns erneut verpflichtet."

AU-Mission durch UN-Mission ersetzen

Die Afrikanische Union (AU), ein loser Staatenbund afrikanischer Staaten, unterhält in Darfur eine Militärmission mit 7.000 Soldaten, die die Lage beobachten, aber nicht aktiv eingreifen können. Die Europäische Union unterstützt diese Truppe mit Geld und logistischer Unterstützung, hat aber keine eigenen Soldaten vor Ort.

Die Vereinten Nationen, die USA und die Europäer drängen jetzt darauf, die Friedenstruppe der Afrikanischen Union in dem riesigen Gebiet durch eine größere, besser bewaffnete Mission unter der Flagge der Vereinten Nationen zu ersetzen. Dies lehnt die Zentralregierung des Sudan bislang strikt ab. Zugeständnisse hat Vizepräsident Taha in dieser Frage in Brüssel offenbar nicht gemacht.

Parallel zu den Verhandlungen in Brüssel demonstrierten Tausende Menschen in Khartum und verlangten den Abzug aller Ausländer. Sudanesische Soldaten zogen mit dem Schlachtruf "Heiliger Krieg, Sieg und Märtyrertum!" durch die Straßen der Hauptstadt.

Sicherheitsausschuss der AU will entscheiden

Die USA werfen der sudanesischen Regierung Völkermord in Darfur vor. Der stellvertretende Außenminister Bob Zoellick sagte in Brüssel, das Problem könne keine Seite alleine lösen. Die Truppen der Afrikanischen Union sollten zentraler Bestandteil einer neuen UN-Mission bleiben.

Die Afrikanische Union hatte die Umwandlung des Darfur-Unternehmens in eine Operation der Vereinten Nation ursprünglich unterstützt, zögert nun aber angesichts des massiven Widerstands aus Sudan. Am Freitag (10.3.) will der Sicherheitsausschuss der AU über ihren weiteren Kurs bei einer Tagung in Addis Abeba entscheiden.

Der Vorsitzende der Afrikanischen Union Alpha Oumar Konaré sagte, man sei im Prinzip einer Partnerschaft mit den Vereinten Nationen in der Sudan-Frage nicht abgeneigt: "Wir haben die Absicht, einen Fahrplan für eine Lösung des Konflikts zu erarbeiten. Anhand dieses Plans wollen wir dann Schritt für Schritt vorgehen. Ich bin sicher, dass wir zusammen mit den Vereinten Nationen einen Weg finden, der sowohl die Afrikanische Union als auch den Sudan respektiert."

Keine Klarheit im UN-Sicherheitsrat

Auf Seiten der Vereinten Nation herrscht ebenfalls noch keine Klarheit. Der Weltsicherheitsrat konnte sich erst kürzlich nicht auf Sanktionen gegen führende sudanesische Politiker einigen. Russland, China und das nicht-ständige Sicherheitsrats-Mitglied Katar lehnten solche Maßnahmen ab. Fraglich ist, ob UN-Generalsekretär Kofi Annan für eine Resolution zur Einrichtung einer Blauhelmtruppe eine Mehrheit bekäme.

Die Lage in Darfur und im Grenzbiet zum westlichen Nachbarstaat Tschad spitzt sich weiter zu, teilte das Flüchtlingshilfswerk der Vereinten Nationen mit. Mittlerweile sind rund 200.000 Menschen aus dem Tschad in den Sudan zurückgekehrt, weil tschadische Rebellen sich Kämpfe mit der dortigen Regierung liefern.

"Wir haben diese Zeit nicht"

Der UN-Gesandte für den Sudan, Jan Bronk, warnte Anfang März in New York davor, die Krisenprovinz Darfur gar mit einer NATO-geführten UN-Mission befrieden zu wollen. Das wäre ein sicheres Rezept für ein Desaster gegen "westliche Besatzer". In amerikanischen Regierungskreisen waren solche Überlegungen laut geworden.

Es wird nach Einschätzung von EU-Diplomaten noch einige Monate dauern, bis eine politische Lösung gefunden sein wird. "Doch bedenken Sie", sagte ein Diplomat, "eigentlich haben wir diese Zeit nicht, denn täglich sterben Menschen in Darfur."