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Kuscheligere Zeiten?

Christina Bergmann, Washington DC17. Oktober 2008

Egal, ob der Republikaner John McCain oder der Demokrat Barack Obama Präsident wird: Er muss unter anderem das Verhältnis zu den Europäern wieder normalisieren. Was die Europäer erwarten – und was sie erwartet.

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Barack Obama bei seiner Rede im Juli in Berlin, Quelle: AP
Barack Obama bei seiner Rede im Juli in BerlinBild: AP
Margot Wallström, Quelle: AP
Margot WallströmBild: picture-alliance/dpa

"Meine erster Rat an den neuen Präsidenten: Arbeiten Sie mit uns", sagt Margot Wallström. "Denn bereits jetzt ist der ökonomische Wert unserer Beziehungen groß. Mit vier Billionen Dollar im Jahr ist die EU der größte Investor in 45 Bundesstaaten in den USA. 40 Millionen Arbeitsplätze auf beiden Seiten des Atlantiks hängen davon ab." Die Vizepräsidentin der EU-Kommission wünscht sich deshalb von George Bushs Nachfolger ein Bekenntnis zum freien Handel und gegen Protektionismus. Eine Politik, die eher auf der Linie des Republikaners John McCain liegt.

Europäisches Engagement im Irak?

Die Abkehr vom Unilateralismus, die Wallström bei einer Podiumsdiskussion mit der ehemaligen US-Außenministerin Madeleine Albright in Washington fordert, haben beide Präsidentschaftskandidaten bereits angekündigt. Das bedeutet aber auch, dass sowohl John McCain als auch Barack Obama die Europäer verstärkt in die Pflicht nehmen werden. "Der nächste Präsident wird von den Europäern mehr Unterstützung im Irak fordern, außerdem in Bezug auf den Konflikt in Georgien und im Umgang mit Russland", sagt die Demokratin Albright.

Madeleine Albright, Quelle: AP
Madeleine AlbrightBild: AP

Die Europäer, so Albright, könnten sich nicht länger darauf verlassen, dass die Amerikaner die Hauptbürde zum Beispiel beim Wiederaufbau im Irak übernähmen. Entscheidend sei, dass jetzt auch die Interessen der Europäer berührt werden und diese deswegen handeln müssen. Vor allem Barack Obama würde als Präsident Afghanistan in das Zentrum des Kampfes gegen den internationalen Terrorismus stellen - und mehr Engagement der Europäer fordern. Militärisch, so Albright, sei dann die NATO gefordert, aber für den Wiederaufbau und zum Beispiel die Schulbildung seien die EU-Staaten gefragt.

"Große finanzielle Unterstützung"

Wallström weist darauf hin, dass die Europäer sich auf einen längerfristigen Einsatz in Afghanistan eingestellt haben. "Wir haben bereits große finanzielle Unterstützung geleistet. Das kann sicher Gegenstand von Diskussionen zwischen den USA und der EU sein", sagt sie. "Aber wir sind dem Einsatz in Afghanistan verpflichtet und der Großteil der NATO-Truppen dort besteht aus europäischen Soldaten. Wir wissen, dass wir uns auf dieses Gebiet konzentrieren müssen."

Barack Obama und John McCain, Quelle: AP
Barack Obama und John McCainBild: AP

Wallström erklärt, dass Europäer und Amerikaner trotz des Disputs über den Irakkrieg im Kampf gegen den internationalen Terrorismus schon jetzt eng zusammen arbeiten. Dabei würden die Europäer den Begriff "Krieg gegen den Terror" allerdings vermeiden und in Fragen des Datenschutzes wie zum Beispiel bei der Weitergabe von Flugpassagierdaten werde es weiter Diskussionen geben. Sie fordert vom nächsten US-Präsidenten, die Wurzeln des Übels zu bekämpfen – die Armut. "Wir müssen die Millenniumziele erreichen und Armut, Hunger und soziale Ungerechtigkeit bekämpfen und Demokratie verbreiten", fordert sie. "Denn in demokratischen Staaten gibt es keinen Hunger."

Guter Bulle, böser Bulle

Im Atomstreit mit dem Iran hat die ehemalige Außenministerin Albright ganz konkrete Vorstellungen für eine gemeinsame Politik nach George W. Bush: "Die Amerikaner müssen Anreize bieten und die Europäer müssen Druck ausüben, damit wir die Rolle vom 'guten und bösen Cop' umdrehen. Aber wir sollten das auf jeden Fall gemeinsam tun." Diese Vorstellung entspricht eher der Politik von Barack Obama. Er hat bereits Gesprächsbereitschaft mit dem Iran angekündigt.

US-Soldaten im Irak, Quelle: AP
US-Soldaten im IrakBild: AP

Und wie sieht die Bevölkerung das zukünftige europäisch-amerikanische Verhältnis? Die Amerikaner, so Albright, würden den Europäern freundschaftlich begegnen, aber es gebe durchaus Reibungspunkte. Da sei zum einen die unterschiedliche Handelspolitik, aber auch die Frage der Unterstützung. "Es gibt oft das Gefühl unter Amerikanern, dass die Europäer mehr tun müssen, zum Beispiel im Irak, in Afghanistan, bei Friedensmissionen, und bei der grundsätzlichen Zusammenarbeit in den Vereinten Nationen", sagt sie. Wallström betont die Gemeinsamkeiten: "Wir haben das gleiche Ziel, eine friedliche, wohlhabende Welt. Wir wollen Demokratie und Menschenrechte stärken. Wir verstehen uns als Alliierte, auch wenn wir in letzter Zeit Auseinandersetzungen und unterschiedliche Ansichten hatten."